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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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im Schlaf und fragte sich, ob Königin Anne schon wußte, daß sie verloren war.
    Nach diesem Tag gab es im Schloß nur wenig Arbeit für sie. Man könne ihr keine komplizierten Muster zum Sticken anvertrauen — es fehle ihr an Konzentration, beklagte sich Catherine. Alys hatte ihr Gespür für Kräuter verloren, und Catherine erschauderte bei der Berührung ihrer kalten Finger. Tag für Tag hatte Alys weniger zu tun. Ihr blieb nur eines: auf Hugo warten und ihn beobachten — und dann sehen, wie er achtlos an ihr vorbeiging.
    Sie wurde dünner, und sie begann, immer mehr Wein beim Abendessen zu trinken, während ihr das Essen im Hals steckenblieb. Es war das einzige, was ihr half, und wenn sie schlief, träumte sie lange, wunderbare Träume, in denen Hugo an ihrer Seite war und sein Sohn in ihren Armen lag und sie ein gelbes, mit roter Seide unterfüttertes Kleid mit schneeweißem Pelzbesatz trug.
    Der Schnee wurde zu Eisregen und dann zu Regen, der Boden wurde weicher. Ende April ritt der junge Lord jeden Morgen bei Tagesanbruch aus und kam erst in der Abenddämmerung zurück. Sie hatten mit den Fundamenten des neuen Hauses begonnen, und am Tag, an dem sie mit dem Umriß fertig waren, kam er früh nach Hause, schon mittags. Er platzte schlammbesudelt in Catherines Galerie.
    »Ihr müßt kommen und es Euch ansehen!« sagte Hugo. »Ihr müßt, Catherine. Ihr sollt die Zimmer sehen, die ich für Euch und unseren Sohn geplant habe. Sie kann doch mitkommen, nicht wahr, Morach? Sie kann den grauen Zelter doch reiten?«
    Sein Blick flackerte vorbei an Alys zu der älteren Frau. Alys hielt den Kopf über ihre Arbeit gesenkt, aber sie spürte seine Nähe, wie eine Forelle den Schatten eines Fischers fühlen kann.
    »Wenn es ein sehr ruhiges Pferd ist«, erwiderte Morach. »Reiten wird keinem von beiden schaden, aber ein Sturz könnte tödlich sein.«
    »Und all deine Hofdamen«, sagte Hugo großzügig. »Alle! Ihr müßt euch doch danach sehnen, ins Freie zu kommen — sitzt hier rum wie fette Habichte in der Mauser! Möchtest du nicht wieder die Luft des Moores einatmen, Alys? Den Wind im Gesicht spüren?«
    Catherine lächelte Alys an. »Sie will deinen Vater nicht allein lassen«, sagte sie. »Dauernd ist sie bei ihm oder hat irgend etwas für ihn zu erledigen. Sie kann bleiben. Und Margery und Mistress Allingham auch. Ich werde mit Eliza, Ruth und Morach kommen.«
    »Wie Ihr wollt«, sagte Hugo bereitwillig. »Wir reiten morgen hin. Heute werde ich mit Euch nach dem Essen Spazierengehen.«
    Er bemerkte Alys' gesenkten Kopf. »Ihr gönnt uns doch diese kleine Freude, Alys?« Er wollte wie ein kleines, boshaftes Kind ihr Gesicht sehen, einen Blick aus ihren Augen erhaschen.
    Sie schaute nicht auf zu ihm. »Natürlich, Mylord«, sagte sie. Ihre Stimme war dünn, aber gefaßt. »Ich hoffe, Ihr und Mylady habt einen angenehmen Tag.«
    »Ihr müßt durstig sein, Mylord«, unterbrach Catherine. »Alys, laß Wein für Mylord bringen, ehe du uns verläßt. Du mußt doch zu Lord Hugh, nicht wahr?«
    Alys erhob sich.
    »Ist mein Vater krank?« fragte Hugo.
    »Oh, nein«, beschwichtigte ihn Catherine. »Alys kümmert sich jetzt nicht mehr um seine Gesundheit. Sie hat ihre Kräfte verloren. Ist das nicht merkwürdig? Morach pflegt ihn jetzt. Aber er genießt es, wenn Alys ihm vorliest. Nicht wahr, Alys?«
    Alys warf Hugo aus dem Augenwinkel einen Blick zu. »Ja«, sagte sie. »Kann ich jetzt gehen?«
    Hugo lächelte, sah sie nachdenklich an und entließ sie dann mit einem kurzen Kopfnicken. Alys ging, den Blick zu Boden gesenkt, mit blassem Gesicht durch die massive Tür und schloß sie leise hinter sich.
    »Nicht mehr lange«, sagte Morach und beobachtete, wie Hugos Augen ihr zur Tür folgten. »Nicht mehr lange«, sagte sie mit boshafter Genugtuung.
    »Warum?« fragte Catherine ungeduldig.
    Morachs Grinsen war nicht zu unterdrücken. »Ich habe gesagt: nicht mehr lange. Ich habe dabei an ein bestimmtes Spiel gedacht.«

16
    Nach dem Essen behielt der alte Lord Alys bei sich. Er hatte per Boten einen Brief von seinem Cousin in London erhalten. Der Mann war durch die Schneeverwehungen auf der Great Northern Road nur langsam vorangekommen. Die Nachricht, die er brachte, war eine Woche alt. Aber Klatsch und Gerüchte sind langlebig. Lady Jane Seymour hatte jetzt eigene Gemächer im Palast von Greenwich — genauso prächtig wie die der Königin. Rochford, der Bruder der Königin, sollte den Hosenbandorden nicht bekommen. Die Ehre

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