Die Weiße Rose
Reichstag. Nur Reichspräsident Paul v. Hindenburg weigerte sich standhaft, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Er hielt den „böhmischen Gefreiten“ für unfähig, eine Regierung zu führen.
Im September 1932 war das „Kabinett der Barone“ am Ende. Ein Misstrauensvotum hatte die Regierung v. Papen gestürzt. Bei den Neuwahlen im November verlor die NSDAP an Stimmen, blieb jedoch stärkste Kraft. Demokratisch gesinnte Bürger hofften, dass der braune Spuk nun seinen Zenit überschritten hätte.
Hitler sah sich zum Handeln gedrängt. Entweder gelang es ihm, bald die Macht zu erobern, oder er würde wieder in die Bedeutungslosigkeit zurücksinken. Der NSDAP-Führer ließ seine Kontakte spielen. Industrielle und Großagrarier traten an Hindenburg mit der Forderung heran, Hitler zum Kanzler zu machen. Hindenburg entschied sich erneut dagegen. Statt seiner wurde Reichswehrminister Kurt v. Schleicher zum Reichskanzler ernannt.
Die von Brüning initiierte strikte Sparpolitik zeigte erste Erfolge. Im Dezember sank die Arbeitslosenzahl überraschend auf 5,8 Millionen. Mit dem Abkommen von Lausanne wurde das Reparationsregime beendet. Die Wirtschaft zeigte erste Anzeichen einer Erholung.
Hinter den Kulissen verhandelten v. Papen und der NSDAP-Führer über die Bildung eines Kabinetts Hitler. Zu diesen Geheimgesprächen kamen der konservative Medienmogul Hugenberg und enge Mitarbeiter Hindenburgs hinzu. Franz v. Papen überzeugte Paul v. Hindenburg, Reichskanzler v. Schleicher die Unterstützung zu entziehen. Am 28. Januar 1933 trat dieser zurück.
Zwei Tage später wurde Hitler zum Reichskanzler eines Präsidialkabinetts ernannt. Mit Hitler als Gallionsfigur, so glaubten die Kreise um v. Papen, würde man eine Politik durchführen können, die vorrangig die Interessen der Industrie und der ostelbischen Junker bediente. Mit einem überwiegend konservativen Kabinett hofften sie, den „Führer“ zähmen zu können. Von v. Papen stammt angeblich der Ausspruch: „Wir drücken den Hitler an die Wand, bis dass er quietscht!“
Auch die sozialdemokratische Opposition setzte darauf, dass Hitler sich nicht lange an der Macht würde halten können. Die Abgrenzung zur KPD war wichtiger. Als die KPD einen Generalstreik forderte, wurde dies von der SPD und von der Eisernen Front abgelehnt. Am Abend des 30. Januars 1933 marschierten siegestrunkene SA-Kolonnen mit Fackeln durch das Brandenburger Tor.
Die Probleme der Zeit ließen auch die Familie Scholl nicht unberührt. Das politische Erdbeben, das die Republik erschütterte, war bis in das idyllische Forchtenberg zu spüren. 1930 hatte man dort genug von Robert Scholl und von seinen „modernen“ Ideen. Er wurde als Bürgermeister abgewählt.
Mitten in der Weltwirtschaftskrise war es nicht leicht für Scholl, eine neue Betätigung zu finden. Sein untadeliger Ruf als Verwaltungsfachmann scheint ihm aber baldweitergeholfen zu haben. Noch im selben Jahr wurde ihm eine Stelle in Stuttgart angeboten. Er sollte die örtliche Handelskammer leiten. Zusammen mit seiner Familie blieb er zwei Jahre dort.
1932 zog die Familie schließlich nach Ulm. Robert Scholl konnte dort ein Büro für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung übernehmen. Das unstete Leben der Familie hatte ein Ende. In Ulm erlebten die fünf Kinder von Robert und Magdalena Scholl ihre Jugendjahre. Sie wuchsen auf im Schatten des Hakenkreuzes.
9 www.gerechte-der-pflege.net/wiki/index.php/Magdalena_Scholl .
10 http://weiße-rose-crailsheim.de/projekt-wg13-1/dvater.htm .
11 Inge Scholl: Die Weiße Rose. Erweiterte Neuausgabe. Frankfurt am Main, 2001 ( 1 1993). S. 12 Zit. als Scholl
12 Scholl, S. 13
13 Sibylle Bassler: Die Weiße Rose. Zeitzeugen erinnern sich. Reinbek bei Hamburg 2006, S. 18; zit. als Bassler.
14 Susanne Hirzel: Vom Ja zum Nein. Eine schwäbische Jugend. Tübingen 1998, S. 51; zit. als Hirzel.
15 Hirzel, S. 51.
16 Scholl, S. 13.
17 Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik 1918–1933. Stuttgart 2008, S. 777; zit. als Büttner.
18 Fest, Hitler a. a. O.
Zunehmende
Distanzierung
In der HJ kam Hans Scholl in Kontakt mit einem im Verborgenen agierenden Jungenzirkel, der Deutschen Jungenschaft vom 1.11. („d.j.1.11“). Diese Gruppierung bestand aus ehemaligen Mitgliedern der bündischen Jugend. Die bündische Jugend war eine Organisation, die sich auf die deutsche Jugendbewegung der
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