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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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und bemerkte: »Oh, sieh nur! Er bewegt die Lippen. Ich kann nichts hören. Hörst du was?«
    »Ja!«
    »Was sagt er? Sprich er über die Kinder?«
    »Nein! Er zitiert die Alten Regeln.«
    Er riss die Augen auf. »Was tut er? ... Wozu denn das?«
    Sie knurrte mürrisch, bevor sie antwortete: »Oh, Möbius, stell dich nicht dümmer als du bist. Ich sagte doch, dass ich Himmelskraut gerochen habe. Er war so selten dämlich und hat es getrunken. Je größer der magische Widerstand gegen das Gift ist, desto schrecklicher sind die Halluzinationen. Aeneas unterdrückt seine magischen Reflexe, indem er sich auf etwas Anderes konzentriert. Es war nicht einfach, ihm das beizubringen, weil er ein sturer Bock ist und nie einsehen wollte, wozu es gut sein sollte, vorhandene Fähigkeiten zu unterdrücken. Aber ich bin eben noch sturer als er, und er hat es notgedrungen gelernt. Jetzt hat es ihm vielleicht das Leben gerettet.«
    »Du meinst, er hat tage- und nächtelang die Regeln aufgesagt?«, fragte er ungläubig.
    »Vermutlich! Ich glaube, Gedichte kennt er nicht. Unsere Gesetze waren eine Strafarbeit nach seinem fünften oder sechsten Ausreißversuch.« Die Oberin war fertig mit ihrer Bestandsaufnahme.
    »Er muss hier raus. In diesem finsteren Loch kann ich nicht arbeiten. Trag ihn in dein Haus!«
    »Ganz durch den Park?«, fragte er mit einem entsetzten Blick auf den großen Ringlord. »Sein Zimmer wäre doch ...«
    Die Ehrwüdige Mutter unterbrach ihn ungeduldig. »Ich weiß nicht, wie es zurzeit um seine magische Fähigkeiten bestellt ist, und was geschieht, wenn er die Kontrolle darüber verliert. Er ist sehr geschwächt, aber wir sollten kein Risiko eingehen. Der letzte Brand ist dir wohl noch in Erinnerung, oder? Ich trage, du musst nur führen.«
    Möbius musste Aeneas nur an der Schulter anpacken, schon schwebte der Körper.
    »Leg ihm die Decke über!«, befahl sie. »So sollte ihn niemand sehen. Dieser Zustand ziemt sich nicht für einen van Rhyn.«

    Da der Pförtner voranging, konnte er nicht sehen, wie die Oberin tief ein- und ausatmete und sich energisch über die Augen wischte.
    Möbius führte den Ringlord bis zu seinem Bett im Schlafzimmer des Pförtnerhauses.
    »Hol Wasser!«, forderte sie umgehend.
    Eine Minute später stand ein Becher auf dem Nachttisch.
    Sie nickte. »Du hast bestimmt auch Himmelskraut. Bring es mir!«
    Er sah sie fassungslos an, öffnete den Mund, wurde aber rüde angetrieben: »Eil dich! Wir sind spät dran.«
    Der Pförtner rannte aus dem Zimmer.
    Sie hörte es scheppern und klirren, schüttelte kurz den Kopf und beugte sich zu ihrem Enkel hinunter. Behutsam strich sie ihm die Haare aus dem Gesicht und flüsterte ihm zu: »Ich bin jetzt bei dir, um zu helfen. Halte durch! Komm zu mir! ... Komm zurück in die Wirklichkeit!«
    Sie ließ zunächst ihren Stein über seine Stirn gleiten, dann massierte sie sanft seine Schläfen.
    Er öffnet die trüben Augen. »Oma?« Die kratzige Stimme war kaum zu hören.
    »Ja, Kind, ich bin hier. Trink etwas, aber langsam, hörst du!« Sie stützte seinen Kopf und hielt ihm den Becher an die aufgesprungenen Lippen.
    Er trank gierig, verschluckte sich prompt, hustete, begann zu zittern, und stöhnte tief.
    Der Becher klimperte unbeachtet zu Boden.
    Erneut nahm sie sein Gesicht fest in beide Hände. »Gaaanz ruhig! Entspanne dich, schlaf nur nicht ein. Denk an die Kinder!«
    Das Zittern wurde heftiger, und ihre Stimme lauter und befehlender. »Nicht abgleiten! Sieh mich an, Aeneas! Komm wieder zurück!«
    Sekunden später wurde ihre Stimme gewohnt herrisch, während sie weiter und immer kräftiger seine Schläfen massierte.
    »Aeneas van Rhyn, sieh mich an! ... Sofort! ... Ja, so ist es gut. Hör mit den dämlichen Regeln auf. ... Hör auf damit! ... Komm zurück! ... Mach endlich! ... Ja, so ist es richtig. ... Tu, was ich dir sage, und bleib wach! ... Wo sind die Kinder?«
    Seine Augen flackerten, er wand sich, stöhnte immer lauter.
    Die Oberin seufzte und strich ihm über die Stirn. »Ruhig, Kind, ganz ruhig. ... Ist ja gut. ... Ganz ruhig. Du wirst dich wieder erinnern, wenn du tust, was ich dir sage.«
    Sein Körper vibrierte wie unter einem Stromschlag.
    Sie presste ihre Hände erneut an seinen Kopf. »Verdammt! ... Du bist nicht in einer Schlacht. ... Aeneas! ... Reiß dich zusammen! ... Sofort!«
    Der bekannte Befehlston zeigte Wirkung. Das Zittern ließ allmählich nach, die Gesichtszüge entspannten sich ein wenig, der Blick wurde klarer.
    »Gut

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