Die weise Frau
sie festgenommen werden. Festgenommen und auf die Probe gestellt und erwürgt soll sie werden.«
»Das ist doch Unsinn...«, begann der alte Lord. »Wind und die Bosheit der Weiber... Wenn Hugo kommt, wird er alles erklären.« Er sammelte sich. »Und Ihr werdet nichts sagen«, befahl er. »Ihr werdet den Mund halten. Ich erlaube Euch zu bleiben, aber wenn Ihr sprecht, werde ich Euch aus dem Zimmer werfen lassen. Ich kann das tun, Madam, vergeßt das nicht.«
»Ich werde schweigen«, versprach sie bereitwillig. »Aber stellt ihm eine Frage, bevor Ihr ihn entlaßt und bevor Ihr die Lügen glaubt, die er Euch auftischen wird.«
»Was?« grunzte er.
»Fragt ihn, wie Ihr sterben sollt«, sagte Catherine mit boshafter Stimme. »Die Hexe hat auch Euren Tod prophezeit, genau wie ihren Triumph über mich. Sie sagt, Ihr werdet nächstes Jahr sterben.«
Lord Hugh keuchte vor Schreck.
»Wer sollte es besser wissen«, sagte Catherine. »Sie gibt Euch Eure Medizin, sie bereitet die Kräuter für Euch. Sie ist an Eurer Seite, wenn Ihr krank seid. Wenn sie Euch nicht einfach verhext, könnte sie Euch vergiften. Und jetzt hat sie ihm Euren Tod versprochen.«
Lord Hugh schüttelte den Kopf. »Sie ist mein Vasall«, sagte er, mehr zu sich selbst. »Sie ist mein kleines Mädchen.«
»Was, wenn sie dazu verleitet wird?« sagte Lady Catherine hastig. »Welch einen Feind würde sie gegen Euch abgeben. Denkt daran, welche Stellung Ihr ihr gegeben habt, Mylord! Ihre Position ist der Davids vergleichbar, sie ist Eure Vertraute! Sie kennt all Eure Geheimnisse, sie pflegt Euch, wenn Ihr krank seid. Wenn man sie durch Ehrgeiz oder Wollust gegen Euch beein -
flußt ...« Die Tür öffnete sich, und Hugo trat ein. Bei seinem Anblick drehte Catherine sich abrupt um und floh hinter den Stuhl des alten Lords. Ihre Hand lag auf der hohen Lehne, der Blick war starr auf das Gesicht ihres Gatten gerichtet, so daß es aussah, als wären die beiden gegen ihn verschworen.
Der junge Lord erfaßte die Szene mit einem Blick und grinste höhnisch, als er das weiße Gesicht seiner Frau sah.
»Wir sehn uns also schon wieder, Catherine«, sagte er freundlich. Dann ging er schnell zu seinem Vater und fiel vor ihm auf die Knie. »Mein Gebieter«, sagte er. »Man sagt mir, Ihr habt nach mir geschickt. Ich hoffe, ich habe Euch nicht warten lassen?«
Der alte Lord streckte die Hand aus und legte sie kurz auf den dunklen Lockenkopf seines Sohnes. Catherines scharfem Blick entging nicht, daß sie leicht zitterte.
»Lady Catherine hat mir beunruhigende Nachricht gebracht«, sagte er leise. »Und sie hat Alys, meine Schreiberin, der Hexerei bezichtigt. Sie sagt, du bist verhext, Hugo.«
Hugo erhob sich und grinste Catherine fröhlich an. »Ich glaube, die Hexerei ist nur der Zauber eines jungen Mädchens«, sagte er. »Ihr hättet meinen Vater nicht mit einem Streit zwischen uns belästigen sollen, Catherine. Es könnte böse für Euch ausgehen, wenn ich mit jeder Beschwerde über Euch zu ihm laufen würde.«
Sie wollte etwas sagen, angesichts des warnenden Untertons in seiner Stimme, aber der alte Lord gebot ihr mit einer entschiedenen Geste Schweigen.
»Die Sache ist todernst«, fuhr er ohne Umschweife fort. »Catherine behauptet, Alys hätte versprochen, einen Sohn von dir zu empfangen, und prophezeit, daß ich sterben werde. Ist das wahr?«
Hugo zögerte. »Sie hat nicht gewußt, was sie sagt...«
»War sie in Trance?« Der alte Lord beugte sich mit ernster Miene vor.
»Nein«, Hugo zögerte. »Das Mädchen war betrunken und schlief schon fast. Der Wein hat aus ihr gesprochen.«
»Hexen können Wein benutzen, um das zweite Gesicht zu bekommen«, warnte der alte Lord. »Hat sie dich erkannt?«
Hugo zögerte, nur zu gut erinnerte er sich an Alys' zuversichtliches Kichern und die Herzlichkeit in ihrer Stimme, als sie sagte: »Keinen kenn ich besser«.
»Ich weiß es nicht«, sagte er. Sein Verstand versuchte fieberhaft, einen sicheren Ausweg für Alys zu finden. »Ich weiß es nicht, Sir. Ich hab nur ganz kurz mit ihr gesprochen.«
»Wann war das?« fragte der alte Lord. Catherine, die durch ihr Versprechen zu schweigen gebunden war, beugte sich gespannt vor.
»Gestern nach dem Festmahl«, sagte Hugo widerwillig. »Als ich sie in ihr Zimmer gebracht habe — auf Euren Befehl, Mylord, Ihr erinnert Euch. Sie war betrunken.«
Catherine nickte. Der alte Lord warf ihr einen kurzen Blick über die Schulter zu. »Stellt Euch ein wenig weiter weg,
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