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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Alys hockte sich auf den Rand eines gemauerten Minzebeetes und ließ die Sonne auf ihr unbedecktes Haupt scheinen. Die violetten Blumen verschwendeten ihren Duft in die reglose Luft. Im Obstgarten hinter dem Blumengarten trällerten die Vögel.
    Alys zog den Brief aus ihrem Ärmel und breitete ihn zum Lesen auf den Knien aus.
    Liebe Tochter in Christi, hatte Hildebrande begonnen und Alys schon mit den drei ersten Worten zur Verbrecherin abgestempelt. Alys sah sich um. Es war keiner in der Nähe. Sie riß den obersten Teil des Briefes weg, noch bevor sie den Rest durchlas, zerknüllte ihn zwischen den Fingern, grub ihre scharfen Nägel in das Papier und steckte die Fetzen dann in ihren Beutel.
    Ich werde mit dir nicht über die Gründe deines Säumens debattieren. Es gibt keine Gründe zu zögern, wenn für uns keine Zweifel über den Willen des Herrn bestehen. Sag Catherine, sie soll frohen Mutes sein und auf Unsere Liebe Frau vertrauen, der ihr Schmerz wohl bekannt ist. Du kannst sie später besuchen und dich um sie kümmern. Ich erwarte dich heute abend.
    Hier war eine Lücke, dann wurde die Schrift etwas runder, als würde die Mutter zur Tochter sprechen, nicht die Äbtissin zu einer ungehorsamen Nonne.
    Bitte komme sofort, Ann. Ich habe keine Angst um mich, obwohl ich müde bin und kein Feuer machen oder Wasser holen kann. Ich habe Angst um dich. Was machst du nur in diesem Schloß, das deinem Gehorsam im Wege steht?
    »Ich hab gewußt, daß sie kein Feuer machen kann«, sagte Alys irritiert. Sie glättete den Brief auf ihrem Schoß. In diesem sonnigen Garten schien Mutter Hildebrande so fern, da draußen auf dem Moor, schmerzgebeugt von Gicht, sich mit dem Feuer abmühend, zu gebrechlich und alt, um einen Eimer Wasser über die steile Flußböschung zur Hütte zu bringen.
    Alys zerknüllte das Papier und steckte es in ihren Beutel — sie würde es später verbrennen -, dann streckte sie ihre Beine aus. Das grüne Kleid fiel in eleganten Falten zu Boden. Alys drehte ihr Gesicht der Sonne zu und schloß die Augen.
    »Ihr werdet braun werden, Mistress Alys, braun wie ein Bauer«, sagte eine leise Stimme.
    Alys schlug die Augen auf. David stand vor ihr, an seiner Seite eine junge Frau von etwa sechzehn. Sie war blond, goldblond, heller als Alys, die Augen strahlender blau. Ihr Körper war wohlgeformt, Alys bemerkte, wie sich das Mieder um die jungen Brüste spannte.
    »Das ist Mary«, sagte David und zeigte auf das Mädchen. »Sie soll Eure Zofe sein, wie Lord Hugh es befohlen hat.«
    Alys nickte und sah dem Mädchen direkt in die Augen. Das Mädchen erwiderte ihren Blick. Ihr entging nichts, kein Zentimeter von Alys' Gewand, ihr langes goldbraunes Haar, die grüne Kapuze.
    »Ist sie schon lange in Diensten?« fragte Alys kühl.
    »Ihr ganzes Leben«, erwiderte David prompt. »Sie hat im Haus eines Kaufmanns in Castleton gedient. Sie ist mir aufgefallen, weil sie flink und gescheit ist. Ich dachte, sie würde Euch gefallen. Ich wollte keine von den Küchenschlampen für Euch. Sie sind langsam wie Ochsen und genauso dumm.«
    Alys nickte wieder. »Du bist sehr hübsch«, sagte sie zu dem Mädchen. Es klang wie eine Beleidigung. »Wie alt bist du?«
    »Sechzehn, Mylady«, erwiderte sie.
    »Du nennst sie Mistress Alys«, korrigierte David sie wütend. »Mistress Alys ist nicht die Herrin dieses Schlosses. Sie ist lediglich Lady Catherines Dame.«
    Der Blick, den Alys David zuwarf, hätte Glas zerschnitten. »Nachdem sie meine Zofe ist, kann sie mich wohl nennen, wie sie will, solange es mir gefällt.«
    Der Zwerg hob resigniert seine Schultern. »Wie Ihr wünscht, Mistress Alys.«
    »Bist du verlobt oder verheiratet?« fragte Alys das Mädchen.
    »Nein, Mylady«, hauchte sie atemlos. »Ich bin noch Jungfrau.«
    Alys warf David einen mißtrauischen Blick zu. Er lächelte ganz unschuldig.
    »Du kannst in der Damengalerie warten, bis ich nach dir schicke«, beendete Alys abrupt das Gespräch. Das Mädchen machte einen Knicks und ging.
    David blieb. Er riß ein Stück Lavendel ab und roch genüßlich daran, um zu zeigen, wie selbstsicher er war.
    »Für ein Bauernmädchen ist sie sehr schön«, bemerkte Alys.
    »Ja, in der Tat«, erwiderte er.
    »Sie sieht dem Mädchen auf dem Feld sehr ähnlich, das bei der Heuernte Hugos Blumen genommen hat.«
    »Ihre Schwester, um ehrlich zu sein«, sagte David. Er schaute mit zusammengekniffenen Augen in den Himmel. »Sieht ihr wirklich sehr ähnlich, wenn ich's recht bedenke«, sagte

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