Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
Kugel geronnen. Diesmal aber schien es, als lockten die anderen eine Perle aus dem Inneren der großen Muschel, die dort die ganze Zeit über gewartet hatte. Das Endergebnis mochte ähnlich aussehen wie sonst - eine glühende Perle, die im Herzen des Muschelzirkels schwebte -, und doch war alles anders. Jolly konnte es spüren, und es gefiel ihr nicht.
Etwas geschah rundherum mit dem Wasser. Es sah aus, als würde es gefrieren: zu langen, fingerdicken Bahnen, die sich wie Schlangen über den Meeresgrund wellten.
Die magischen Adern!, durchfuhr es Jolly. Die Perle zapfte die Kraft der Wasserweber an! Das musste ihre Macht vervielfachen.
Wie ein Stern wiesen die sichtbar gewordenen Wasseradern vom Standort der drei Quappen in alle Richtungen. Mit einem Mal aber schienen sich ihre Enden irgendwo im Dunkeln aufzurichten, emporzuschwingen, bis sie einen Wall wie einen Blütenkelch um die Gefährten bildeten. Dann fuhr ein hartes, abruptes Pulsieren durch die Wand aus Wasserschlangen. Eine Druckwelle schien Jolly scheinbar von allen Seiten zugleich zu treffen. Die Wasserstrahlen bündelten sich über ihren Köpfen zu etwas, das aussah wie ein baumbreiter Zopf aus halb durchsichtigen Strängen. Wie eine Peitsche geriet er in Schwingung und fegte dann in weitem Bogen in die Reihe der Klabauter, hundert, hundertfünfzig Schritt von den Quappen entfernt.
Es war, als hätte der Säbel eines Riesen die Kreaturen getroffen.
Ehe die Wesen auch nur ahnten, was da auf sie zuschnellte, krachte die Wasserpeitsche zwischen sie und zermalmte sie. Es ging so schnell, dass Jolly keine Einzelheiten wahrnahm - selbst der Tod der Klabauter wurde ihr erst Momente später bewusst, als der Horizont ihrer Quappensicht auf einen Schlag wieder leblos und leer war.
Die Gewalt der Muschelmagie hatte die Klabauter zerstäubt und ihre Partikel wie feine Asche in alle Richtungen verteilt. Nichts war übrig geblieben, selbst ihre Fußspuren waren verwischt, der Sand wieder eingeebnet.
Die Wasserstränge selbst hatten sich beim Aufprall -oder einen Herzschlag danach - wieder aufgelöst, nichts verriet mehr, dass sie je da gewesen waren. Auch die Perle war verschwunden. Munk hatte sie mit einer Handbewegung in die Muschel zurückgesperrt; das war notwendig, damit ihre Magie nicht außer Kontrolle geriet.
Jolly kämpfte gegen einen plötzlichen Würgereiz an, schluckte stockend und bekam sich mühsam wieder unter Kontrolle. Ihre Beine fühlten sich schwach an, aber sie blieb stehen und starrte stumm auf Munk, der noch immer reglos vor seinen Muscheln hockte und ihr den Rücken zuwandte; genauso wie Aina, deren Hand jetzt auf seiner Schulter ruhte, auch wenn er das vielleicht nicht spüren konnte.
Jolly holte tief Atem, dann überwand sie sich und trat in einem engen Bogen um das schweigende Paar.
»Weiter«, sagte sie heiser und setzte ihren Weg fort, ohne sich nach ihnen umzublicken.
Um nichts in der Welt hätte sie es jetzt über sich gebracht, einem von ihnen in die Augen zu schauen.
Feuerregen
Der Himmel über Aelenium brannte. Hatte sich der Nachthimmel vom Schein der Seeschlacht jenseits des Nebels bereits rot gefärbt, so tauchten nun auch die Verteidiger selbst die Welt in Glut.
Die Rochenreiter übergossen die Klabauter mit Flammen.
Sie hatten Stunden um Stunden die Stellung gehalten, aber alle hatten gewusst, dass es früher oder später dazu kommen würde, und den meisten waren die Konsequenzen schmerzlich bewusst. In der Enge einer Stadt wie Aelenium Feuer zu entfachen war ein zweischneidiges Schwert. Und schon jetzt drohte es in beide Richtungen auszuschlagen.
Griffin sah von oben, dass Teile des vorderen Walls, aber auch einige der angrenzenden Häuser in Flammen standen. Die Korallenstruktur selbst blieb weitgehend unangetastet, doch die hölzernen Anbauten und Dächer boten dem Feuer ausreichend Nahrung. Es griff bereits auf zahlreiche Wohnräume über.
Die Verteidiger hatten sich zurückgezogen und warteten jenseits der Flammen auf vereinzelte Klabauter, die von Blutlust oder Furcht getrieben durch die lodernde Glut sprangen. An einer Stelle im Süden trieb ein Häuptling seine Heerscharen trotz der Flammenwand weiter, und bald hatten die Klabauter einen Teil des Feuers mit ihren Körpern gelöscht. Schwarzer, fettiger Rauch stieg zwischen den Häusern auf, während die Nachrückenden die Kadaver ihrer verbrannten Gefährten in die Asche trampelten und über sie hinweg den Wall erstürmten.
»Siehst du das?«, rief
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