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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hatte. Das Leuchten war nur noch ein jämmerlicher Nachglanz. Es würde jeden Augenblick vollständig verblassen.
    Munk zuckte zusammen. »Da war es wieder!« Er zeigte auf die Schwärze, die näher rückte.
    Es gab keinen Zweifel, dass das Wesen dort draußen sich auf sie stürzen würde, sobald das magische Licht erlosch.
    Jolly aber hatte nur Augen für die sterbende Perle.
    »Sie wird hochgehen wie tausend Fässer Schwarzpulver. Oder . sonst was Verrücktes tun!«
    Munk senkte niedergeschlagen die Augen. »Wenn sie auch nur halb so stark ist, wie ich glaube, dann wird sie alles im Umkreis von vielen Meilen in Stücke reißen.«
    »Auch uns?« Sie kannte die Antwort. Aber der Gedanke an ihren eigenen Tod tat mit einem Mal kaum noch weh. Ihr war, als hätte von Anfang an festgestanden, dass sie niemals lebend von hier unten zurückkehren würde. Als sie nach der Wahrheit in ihrem Herzen suchte, erkannte sie, dass sie es die ganze Zeit über gewusst hatte. Zumindest geahnt.
    Eine seltsame Ruhe überkam sie. Fast ein Gefühl von . ja, Zufriedenheit.
    Sie nickte ihm zu, und er erhob seine Hand mit Ainas Muschel, warf einen letzten Blick darauf - und schlug mit der anderen Faust so fest darauf, dass das Gehäuse in eine Wolke winziger Splitter zerbarst. Ein Laut ertönte, wie ein Schrei, den ein Sturmwind aus weiter Ferne herantrug.
    Jolly streckte den Arm aus und nahm Munk bei der Hand.
    Im selben Augenblick war es, als würde sein Gesicht rückwärts in die Finsternis gesaugt. Aber er entfernte sich gar nicht - stattdessen kam die Dunkelheit auf einen Schlag näher und schloss sich um sie wie eine Flut schwarzer Tinte.
    Die Perle verblasste.
    »Jolly?«, hörte sie ihn rufen. Dann wurde sie von einer kraftvollen Strömung gepackt. Ihre Hände wurden auseinander gerissen.
    Etwas Großes raste auf sie zu.
    Und die Magie der Perle, zuletzt kaum noch sichtbar, explodierte.
    Innerhalb eines Herzschlags verwandelte sich die absolute Schwärze ins Gegenteil. Der frei gewordene Zauber flammte auf wie ein Funke, der das Ende einer Lunte erreicht.
    Stille.
    Und dann - Der Rochen trug Griffin über die Ausläufer des Mahlstroms wie über ein Gebirge aus Wasser. Aus der großen Höhe hatten die aufgewühlten Wassermassen in der Tat Ähnlichkeit mit einer Landschaft, die ständiger Veränderung unterworfen war. In breiten Bahnen bewegten sich die Fluten, schlugen über- und ineinander, vermischten sich in unzähligen kleineren Strudeln, die immer noch groß genug waren, eine ganze Flotte zu verschlingen. Schaumige Hügelkämme wölbten sich empor und flossen wieder auseinander. Gigantische Hände aus Salzwasser und Gischt krallten sich aus dem Meer empor und schienen den Rochen und seinen Reiter vom Himmel reißen zu wollen.
    Griffin schwebte gut zweihundert Mannslängen über dem Ozean. Noch nie war er auf einem Rochen so weit aufgestiegen. Seit er Aelenium verlassen hatte, hatte er sich nicht nur vorwärts, sondern zugleich auch aufwärts bewegt, damit er die nötige Höhe erreichte, um zumindest einen Teil dieser strudelnden, tobenden Bestie überschauen zu können.
    Doch er hatte sich geirrt, als er geglaubt hatte, die absolute Größe des Mahlstroms von hier oben auch nur im Ansatz erfassen zu können. Die vorüberschießenden Wassermassen füllten bereits sein gesamtes Blickfeld aus, und noch immer konnte er das eigentliche Zentrum des Strudels nicht sehen, das Auge des Ungeheuers.
    Nach einer Weile aber bemerkte er, dass die Welt sich in der Ferne nach unten zu wölben schien, so als wäre die Erdkugel mit einem Mal viel kleiner geworden und ihre Krümmung sichtbar. Dort also ging es hinab in den Abgrund, geradewegs ins Herz dieser unfassbaren, monumentalen Monstrosität.
    Er hatte längst aufgehört, den Lärm tatsächlich als Lärm wahrzunehmen. Seine Ohren kapitulierten angesichts der Aufgabe, Einzelheiten oder auch nur Schwankungen aus diesem Chaos herauszufiltern. Alles war eins geworden, ein durchgehendes Rauschen und Dröhnen, das seinen Kopf erfüllte und fast zum Bersten brachte.
    Der Rochen hatte Angst vor dem, was sich da unter ihm erstreckte. Gelegentlich bockte und zuckte er so heftig, dass Griffin schon fürchtete, er könne trotz angelegter Haltegurte aus dem Sattel rutschen. Auf Tortuga hatte er einmal einen einbeinigen Priester von der Apokalypse predigen hören, vom Weltuntergang und dem höllischen Tier, das sich am Jüngsten Tag aus dem Meer erheben würde. Wie falsch war doch dieses Bild vom Ende aller

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