Die Weiterbildungsluege
sagen konnte, ob und wo
in zwei bis drei Jahren Vakanzen im Unternehmen seien und inwiefern jemand für die entsprechenden Stellen geeignet sei, |130| wurden alle so geschult, als gäbe es hierzu absolute Klarheit.« Geld verbrannt und Mitarbeiter frustriert, lautet das knappe
Resümee des Personalentwicklungsleiters. Denn nach ein bis zwei Jahren zerplatzten die Karriereträume wie Seifenblasen.
Die Referentin Personalentwicklung einer Kette von Bau- und Heimwerkermärkten kennt diese Situation ebenfalls. »Wenn sich
jemand zu einer nächsthöheren Ebene entwickeln will, haben wir interne Förderprogramme. Man investiert sehr viel in diese
Entwicklung. Es sind verschiedene Seminarwochen. Außerdem werden die Teilnehmer aufwändig getestet, ob sie geeignet sind.
Die Kosten pro Teilnehmer betragen etwa 4 000 Euro.« Selbstkritisch sagt die Referentin: »Wir entwickeln zwar, aber am Ende
sind die Zielpositionen gar nicht frei. Dann kommt es zu Wartezeiten und am Ende ist das Ganze nicht mehr aktuell. Die Motivation
der Mitarbeiter verpufft.«
Von ähnlichen Erfahrungen berichtet die Referentin der Personalentwicklung einer Bank, die mit 600 Mitarbeitern mittelständischen
Unternehmenscharakter hat. Auch hier werde geschult, obwohl die Stellen nachweislich gar nicht da sind. »Der Frust ist programmiert,
weil natürlich jeder, der in eine Entwicklungsmaßnahme geht, erwartet, dass es die Karriereleiter möglichst bald nach oben
geht.« Aus der Not heraus würden manchmal auch neue Führungspositionen im Unternehmen aus der Taufe gehoben, um die guten
Leute zu halten. Eine Gruppenleiterstelle könne man immer mal brauchen. Die Personalentwicklerin hat schon verschiedene berufliche
Stationen hinter sich. Sie war zuvor in einer Bank mit 16 000 Mitarbeitern. In größeren Unternehmen sind aus ihrer Sicht bessere
Chancen für das Weiterkommen gegeben. Aber gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sei jedes Nachwuchsförderprogramm
ein anderes Wort für Geldverschwendung. Und zusätzlich erhebt sich dann noch die Frage: »Muss es das Seminar für 5 000 Euro
in der Schweiz sein oder reicht nicht auch das Drei-Tage-Seminar in Norddeutschland?«
Der Missbrauch von Nachwuchsförderprogrammen treibt merkwürdige |131| Blüten, weiß auch eine andere Personalentwicklerin zu berichten. »Das geht sogar so weit, dass man Mitarbeiter in ein Development-Center
oder Management Audit schickt, obwohl von vornherein klar ist, dass die Stärken-Schwächen-Analyse einen negativen Befund bringt.
Dem Mann oder der Frau wird aber mitgeteilt, dass er oder sie in Zukunft zu Höherem berufen ist.«
Nun könnte man auch die Sicht vertreten, dass dieses Prinzip ja zumindest eine Zeit lang gut funktioniert und das Unternehmen
davon profitiert. Doch das ist zu kurz gedacht. Die Leistungsträger nutzen nämlich die Schwächen des Systems konsequent aus.
Sie fordern. Sie sind sich ihrer Bedeutung bewusst. Sie nehmen an Schulungen mit, was geht. Sie tanken ordentlich den eigenen
Marktwert auf und sagen dann bei passender Gelegenheit »Tschüss«.
Die bereits erwähnte Personalentwicklerin der Bau- und Heimwerkermarktkette erlebt immer wieder, dass Kollegen sehr teure
Personalentwicklungsmaßnahmen bezahlt bekommen. »Das sind zum Beispiel MBA-Programme, die rund 20 000 Euro kosten.« Der Sinn
ist allerdings fraglich. Bei den Anbietern des Studiums Master of Business Administration (MBA) ist nachzulesen, dass der
zweijährige Fernstudiengang eine fundierte und praxisbezogene Vorbereitung für eine gehobene Führungsposition im nationalen
und internationalen Management bringt. Die Personalentwicklerin fragt zu Recht, ob man solch ein Studium als Marktleiter eines
Bau- und Heimwerkermarktes braucht. Ihr nachvollziehbarer Verdacht ist, dass Mitarbeiter diese und ähnliche Maßnahmen als
Sprungbrett für ihre Karriereambitionen nutzen. Denn für die Position als Marktleiter wäre ein normaler Realschulabschluss
mit sehr viel Berufserfahrung wesentlich mehr wert als jemand, der sich mit wissenschaftlichen Arbeiten befasst. »Hier werden
eindeutig Gelder verprasst«, sagt die Personalentwicklerin. Doch die Entscheidung über die Teilnahme an solch einer Maßnahme
liegt beim direkten Vorgesetzten. Die Strafe folgt dann meistens auf dem Fuß. Der Mitarbeiter quittiert seinen Dienst und
steigt in einem anderen Unternehmen ein.
|132| Doch Vorgesetzte hoffen anscheinend immer wieder, dass
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