Die Weltenwanderer
Hektisch sah er um sich herum. Adrian, Holly und Anna lagen neben ihm und kamen auch gerade langsam wieder zu sich. Lennart hockte in einer Schar schmaler Fremder, die einen hohen, chinesisch klingenden Singsang von sich gaben.
Ihre hünenhaften Gastgeber wurden von den Rotgesichtern mit einfachen Holzspeeren in Schach gehalten.
Die Eindringlinge waren nicht größer als er und hager. Sie trugen kurze Fellkittel, unter denen ein breiter, knöcherner Schweif, der fast bis zum Boden reichte, hervorlugte. Es fehlte jegliche Behaarung, dafür war der rote, wie lackiert glänzende Körper übersäht mit schwarzen Kreisen. Sie hatten ovale Köpfe mit stark vorgewölbten Kiefern und schmalen Augen unter dicken Wülsten. Nasen oder Ohren konnte er keine erkennen. Die langen, weit auseinander stehenden Zehen mit kurzen gebogenen Krallen erinnerten an Vogelfüße.
»Heiliger Himmel«, stöhnte Adrian neben ihm und schüttelte den Kopf, um klarer zu werden.
»Das sind bestimmt Quinn«, hauchte Anna. »Was wollen die von Lennart?«
In der Gruppe um ihren Trainer herum standen auch zwei Pudell, die offensichtlich als Übersetzer dienten und mit Stöckchen eifrig in die Erde malten. Lennart schien ausgesprochen erregt zu sein und gestikulierte wild.
»Wo ist Gerrit?« Hollys Stimme war kaum zu hören.
Sie suchten mit ihren Blicken die Umgebung ab, konnten ihren fehlenden Begleiter aber nirgends entdecken.
Einige Quinn kamen auf sie zu. Die Gefangenen verkrampften sich unwillkürlich. Erik verschluckte sich vor Schreck, als sich einer von ihnen über ihn beugte und ihn aus blassgelben, pupillenlosen Augen anstarrte. Der hielt ihm eine knöcherne Hand direkt vor sein Gesicht. Aus der Kuppe der längsten Klaue schoss eine kleine Kralle hervor. Erik hielt entsetzt die Luft an. Neben sich hörte er Anna aufkeuchen. Der Quinn durchtrennte die Fesseln und entfernte sich wieder.
Mit klopfendem Herzen rappelte Erik sich auf und massierte seine leicht blutenden Handgelenke. Die Quinn blieben in einiger Entfernung mit gezückten Speeren stehen.
Die vier Jugendlichen rückten zusammen, bis sie fast aufeinander saßen.
»Was haben die mit uns vor?«, fragte Anna mit zitternder Stimme.
»Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich wissen will«, erwiderte Adrian heiser.
Lennart kam mit bleichem Gesicht auf sie zu, setzte sich und starrte schweigend auf seine Hände.
»Rede schon!«, forderte Holly aufgeregt. »Wo ist Gerrit? Was wollen die von uns?«
»Wir sollen ihnen etwas besorgen. Gelingt uns das, geben sie uns Gerrit wieder.«
»Waaas?«, keuchte Erik fassungslos.
Holly schniefte, Anna fragte mit bebender Stimme: »Die haben Gerrit als ... als ... als Geisel genommen?«
»Ich weiß nicht einmal, wo er ist.« Lennart nickte matt und rieb sich die Augen.
Adrian lachte freudlos auf. »Oh toll, ganz toll! Ausgerechnet der Kurze wollte diese verfluchten Hurensöhne unter gar keinen Umständen verletzen. Geben die ihn nicht in einem Stück zurück, mache ich die platt, selbst wenn ich dafür bis an mein Lebensende gegen sie kämpfen müsste.« Wütend schlug er immer wieder mit der Faust auf die Erde.
»Was sollen wir ihnen denn besorgen?«, fragte Erik leise.
»Ihren Schutzstein! Wenn ich das richtig verstanden habe, malen sie damit ihre schwarzen Kreise auf die Haut. Ohne diese Verzierung können sie nicht jagen. Jetzt ist er weg, und die Quinn, die noch nicht bemalt wurden, dürfen das Dorf nicht verlassen. Wir sollen ihn holen.«
Holly zog verwirrt die Schultern hoch. »Und woher?«
»Vermeer hat ihn. Sein Drache soll ihn gestohlen haben.«
»Warum holen sie sich ihn nicht selbst, wenn sie wissen, wo er ist?«, fragte Adrian.
Lennart räusperte sich heftig. »Haben schon viele versucht. Keiner ist jemals aus dem Berg des Magiers zurückgekommen. Weil die Quinn uns für Artgenossen des Magiers halten, sollen wir ihn besorgen. Tun wir es nicht, töten sie Gerrit.«
Minutenlang sprach niemand ein Wort.
Holly schniefte hörbar. »Der Arme. Er ist jetzt allein unter diesen ... diesen ...« Sie verstummte und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
Annas Augen waren aufgerissen. »Keiner ist zurückgekehrt? Hast du nicht gesagt, dass wir nichts mit Vermeer zu tun haben, dass er sogar unser Feind ist?«
»Doch, aber sie glaubten mir nicht, oder es war ihnen gleichgültig. Stein gegen Kamerad ... kein Stein, Kamerad tot ... das war alles, was sie ständig sagten.«
Erik starrte auf die Gänsehaut an seinen Armen. »Sollen
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