Die Weltenwanderer
hörte und sah, wie der Körper des Ringlords sich immer wieder krümmte. Diese Rache war ihm geglückt.
Noch schöner wäre es nur, wenn die Ehrwürdige Mutter Oberin, dieser zu kurz gewachsene Drache, ihren einzigen Enkel so sehen könnte, besiegt von dem Mann, den sie in aller Öffentlichkeit für unfähig erklärt hatte, Kriegsminister zu werden, den sie einen vom Ehrgeiz zerfressenen, bedeutungslosen Emporkömmling genannt hatte.
Ihr allein war es zuzuschreiben, dass der Oberste Rat seine Bewerbung abgewiesen hatte. Nie war ihm daran gelegen gewesen, sich von primitiven Rassen als König verehren zu lassen. Seine Fähigkeiten waren so gewaltig, dass er es unter seinesgleichen zu etwas bringen wollte. Auf Xerxas hatte die Verbindung seiner Schwester mit von Gandar seine bis dahin steil nach oben verlaufende Karriere abrupt beendet. Also hatte er sich nach Rhanmarú abgesetzt. Wut baute sich auf, als er daran dachte, wie viel Zeit und Geld ihn allein das Anlegen seiner »Rhanakte« gekostet hatte. Jahrelang hatte er hernach Rhan umschmeichelt, die er verabscheute, und Bestechungsgelder gezahlt, die er sich nicht leisten konnte. Jede noch so dreckige Arbeit hatte er für den Rhanlord erledigt und prompt dessen Unterstützung erhalten, als es galt, einen neuen Kriegsminister zu ernennen. Seine Mitbewerber waren im Gegensatz zu ihm Nichtskönner gewesen. Die Bewerbungsrede vor dem Obersten Rat hatte er sich vom besten Redenschreiber Randanas verfassen lassen. Sie war fantastisch geworden, hatte selbst ihn zu Tränen gerührt.
Es war sekundenlang völlig still gewesen, als er sie beendet hatte. Sekunden, in denen er in den Gesichtern der Ratsmitglieder Ergriffenheit lesen konnte, Sekunden, in denen er sich im Geiste als Minister sah.
Doch nicht der erwartete Applaus hatte die Stille abgelöst, sondern höhnisches Gelächter der Ehrwürdigen Mutter Oberin. Ihre Ausführungen über ihn und seine Pläne waren mit Demütigung noch sanft umschrieben. Wie sie dann seine Rede zerpflückte und den Rat mit ihrem Sarkasmus immer wieder zum Lachen brachte, war über jedes erträgliche Maß hinausgegangen. Die Hoffnung auf eine größere Karriere bei den Rhan fand ein jähes Ende. Mit den Gaben eines Ringlords ausgestattet, musste er sich mit dem minderen Ansehen eines Boten begnügen.
Nur einen Tag später war er dazu eingeteilt worden, den ungestörten Ablauf einer Feier zu gewährleisten, bei der die Hochlords ihren Eid ablegten. Es war ihm wie zusätzlicher Hohn erschienen, dass erstmals der Enkel der ehrwürdigen Hexe zu ihnen gehörte. Andererseits war er dankbar gewesen, dass diese langweilige Routine ihn ablenkte. Er hatte die Anweisungen gegeben, die zum problemlosen Verlauf der Veranstaltung üblich waren.
Dass plötzlich junge Männer und kreischende Frauen versuchen würden, den ersten Hochlord zu umarmen, der deutlich jünger war als vierzig, hatte er nicht ahnen können. Es war zu wahren Tumulten gekommen, die er nicht auflösen konnte. Zum einen waren zu wenig Boten anwesend, zum anderen durften Zauber gegen Landsleute selbstverständlich nicht eingesetzt werden.
Van Rhyn hatte sich notgedrungen allein den Weg durch die Menge bahnen müssen. Als er mit einiger Verspätung, zerzaust, mit Kussspuren im Gesicht, in zerrissener Kleidung und unter dem brüllenden Gelächter seiner wartenden Kollegen den Kristallpalast erreicht hatte, hatte er ihm im Vorbeigehen ironisch zu seinen Fähigkeiten als Ordnungskraft gratuliert. Ordnungskraft ... dieses Wort hatte mehr geschmerzt als alle Versagensvorwürfe, die folgten.
Er beugte sich hinunter und flüsterte dem sich windenden Ringlord ins Ohr: »Jetzt bin ich endlich am Zug, van Rhyn! Ich werde dein schönes Haus verbrennen. Dir kann es egal sein, ob du im Feuer stirbst, oder am Himmelskraut. Den Menschen aus Waldsee wird jedenfalls gleich sehr, sehr warm ums Herz werden.«
Er lachte laut auf. »Schließlich feiern sie Advent! Ach, ja, die reiselustigen Jung-Magier werde ich schon finden. Wohin du sie auch gebracht hast, sie müssen genau dort warten. Du siehst, an deiner Stelle kümmere ich mich jetzt um deine Schützlinge.«
Er seufzte mitleidig. »Weißt du, das Betrüblichste für dich ist, dass dein ach so ehrenvoller Opfergang sinnlos geworden ist. Ich war ja immer der Meinung, dass Ehre nur etwas für Schwachköpfe ist, und jetzt sieh, wohin sie dich gebracht hat! Du stirbst diesen qualvollen Tod tatsächlich für nichts. Auf Wiedersehen zu sagen, wäre
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