Die Weiße Ordnung
Flasche mit Ordnung einzuhüllen, damit sie nicht zerbrach, dagegen schon.
Er konnte das Wasser nicht trinken, solange es nicht abgekühlt war, also ging er zurück zu seinem Braunen, der angebunden stand, und schnallte die Flasche fest.
Ein zartes orangefarbenes Glühen tönte den Himmel über den neuen Bergen im Osten, der Morgen war ruhig – nur die Insekten brummten und summten schon umher. Der leichte Wind wehte den Geruch von Tod durch die Luft und Cerryl war froh, dass sie bald weiterritten, doch er machte sich Sorgen. Wie lange würde es dauern, bis der Präfekt sich entschloss, noch mehr Männer zu opfern?
Cerryl wusste sehr wohl, dass doppelt so viele Galler den Kampf vielleicht gewonnen hätten, und er fragte sich, ob Jeslek sich dessen bewusst war.
Etwa hundert Ellen entfernt von Cerryl stand Jeslek neben Klybel, die zwei sprachen leise miteinander. Klybel nickte, zögernd jedoch, und ging weg. Er stieg auf sein Pferd und ritt an Cerryl vorbei zurück zum Lager der Lanzenreiter.
»Cerryl?«, rief der Obermagier.
Cerryl ging raschen Schrittes zu Jeslek.
Das Gesicht des Mannes war gezeichnet von der Anstrengung, kleine Linien hatten sich um seine Augen gebildet, Falten, die Cerryl bisher noch nicht wahrgenommen hatte. Seine sonnengoldenen Augen funkelten und der Glanz war in sein weißes Haar zurückgekehrt.
»Du hast gesehen, wie uns die Galler gestern empfangen haben?«
»Ja, Ser.«
Der Obermagier räusperte sich und starrte Cerryl fest an. »Cerryl, alle Magierschüler müssen sich einer Aufgabe stellen – einer Sache, die sie allein vollbringen müssen –, bevor sie in die Gilde aufgenommen werden. Die Aufgabe muss vorher erledigt werden, und zwar so, dass zu erkennen ist, dass der zukünftige Magier sich völlig der Gilde verschrieben hat.«
Cerryl überkam ein äußerst unangenehmes Gefühl. Er wusste, was ihm bevorstand, auch wenn er noch keine Ahnung hatte, welche Aufgabe Jeslek ihm auferlegen würde.
Der goldäugige Magier lächelte. »Viele haben deine Ergebenheit infrage gestellt. Ich habe nun eine Aufgabe für dich, nach deren Erledigung dir keiner mehr die Aufnahme in die Bruderschaft streitig machen kann.«
»Ja, Ser.«
»Du wirst den Präfekten von Gallos mithilfe von Chaos-Feuer beseitigen.«
Cerryl schluckte, einerseits wegen des wachsenden Chaos, das Jeslek umschwirrte, und andererseits wegen der bevorstehenden Aufgabe. Wartete Jeslek darauf, dass er sich weigerte?
»Ser?«
»Warum ich dich damit beauftrage? Ist es das, was du dich fragst?«
»Nein, Ser. Ihr besitzt die Macht, große Heere zu zerstören …« Cerryl wollte mehr wissen, denn er konnte es sich nicht erlauben, sich dem Befehl des Obermagiers zu widersetzen.
»Aha … und ich könnte das Land verwüsten, denkst du jetzt.«
»Ihr besitzt die Macht dazu. Nach dem gestrigen Tag gibt es keinen Zweifel mehr daran.«
»Damit hast du zweifellos Recht.« Jeslek strich sich übers Kinn. »Aber darin liegt das Problem. Wenn ich Gallos zerstöre – wer wird dann das Land bebauen, die Bäume fällen und die Straßenzölle eintreiben? Andererseits … wenn die Beseitigung des Präfekten durch einen niederen Magier erfolgt – wer wird dann noch leugnen wollen, dass es weise ist, sich den ›Wünschen‹ Fairhavens zu beugen?«
»Und wie soll es geschehen, Ser? Ich kann nicht einfach nach Fenard gehen und …«
»Du wirst zu Sverlik gehen, als sein Gehilfe; einige Lanzenreiter werden dich dorthin begleiten. Er als Gesandter kann natürlich nicht offen gegen Lyam vorgehen.« Jeslek zuckte mit den Schultern. »Wie du Lyam beseitigst, überlasse ich völlig deinem Ermessen; du musst nur danach unbemerkt aus Fenard verschwinden und so schnell wie möglich nach Fairhaven zurückkehren. Das sollte eine einfache Aufgabe sein für einen Schüler, der Magier werden will.« Jeslek grinste hinterhältig.
»Was soll ich mit den Soldaten machen, die entkommen sind, Ser? Sie werden behaupten, dass wir sie angegriffen hätten.«
»Dir ist doch bis jetzt immer etwas eingefallen. Ich bin sicher, du wirst auch diesmal einen Weg finden.« Jeslek zuckte die Schultern, das Chaos waberte immer stärker um ihn herum. »Hauptmann Klybel stellt gerade deine Eskorte zusammen. Er wird dir auch einen großzügigen Reiseproviant mitgeben. Es ist besser, wenn du dir unterwegs keine Nahrung besorgen musst. Ich möchte, dass du so bald wie möglich reitest.« Noch ein falsches Lächeln folgte. »Wir haben unsere Aufgabe hier erledigt und
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