Die Weltverbesserer
über sein Volk jetzt von einer anderen Residenz aus wacht. Den neuen Kru kann man erst krönen, wenn sein Porträt am Lebenstempel hängt. Man kann ihn erst verehren, wenn sein Bild da ist. Vielleicht sitzt der neue Kru gerade einem Porträtisten, und vielleicht arbeitet der Künstler langsam und sorgfältig.«
Die anderen tauschten Blicke und begannen plötzlich zu grinsen.
»Einer unserer Agenten, 178, ist ein Krolc«, sagte Jorrul, »ein Laiendiener eines Priesters. Sein Herr wurde nach Scorv zu der Einbalsamierung und Krönung beordert. Es ist das erstemal/ daß einer unserer Agenten im Lebenstempel ist – legal.«
»Wird er Filme machen können? Bis jetzt habe ich noch keinen Tempel von innen gesehen.«
»Natürlich. Er hat bereits welche gemacht. Und er hat berichtet, daß jeder prominente Künstler von Scorvif am Porträt des neuen Kru arbeitet. Danach werden die Wandteppiche des alten Kru entfernt, leere aufgehängt, und nach zeremoniellen Gesängen wird das Porträt des neuen Kru angebracht. Die Heiligen Ahnen werden sprechen. Prochnow glaubt, daß die Feierlichkeiten tagelang dauern werden.«
»Interessant. Wählen die Heiligen Ahnen den Nachfolger des Kru? Ich meine, weiß man erst, wer der neue Kru ist, wenn die Feierlichkeiten zu Ende sind und das Porträt enthüllt ist?«
»Wir wissen schon jetzt, wer der neue Kru ist, weil er porträtiert wird. Der vierzehnte Sohn. Wie er gewählt wird, wissen wir nicht. Prochnow glaubt, daß er der Lieblingssohn des alten Kru war. Aber ich habe Ihre Frage nicht beantwortet, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Farrari. »Ich frage mich, ob die Priester den Kru wählen und ihre Entscheidung in einem zeremoniellen Blabla verkünden.«
»Ich weiß es nicht. Es wird noch Jahrhunderte dauern, bis wir alle Details über die Thronfolge erfahren.«
»Glauben die Untertanen des Kru wirklich, daß die Heiligen Ahnen das Porträt des neuen Kru hinter dem Wandteppich anbringen?«
»Auch das wissen wir nicht«, sagte Anan Borgley. »Dies ist die erste Thronfolge, die wir erleben.«
»Haben Sie einen Film vom Relief des alten Kru?«
Jorrul wühlte in den Filmspulen, fand das Gesuchte und spannte den Film in den Projektor. Das faltige Gesicht des alten Kru erschien. Farrari studierte es aufmerksam und schüttelte dann den Kopf.
»Ich wünschte, es wäre ein Gemälde. Damit kenne ich mich besser aus als mit Skulpturen … Und ich frage mich, was wohl geschehen würde, wenn sie das Porträt eines anderen unter dem Teppich fänden. Einen älteren Sohn, einen Neffen oder einen völlig Fremden. Was würde da geschehen?«
»Eine interessante Frage, aber natürlich werden wir uns nicht einmischen.«
»Warum nicht? Demokratie, die von außerhalb, und so weiter … Das heißt aber nicht, daß es verboten ist, Porträts zu vertauschen.«
»Aber andere Regeln verbieten es.«
Farrari betrachtete bewundernd die Darstellung des alten Kru.
»Das ist das Problem bei großer Kunst. Je realistischer sie ist, desto weiter reicht sie jenseits des Realismus. Welche Ausdruckskraft! Dieser Bildhauer stellte einen grausamen, egoistischen alten Mann dar und ließ ihn göttergleich aussehen. Ich frage mich, ob er wirklich an sein Werk glaubte.«
»Wie lange würden Sie brauchen, um ein Porträt anzufertigen?« fragte Jorrul.
»Ein paar Stunden.«
Jorrul starrte ihn ungläubig an.
»Ich würde es nicht mit der Hand machen. Ich würde den Kandidaten photographieren, das Bild dreidimensional vergrößern und auf ein Relief aus Plastikmaterial transponieren. Es müßte möglich sein, eine Plastikmischung herzustellen, die die Einheimischen nicht von ihrem schwarzen Marmor unterscheiden können, wenn sie sie nicht berühren. Und sie werden sie nicht berühren. Wir werden das Ding laden, so daß es einen elektrischen Stoß aussendet, wenn es berührt wird.« Er grinste, als er in die weitaufgerissenen Augen der anderen blickte. »Wenn die Heiligen Ahnen durch uns zu den Priestern sprechen, so müssen wir auch den Eindruck hinterlassen, daß sie wirklich meinen, was sie sagen. Ich bin sicher, daß Graan im Stützpunkt den Guß aus Plastik herstellen lassen kann. Vielleicht können Ihre Leute das sogar hier machen.«
Jorrul schüttelte den Kopf.
»Es wäre Betrug.«
»Nein, Sir. Wir würden die Priester nur in ihrem Glauben bestärken, und ihr Glaube wird sich noch mehr festigen, wenn sie unser Porträt zu entfernen versuchen.«
Jorrul war offensichtlich nicht überzeugt, aber er fragte:
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