Die Weltenwanderer
Richtungen ab. Er schien ungefähr in seinem Alter zu sein. Erik fiel ein, dass er seine Wut kaum an seinem nächtlichen Besucher auslassen konnte, sondern sich stattdessen bei ihm bedanken sollte für die Rettungsaktion.
Er erwiderte daher mit matter Stimme: »Ging mir tatsächlich schon mal besser. Ich bin Erik. Danke, dass du gekommen bist.«
Adrians Grinsen wurde noch breiter. »Na, wenn du auch nachts mit Möbeln schmeißt! Ich hab das Zimmer nebenan und bin geräuschempfindlich. Falls du hier länger wohnen solltest, merkst du dir das besser.«
Erik sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Das war also ein Willkommensgruß, ja? Nett, wirklich nett! Fühlt man sich sofort herzlich aufgenommen.« Er runzelte die Stirn. »Aber wie sollte das funktionieren? Ich klebte richtig fest. War das eine Illusion mit einer Luftnummer oder so etwas Ähnlichem mittendrin?«
»Keine Ahnung«, erwiderte sein Gast und zuckte die Achseln. »Mit dieser Art von Magie kenn ich mich nicht aus. Ich bin ein Custor.« Wie zur Erklärung deutete er auf sein Schwert.
»Ein was?«, fragte Erik.
Adrian blies die Backen auf und ließ die Luft wieder entweichen. »Du bist tatsächlich ein absoluter Neuling? Kein Wunder, dass da jemand der Versuchung, dir einen Streich zu spielen, nicht widerstehen konnte. Die meisten hier kannst du nicht mehr so schnell erschrecken. Wenn du nicht überall für Lacher sorgen willst, halte dich diesbezüglich lieber bedeckt.«
Da Eriks Miene grimmig blieb, räusperte er sich und beantwortete dessen Frage: »Ich gehöre zum Orden der Custores. Übersetzt so etwas wie »Wächter der Burg«. Gute Reflexe, übernatürlich entwickelte Sinne ... wozu bekanntlich auch das Gehör gehört. Daher meine Bitte an dich, Getöse nach Möglichkeit zu vermeiden.«
Er gähnte herzhaft, wühlte mit beiden Händen in den Haaren, erhob sich dabei und zwinkerte ihm aufmunternd zu. »Bevor der Wecker klingelt, würde ich gern noch ’ne Runde schlafen. Alles klar bei dir? Hast ja wieder ein bisschen Farbe im Gesicht. Lass dir morgen alles erklären! Ich verzieh mich jetzt. Schlaf gut und schöne Träume! Ach ja, ... besorg dir eine Fliegenklatsche, für den Fall, dass noch mehr wilde Bestien hier eindringen! Kannst ja nicht immer gleich mit Stühlen werfen.«
Erik schmiss ihm ein Kissen hinterher, traf jedoch nur noch die geschlossene Tür. Ermattet ließ er sich ins Bett fallen, fand jedoch wie zuvor nicht so schnell in den Schlaf. Spinnen, Magier und Leona wanderten durch seine Gedanken.
Dicke Flocken fielen vom Himmel, legten sich wie Puderzucker auf gefrorenen Boden. Der Mond verschwand hinter einer Wolke, und ein Mann sprintete durch den Park. Eis knackte unter seinen Füßen. Am Herrenhaus angekommen drückte er sich gegen die Hauswand. Weder ging ein Fenster auf noch irgendwo Licht an. Es hatte ihn niemand gehört. Das Fenster rechts neben ihm stand weit offen. Er lächelte, schwang sich über den Sims und schlich zum Bett.
Ein Griff unter den Umhang und er hielt dem Schlafenden einen Dolch an die Kehle.
Gleichzeitig piekste es an seinem Hals.
»Patt?« kam vom Bett.
»Patt!«, entgegnete der Eindringling. Er entfernte das Messer, hielt es weit von sich. Das Pieksen verschwand.
»Hast du wirklich gehofft, dein Trampeln bliebe unbemerkt?« Deckenlicht flammte auf.
Der Fremde lachte auf, steckte das Messer in den Gürtel und strich die Kapuze vom kurzen, blonden Haar. »Überheblich wie immer, Aeneas. Trotzdem schön, dich wiederzusehen.«
Der ließ sein Messer unterm Kopfkissen verschwinden, setzte sich auf und lehnte sich mit verschränkten Armen ans Kopfende des Bettes.
»Ich empfinde keinerlei Wiedersehensfreude. Du solltest mir schnell einen guten Grund für deinen nächtlichen Besuch nennen, sonst werde ich noch überheblicher und schmeiß dich umgehend wieder aus dem Fenster raus!«
»Vorher wirst du es extra schließen, damit ich mir richtig weh tu, nicht wahr?« Ungerührt nahm er seinen Umhang ab und schüttelte ihn. Schneeflocken tanzten durch den Raum, legten sich auch auf Bett und Gastgeber.
Der verzog grimmig das Gesicht, sagte jedoch nichts, beobachtete stattdessen den ungeladenen Besucher.
Der zupfte in aller Seelenruhe Handschuhe von den Fingern und trampelte auf der Stelle, um auch Hose und Schuhe vom Schnee zu befreien. Dann griff er sich einen Stuhl, fegte van Rhyns Kleidung vom Sitz, ließ sich darauf nieder und schlug die Beine übereinander.
»Soll ich dich tagsüber besuchen und
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