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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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unwillkürlich. »Was sind Rhan? Eine Sekte?«
    »Nein! Ich sagte ja schon, dass ich nicht gut im Erklären bin, und zeig dir einfach, was wir so können.«
    Eine Schale mit Obst, die auf dem Tisch zur Rechten stand, schwebte auf seinen jungen Gast zu.
    »Möchtest du vielleicht einen Apfel oder eine Orange?«
    Erik leckte sich die trocknen Lippen. »Ich hätte lieber Wasser.«
    Die Obstschale entschwebte wieder zum Tisch. Eriks Augen folgten ihr gebannt. Geräusche zu seiner Linken ließen ihn den Blick wenden. Eine kleine Tür im Bücherschrank öffnete sich, ein Glas erschien und schwebte zu ihm. Mit unsicherer Hand griff er zu. Er sah, wie jetzt eine Flasche durch die Luft glitt, von Geisterhand geöffnet wurde und Wasser einschenkte, bevor sie wieder im Schrank verschwand.
    Er schluckte ein paar Mal, schaute vom Glas hoch und starrte seinen Gastgeber an. »Das war jetzt echt ...« Er verstummte.
    »Wenn du sagen wolltest, dass das echt beeindruckend war, kann ich dir nur zustimmen. Das war ein Luftzauber. Damit einen Wirbelsturm zu entfachen, ist tatsächlich leichter, als eine Flasche aufzuschrauben. Nur ein bisschen zu viel Druck und die Flasche zerspringt. Bei Zaubern ist das Schwierigste die Dosierung. Bin froh, dass es funktioniert hat. Hab ich vorher nämlich noch nie versucht.« Er strahlte wie ein kleiner Junge, dem der erste Bauklotzturm gelungen war.
    Erik trank erst einmal, bevor er mit fester Stimme erklärte: »Ich hab auf der Kirmes schon viele unglaubliche Sachen gesehen. In der neusten Geisterbahn schwebten auch lauter Sachen ... ferngesteuert. Ich war auch mal in der Show mit den weißen Tigern, die sich in Frauen verwandeln. Sah echt aus. Der technische Aufwand muss gewaltig gewesen sein. Leona sah in einer Weihnachtskugel aus dem Baumarkt die Zukunft fremder Leute. Alles Blödsinn! An Zauberei oder übernatürliche Dinge glaube ich nicht. Das ist was für Naive. Wie sollte Luft auch eine Flasche öffnen können?«
    »Mit Druck und Reibung!« Aeneas rieb sich das Kinn und sah Erik versonnen an. Schließlich nickte er. »Also gut! Gehen wir es anders an. Wir sind nicht auf einer Bühne oder Kirmesattraktion, sondern in meinem Arbeitszimmer. Du bist auch nicht der Sohn eines Ölmagnaten, der mir für eine Privatvorstellung ein Wahnsinnshonorar zahlt. Warum sollte ich mein Büro also mit komplizierter Technik ausrüsten, damit sich Wasser von allein einschenkt? Fällt dir ein Grund dafür ein?«
    »Nein, ehrlich gesagt nicht! Aber Magie ...?« Er verstummte, sah van Rhyn nahezu entschuldigend an und zuckte die Achseln.
    Er nahm noch dessen Blinzeln wahr, dann saß er im Wald: auf seinem Sessel inmitten von Eichen und Birken. Das Laub der Bäume raschelte im Wind, Vögel zwitscherten. Zwischen zwei Stämmen hindurch konnte er ein Reh beobachten, das an Gräsern zupfte, den Kopf hob und ihn ansah.
    »Hallo, Herr van Rhyn!« Er blickte um sich herum und fand sich unvermittelt im Büro wieder.
    »Bevor du fragst: Du warst nicht fort. Das war lediglich eine Illusion.«
    »Wahnsinn!« Erik schüttelte immer wieder den Kopf, als müsse er sich von Benommenheit befreien. Es dauerte eine Weile, bevor er weitersprach: »Das sah völlig echt aus. Und das machen Sie einfach so ... mit einem Fingerschnippen?«
    »Ein bisschen mehr ist schon dabei, aber vom Prinzip her hast du recht. Wir verfügen über magische Talente, die sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. So gibt es auch Rhan, die begrenzte seherische Gaben besitzen. Ich gehe davon aus, dass deine Schwester zu denen gehörte und ihre Fähigkeiten zum Geldverdienen durch wahrsagen nutzte. Die Kugel aus dem Baumarkt diente sicher nur der Atmosphäre.«
    Erik runzelte die Stirn und schwieg erneut eine Weile, bevor er fragte: »Könnte sie dafür gesorgt haben, dass ich mich nicht mehr an alles erinnere?«
    Aeneas nickte. »Da deine Erinnerungslücke nur einen bestimmten Zeitraum umfasst, ist das die wahrscheinlichste Lösung.«
    »So unwahrscheinlich sie klingt«, gab Erik halbherzig lächelnd zurück. Sein Verstand weigerte sich immer noch, an Magie zu glauben. Doch so verrückt es klang, ergaben jetzt einige Dinge Sinn. Er erinnerte sich an Leonas Stammkunden, die hingerissen erzählt hatten, dass das Vorhergesagte eingetreten war. Er musste an eine Radarkontrolle denken. Ein Polizist hatte sie wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten. Leona hatte ihn angelächelt, und der Polizist hatte sie ohne jedes weitere Wort weitergewinkt. Unzählige

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