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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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seine weißen Augenbrauen. »Du kannst dir aus der Truhe aussuchen, was du willst«, sagte er. »Und sag David, er soll dir die andere Truhe zeigen. Solange du hier bist, kannst du dich daraus bedienen. Wenn du gehst, mußt du die Kleider hierlassen.«
    »Danke«, sagte Alys leise. »Ist es denn kein Vergehen, wenn ich Scharlachrot trage, Mylord? Ich dachte, nur die Frau eines Landbesitzers dürfte Rot tragen?«
    Lord Hugh kicherte. »Ich bin es, der hier die Gesetze bestimmt. Gesetz ist, was ich sage. Und Frauen spielen sowieso keine Rolle.«
    Das Schloß bereitete sich auf das Weihnachtsfest vor. Die ahnungslosen Truthähne und Gänse wurden mit zusätzlichem Futter gemästet. Der alte Lord bekam einen Husten, der ihn nachts nicht schlafen ließ und am Tag müde und reizbar machte. Alys machte sich im frostigen Morgengrauen auf, um frische Kräuter in dem kleinen Garten vor der Küche zu pflücken, und stieß dabei mit einem dickvermummten Mann zusammen, der gerade ins Haus kam.
    Er fing sie auf und packte ihren Arm. Kaum hatte er sie berührt, wußte sie, daß es Hugo war.
    »Ich hab dich erschreckt.« Sein Lächeln strahlte aus dem Schatten seiner Kapuze. Er zog sie in die warme Küche. Auf dem Boden vor dem Feuer und auf den Bänken schliefen Bedienstete. Hugo versetzte dreien oder vieren ein paar Fußtritte, und sie trollten sich verschlafen. Er holte zwei Schemel und setzte Alys direkt neben die schimmernde Glut.
    »Du bist halb erfroren«, sagte er. Er nahm ihre Hand. Ihre Fingernägel waren blau vor Kälte.
    »Ich habe Kräuter mit Rauhreif gepflückt«, sagte Alys. »Der Husten Eures Vaters hat sich ein wenig verschlimmert.«
    Hugo nahm ihre kalten Hände zwischen seine warmen Handflächen. Allmählich kam wieder Gefühl in ihre tauben Finger. Alys schnitt eine Grimasse, zog ihre Hände weg und schüttelte sie. Hugo lachte leise und beugte sich vor, um sie wieder zu greifen. »Ich war die ganze Nacht unterwegs«, sagte er. Seine Stimme war leise, keiner der Bediensteten hätte ihn hören können. »Willst du nicht wissen, was ich gemacht habe, Alys?«
    Alys schüttelte kurz den Kopf und entzog sich seinem bohrenden Blick, indem sie ins Feuer schaute.
    »Ich habe mich mit ein paar Freunden getroffen, die so denken wie ich«, sagte er. »Einer von ihnen ist der Sohn eines Grundbesitzers, ein reicher Mann, wenn auch nicht von Adel. Ein anderer ist der Sohn eines Kaufmanns. Wir sind alle jung, wir wollen alle unseren Anteil an der neuen Welt, die auf uns zukommt. Wir alle werden von unseren Vätern in Schach gehalten.«
    Alys schickte sich an aufzustehen. Hugo zog sie an ihrem Umhang zurück auf den Schemel. »Hör mich an«, sagte er leise. »Damit du siehst, wie sehr ich dir vertraue.«
    Alys wandte ihr Gesicht ab, aber Hugo ließ sie nicht los.
    »Einer meiner Freunde plant, seinen Vater abzuschieben. Er will ihn für verrückt erklären lassen und seine Ländereien und seinen Reichtum übernehmen. Seine Mutter will seinen Anspruch unterstützen, seine Frau auch. Keine feine Art, mit seinem Vater umzugehen, findest du nicht auch, Alys?«
    Alys sagte nichts. Hugo sah, wie rosig ihr Gesicht von der Wärme des Feuers war. Das Flackern ihrer dunkelblauen Augen verriet ihre Angst.
    »Ich würde das nicht tun, Alys, außer die Versuchung wäre unwiderstehlich. Aber mein Vater nimmt mir das Licht — siehst du das, Alys? Nur sein Befehl hindert mich daran, in London zu sein. Nur seine Pläne, Catherines geerbtes Land zu behalten, hindern mich daran, meine Frau loszuwerden. Nur sein Ehrgeiz, nicht aufzufallen, seine Bemühung um Frieden, hindern mich daran, bei Hof zu sein, mein Glück und meinen Reichtum für ungeheure Schätze zu riskieren. Siehst du denn, wie ungeduldig ich bin, Alys?«
    Alys kniff den Mund fest zusammen. Hugo hatte ihre beiden Hände gepackt, sonst hätte sie sich die Ohren zugehalten.
    »Ihr werdet Eure Chance bekommen, wenn Gott es will«, sagte sie, als er sie erwartungsvoll ansah.
    Er beugte sich vor, bis sein Gesicht dem ihren ganz nah war. »Und wenn ich keine Geduld habe?« fragte er. »Wenn ich keine Geduld habe und jemanden finde, der mich unterstützt? Wenn mein Vater krank wäre und ihn keiner heilen könnte? Wenn er sterben würde? Wenn ich dann meine Frau verstoßen und mir eine Frau suchen würde, der ich vertrauen könnte, die das Schloß in meiner Abwesenheit für mich halten könnte? Eine Frau, die lesen und schreiben kann. Eine Frau, die mir gehören würde, meinen Interessen

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