Die Welt der Kelten
Provinzen gipfeln. Das Geschehen beginnt mit einem Streit am Königshof von
Connacht, den König Ailill und seine Gemahlin Medh miteinander austragen. Jeder will den anderen an Reichtum und Macht übertreffen,
weshalb die Königin danach trachtet, den herrlichsten Stier Irlands zu gewinnen: den Donn, den »Braunen«, von Cuailnge (Cooley)
an der Ostküste. |206| Fünfzig junge Kühe pflegt er jeden Tag zu bespringen, die schon am nächsten Morgen Kälber werfen. Fünfzig Knaben können auf
seinem Rücken spielen, und hundert Kriegern bietet er unter sich Schutz vor Kälte und Hitze. Jeden Mittag und Abend lässt
er sein melodisches Gebrüll ertönen, das man weithin vernimmt. Allerdings gehört dieses Wundertier zum Gebiet des Königs Conchobar
von Ulster, der nie und nimmer darauf verzichten wird.
Also ruft Medh ein großes Heer zusammen und geht auf Kriegszug gegen Ulster. Indessen liegt das angegriffene Reich schutzlos
vor den Feinden, weil sich seine Krieger in einem Schwächezustand befinden, der sie periodisch überkommt und auf einen Fluch
zurückzuführen ist. In dieser Situation schlägt die Stunde des Knaben CúChulainn, der als Einziger bei Kräften ist und sich
den Kriegerscharen aus Connacht entgegenstellt. Zuvor gibt er ihnen ein unübersehbares Zeichen dafür, dass sie nicht ungeschoren
in Ulster einmarschieren können. Der Knabe mit den ungewöhnlichen Kräften hat einen Baum geschlagen und ihn zu einer Gabel
mit vier Zinken zurechtgehauen. Dabei überraschen ihn zwei junge Connachter Krieger mit ihren Wagenlenkern, die ihren vermeintlich
ersten erbeuteten Kopf vor sich sehen. Aber CúChulainn vereitelt ihre Pläne und es ist an ihm, den vier Feinden die Köpfe
abzuschlagen. Anschließend spießt er jeden auf eine der vier Gabelzinken, die inmitten einer Furt von seiner Tat künden. Die
Pferde und Streitwagen der Erschlagenen lässt er mit deren blutigen Überresten zum Heer der Feinde zurückfahren.
Im Folgenden führt der einsame Kämpfer Ulsters einen verwegenen Streit gegen das große Feindesheer, in dem er sogar Königin
Medh bedroht. Immerhin macht er seine Drohung war, einen Stein in ihre Nähe zu schleudern: Mit zwei Würfen trifft er sowohl
den zahmen Vogel als auch das Frettchen, die auf ihrer Schulter sitzen. Obwohl der junge Held viele Krieger aus Connacht tötet,
kann er den Raub des prächtigen Stieres Donn nicht verhindern. Aber er kämpft weiter, kann jedoch seine Erschöpfung und Schwäche
kaum noch verbergen. Da erhält er die Hilfe des Sídvolkes: Ein junger Elfenkrieger kommt geradewegs durch das feindliche Heer
zu ihm – wie von Zauberhand ungesehen und unbehindert von den Connachtern. Er ist ein großer schöner Mann mit blond gelocktem
Haar, dessen grüner Mantel von einer Silbernadel geschmückt wird. Sein schwarzer Schild ist mit weißer Bronze beschlagen,
und in der Hand hält er einen Spieß. Der Krieger aus der Anderwelt lässt CúChulainn drei Tage und drei Nächte schlafen, währenddessen
er für ihn wacht und seine Wunden mit elfischen Heilkräutern und Zaubersprüchen heilt.
Danach setzt »der Hund des Culann« über Hunderte von Seiten der Heldenerzählung seinen Kampf fort, bis endlich König Conchobar
mit seinem Ulster-Heer erwacht. Die Entführung des Stieres können sie nicht |207| mehr verhindern, aber sie setzen den Feinden nach und schlagen sie in einer gewaltigen Schlacht, in der sogar die Kriegsdämonin
Morrígain in das Geschehen eingreift. Unterdessen kommt der umkämpfte Donn nach Connacht, wo er auf dessen Stier Findbennach,
»den weißen Gehörnten«, stößt. Zwischen den beiden Tieren kommt es zu einem mythisch anmutenden Kampf: Beide sehen einander,
scharren wütend mit den Hufen und werfen Erde über sich. Sie schleudern diese über die Schultern, ihre Augen glühen wie feurige
Kugeln. Dazu blähen sich ihre Backen und Nüstern wie Blasebälge. Krachend stoßen sie aufeinander und versuchen sich gegenseitig
zu durchbohren, niederzustoßen und zu vernichten. Die ganze Nacht kämpfen die Stiere erbittert, wobei sie durch Irland jagen
und in der Dunkelheit ihr Kampfgetöse vernehmen lassen. Letztendlich trägt der Donn den Sieg davon, indem er den Gegner mit
seinen Hörnern durchbohrt. Danach erliegt auch er dem furchtbaren Kampf und stirbt an gebrochenem Herzen – womit die Erzählung
des
Rinderraubes von Cuailnge
endet.
In der irischen und walisischen Dichtung des Mittelalters finden
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