Die Weiße Rose
durch den Gestapobeamten Mahler hervor. Auch Robert Scholl berichtete 1951:
„Ich konnte meine Kinder noch im Gefängnis, eine Stunde vor ihrem Tode, besuchen und mit ihnen sprechen. Beideerklärten mir unabhängig voneinander, sie seien von der Münchener Gestapo gut, ja vornehm behandelt worden.“ 149
Trotzdem war der psychische Druck, der auf den Geschwistern lastete, enorm. Die Gestapo hatte – zu Unrecht – den Ruf einer allmächtigen und allwissenden Polizeibehörde. Sie waren davon überzeugt, dass Abstreiten und Leugnen letztlich zwecklos sei.
Sönke Zankel hat die Verhörprotokolle von Hans und Sophie Scholl akribisch ausgewertet. Danach ergibt sich folgendes Bild: Nach stundenlangen Verhören brach Hans Scholl in den frühen Morgenstunden des 19. Februar 1943 zusammen und gab Details preis. Er nannte den Aufbewahrungsort des Vervielfältigungsapparats im Atelier Eickemeyers und verriet, dass der bei ihm gefundene Zettel von Christoph Probst stammte. Er versuchte aber, Probst als von ihm verführt darzustellen, um den mehrfachen Familienvater zu schützen. Tapfer versuchte Scholl, sich als den alleinigen Kopf der Widerstandsgruppe darzustellen. Mutig wollte er alle Schuld auf sich nehmen.
Die Münchener Gestapo-Leitstelle informierte sofort die Kollegen in Innsbruck. Der überraschte und völlig ahnungslose Christoph Probst wurde noch in der Nacht festgenommen und nach München überstellt.
Erst in späteren Verhören belastete Scholl auch Schmorell und Graf. Sie seien aber nur Handlanger gewesen. Für die Texte der Flugblätter sei er allein verantwortlich, bis auf den einen Entwurf, den man in seiner Tasche gefunden habe.
Robert Mohr selbst verhörte Sophie Scholl 16 Stunden lang. Währenddessen war der erfahrene Gestapo-Mannlange Zeit davon überzeugt, dass die junge Frau unschuldig war. Zu glaubhaft hörten sich ihre Erklärungen an. Der leere Koffer, den die Geschwister bei sich trugen, sei für schmutzige Wäsche bestimmt gewesen. Die Papierstapel im Hauptgebäude der Universität seien bereits da gewesen, als sie das Gebäude betraten. Sie hätte nur einen bereits vorhandenen Papierstapel die Brüstung hinab in den Lichthof gestoßen.
Als Mohr sie jedoch mit dem ersten Geständnis ihres Bruders konfrontierte, knickte Sophie Scholl ein. Unabhängig von ihrem Bruder nannte sie die Namen von Schmorell und Graf. Sie versuchte aber, die Bedeutung der Männer für den Widerstandskreis herunterzuspielen. Die beiden Geschwister setzten alles daran, ihre Freunde zu schützen und sich allein schuldig zu bekennen.
Willi Graf war zu diesem Zeitpunkt nur wenig belastet. Für die Gestapo schien er lediglich eine Nebenrolle zu spielen. Graf gab sich als ahnungslosen Mitläufer aus und spielte den braven Volksgenossen, der zufällig in eine unangenehme Sache hineingeraten war. Erst als Schmorell in die Hände der Ermittler fiel, änderte sich das Bild. Schmorells Aussagen belasteten ihn schwer. Nun konnten die Beamten den Saarländer in die Zange nehmen. Bald schon stand Willi Graf mit dem Rücken zur Wand. Er musste seine Mitarbeit eingestehen. Die Verhörspezialisten der Gestapo haben ihn schließlich durch gezielten psychischen Druck dazu gebracht, die Namen seiner Hintermänner preiszugeben.
Hans Scholl war über seine Schwester gut über die Fahndungsfortschritte der Gestapo informiert. Sophie teilte sich ihre Zelle mit Else Gebel, einer politischen Gefangenen, die für die Ermittler Büroarbeiten erledigenmusste. Jeden Abend berichtete sie Sophie Scholl von ihren Beobachtungen bei der Arbeit.
Es war für den Gauleiter Giesler äußerst peinlich, dass sich ausgerechnet in der „Hauptstadt der Bewegung“ unter den verhassten Studenten eine Widerstandszelle gebildet hatte, die es wagte, mit frechen Flugblättern den „Führer“ zu beleidigen. Er bat deshalb den Volksgerichtshof um eine schnelle Aburteilung und harte Bestrafung der Übeltäter.
Die vier Studenten, für die als Soldaten das liberalere Militärstrafrecht galt, mussten dazu erst aus der Wehrmacht ausgestoßen werden. Nur Zivilisten konnte man vor dem Volksgerichtshof anklagen. Bereits am 19. Februar 1943 wurden die vier Sanitätsfeldwebel aus der Wehrmacht entlassen. Wehrmachtschef Keitel, hatte dem Antrag des Münchener Gauleiters sofort entsprochen.
Die Münchener Universität wollte da nicht zurückstehen. Wenige Tage später wurden Scholl, Schmorell und Graf exmatrikuliert, ebenso Sophie Scholl, Traute Lafrenz, Katharina
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