Die Weltverbesserer
erkannt, daß sie eine Chance zum Überleben haben, wenn sie sich der Übermacht beugen. Und jetzt beugen sie sich schon so lange der Übermacht, daß das für sie der einzige Lebenszweck scheint. Ich kann ihnen nicht vorwerfen, daß sie den Tod mittlerweile als Erlösung betrachten.«
»Da muß noch mehr dahinterstecken.«
»Warum sollten sie sonst davonlaufen, wenn ich ihnen doch hier ein schöneres Leben bieten will?«
»Ich weiß nicht. Ich habe mich schon gefragt, warum sie kein Essen stehlen. Sie könnten es leicht. Sie scheinen alle Selbstachtung verloren zu haben. So sehr, daß sie den Tod einer weiteren Erniedrigung vorziehen, statt zu kämpfen.«
»Richtig.« Bran nickte eifrig. »Selbstachtung, das ist es. Das IBB kann ihnen keine Selbstachtung beibringen, weil im Handbuch nichts darüber steht.«
»Und trotzdem«, sagte Farrari nachdenklich, »es gibt Ols, die leben wollen. Ich war mit Liano Kurne dabei, als eine schwere Krankheit ausbrach. Sie war eine Yilesc, und ich war ihr Kewl. Und da kam ein sterbendes Ol zu uns, um uns zu sagen, in welcher Gefahr sein Dorf schwebte. Wenn es nicht sterben wollte, warum wollte es dann Hilfe herbeiholen?«
»Das weiß ich nicht. So ein Ol ist mir noch nie begegnet.«
»Was können wir also tun, um Selbstachtung in ihnen zu wecken?«
»Sie brauchen einen Sieg über die Rascs. Es wäre nicht schwer, einen Aufstand zu inszenieren, aber sobald die Rascs davon erführen, würden ihre Soldaten die Ols töten. Die Selbstachtung würde den Ols nicht viel nützen, wenn sie sterben müßten, sobald sie sie gewonnen hätten.«
»Aber es wäre ein ermutigendes Beispiel für andere Ols. Haben sie schon einmal daran gedacht, sie zu bewaffnen?«
»Was nützt eine Waffe, wenn man nicht den Wunsch zu töten verspürt?«
»Immerhin, der Gedanke, den Ols Selbstachtung einzuflößen, dürfte Zukunft haben.« Farrari stand auf und begann einige Steine vom Höhleneingang wegzuräumen.
»Was tun Sie da?« fragte Bran.
»Ich möchte den Rest der Höhlenwände sehen. Ist es möglich, daß die Ols früher in Höhlen gelebt haben?«
»Es ist möglich, daß Ihnen die Höhle auf den Kopf fällt«, knurrte Bran. Er ging ärgerlich vor sich hinmurmelnd davon. Farrari arbeitete stundenlang und gab es schließlich auf. Er hätte eine Maschine gebraucht, um die riesigen Steine, die die Höhle verschüttet hatten, zu entfernen. Auf einer Seite hatte er einen weiteren Teil der Mauer freigelegt und studierte sie, bis die Dämmerung einbrach. Bran kam zu ihm und warnte ihn. Es sei gefährlich, nachts ein Licht brennen zu lassen, da die Plattformen des Stützpunkts das Tal überfliegen könnten.
Die freigelegten Reliefs zeigten die Stadt Scorv, wie sie in früheren Zeiten ausgesehen hatte. Man sah den Turm der Tausend Augen, als er noch nicht vom Lebenstempel umgeben war, und das Porträt des Kru über seinem Eingang war das Porträt eines Ol.
Farrari nahm in Brans dunkler Höhle ein verspätetes Abendessen zu sich, und Bran, der bereits gegessen hatte, aß zur Gesellschaft noch einmal mit.
»Gibt es keine Möglichkeit für die Ols, einen Sieg über die Rascs zu erreichen, ohne die Armee auf den Plan zu rufen?« fragte Farrari.
Bran kaute nachdenklich.
»Das wäre kein richtiger Sieg.«
»Angenommen, die Ols machen einen Durrl lächerlich. Er würde keine Soldaten rufen, weil die Ols respektlos waren. Er würde sich schämen, das zuzugeben.«
Bran schüttelte den Kopf.
»Die Ols würden niemals einem Durrl gegenüber respektlos sein.«
»Ich kenne zwei, die das schon wären.«
Es dauerte eine Weile, bis Bran begriff, aber dann sagte er: »Was würden wir damit erreichen? Er würde keine Soldaten rufen, sondern alles, was ihm über den Weg läuft, zu Tode peitschen.«
»Da müßte er erst einmal bei uns anfangen. Und jeder Durrl, der mich auspeitschen will, wird selbst ausgepeitscht. Wir können nichts erreichen, wenn wir nichts riskieren.«
Bran schwieg eine Weile. Schließlich sagte er: »Sie haben recht. Ich habe jahrelang nachgedacht, aber nie etwas unternommen. Heute nacht brechen wir auf.«
»Können wir für die Ols Essen mitnehmen?«
»Um diese Jahreszeit brauchen sie kein Essen. Aber für uns könnten Sie ein paar IBB-Rationen einpacken.«
»Das werde ich tun. Dann können Sie sich davonstehlen und heimlich essen, wann immer Sie Hunger haben.«
»Und ob ich das tun werde!« Bran sah gleich viel fröhlicher aus.
Sie landeten in der Nähe eines Dorfes, das Bran
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