Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
mehr von Tyrones Leuten. Sobald sich der Rauch verzieht, werden sie hier durchkommen.« Er warf einen besorgten Blick auf Griffin, der in Buenaventures muskulösen Armen lag wie ein Kind. »Ich schätze, wir müssen uns erst mal ein Versteck suchen und abwarten, bis es günstiger ist, zu den anderen vorzustoßen. Bisher haben wir nur Glück gehabt.«
Er hat Recht, dachte Soledad. Dieses Scharmützel mit Tyrones Leuten wäre anders ausgegangen, hätte Buenaventure nicht den Schuppen zum Einsturz gebracht.
»Ich kann laufen«, keuchte Griffin wenig überzeugend.
»Sicher doch.« Buenaventure eilte los, ohne ihn am Boden abzusetzen. Er trug Griffin durch den Rauch bergauf, bis sich die Schwaden ein wenig lichteten und sie klarer erkennen konnten, wie die Lage war. Soledad und Walker blieben neben ihm stehen.
Die Treppengasse vor ihnen war leer. Aber von oben drang der Lärm der Schlacht an ihre Ohren. Die Kämpfe um den Verteidigungswall waren von neuem entbrannt. Doch diesmal kämpften Menschen gegen Menschen.
»Sieht aus, als befänden wir uns genau zwischen zwei Angriffswellen«, sagte Buenaventure. »Die übrigen Mannschaften von den Schiffen werden bald hinterherkommen. Wir müssen uns beeilen.«
Sie stürmten die Stufen hinauf, stiegen atemlos über Klabauterleichen und gefallene Verteidiger und erreichten wenig später das Dichterviertel.
Hinter ihnen wurde Geschrei und Getrampel laut.
»Die werden gleich hier sein!«, flüsterte Walker und hängte einen formidablen Fluch hintendran.
»Ziehen wir uns in eines der Häuser zurück.« Buenaventure wollte auf einen Eingang zulaufen und die Tür eintreten, doch Soledad hielt ihn zurück.
»Warte! Noch ein Stück weiter.«
Walker warf einen zweifelnden Blick über die Schulter. Der Rauch am Fuß der Treppengasse wirbelte in bizarren Strudeln, die Schwaden bewegten sich hektischer. Dahinter wimmelte es von menschlichen Umrissen. Jeden Moment würden die Ersten durch den Dunst brechen und die Flüchtenden entdecken.
»Nach links!« Soledad lief voraus. Den beiden Männern blieb nichts übrig, als ihr zu folgen. Griffin biss in Buenaventures Armen die Zähne zusammen. Trotz seiner Schmerzen und der wilden Schaukelei drohten ihm die Augenlider zuzufallen.
Soledad rannte eine enge Gasse hinab, gelangte an eine Kreuzung und wandte sich wieder bergauf. Auch hier würde es jeden Moment von Tyrones Leuten wimmeln.
»Soledad! Wir müssen jetzt irgendwo rein!« Walkers Ruf hätte sie beinahe umgestimmt, doch sie stürmte weiter, bog erneut ab und verharrte schließlich atemlos vor einer Haustür. Am Ende der Gasse sah sie Männer des Kannibalenkönigs, sie waren eben erst hier vorbeigekommen.
Walker kam schnaufend neben ihr vor einem schmalen Korallenhaus an. Die Fassade war nur wenige Schritt breit. Er erkannte das Gelände auf Anhieb.
Buenaventure holte hechelnd auf und hielt gar nicht erst an. »Sie sind jetzt direkt hinter uns!« Polternd trat er die Tür ein, bevor Soledad ihn darauf hinweisen konnte, dass sie gar nicht verschlossen war.
Die beiden folgten ihm, doch im Inneren hielt Walker Soledad am Arm zurück. »Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass du uns ausgerechnet hierher geführt hast?«
Sie warf die Tür hinter ihnen zu. Der Flügel prallte zurück, weil das zerbrochene Schloss nicht mehr griff. »Gleich - hilf mir erst mal!«
Gemeinsam zerrten sie eine hölzerne Truhe von innen gegen die Tür. Das würde ihre Gegner nicht lange aufhalten, falls sie die vier tatsächlich bemerkt hatten, ließ ansonsten aber von außen nicht mehr erkennen, dass gerade jemand in dieses Haus gelaufen war.
»Also?«, fragte Walker.
»Zum einen ist es höher als die anderen Gebäude«, sagte Soledad. »Vom Dachboden aus kann man bis zum oberen Wall sehen. Ich weiß das, ich war vor kurzem erst hier.«
»Du warst beim Wurm?« Walker hob eine Augenbraue, aber Soledad war nicht sicher, ob er damit Missbilligung oder einfach nur Unverständnis zum Ausdruck bringen wollte.
»Das ist schwer zu erklären.« Sie wich seinem Blick aus. »Ich hatte etwas gesehen, in der Unterstadt. Und mir kam da so ein Gedanke, dass es etwas ganz Ähnliches sein könnte wie -«
»Schnell!«, ertönte da Buenaventures brummige Stimme. »Kommt rauf!«
Sie hatten gar nicht bemerkt, dass er bereits die Treppe zur Giebelkammer hinaufgeeilt war.
Schon auf der Treppe, noch bevor sie einen Blick in die Dachbodenkammer werfen konnte, bemerkte Soledad, dass etwas nicht stimmte. Aber erst
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