Die Weltverbesserer
Auch eine zweite Ol-Gruppe, die ich hierherbrachte, hat das Weite gesucht. Wissen Sie, warum?«
»Nein«, sagte Farrari. »In dieser Welt scheint mir alles sinnlos.«
»Zuerst wußte ich es auch nicht. Während des Winters brachte ich das Getreide, das meine Ols geerntet hatten, in die Dörfer, die es am dringendsten nötig hatten. Und als wieder die Zeit der Saat kam, holte ich neue Ols zu mir und versuchte es noch einmal, mit demselben Resultat. Das war vor drei Jahren. Jetzt hole ich immer nur ein paar Ols zur Saat- und Erntezeit. Und die verschwinden auch immer, sobald die Arbeit getan ist. Wissen Sie noch immer nicht, warum?«
»Nein.«
»Es gibt nur eine Erklärung. Sie wollen hungern, gepeitscht werden und sterben. Sie wollen nicht bei mir bleiben, weil ich sie am Leben erhalte.«
»Das kann ich nicht glauben«, protestierte Farrari.
»Sicher. Und deshalb ist auch das IBB nie darauf gekommen. Das IBB kann mit Lebewesen, die sich nicht darum kümmern, was mit ihnen geschieht, nichts anfangen. Und selbst wenn die IBB-Leute das herauskriegen, können sie es wegen ihrer blöden Regeln nicht ändern. Aber wir beide scheren uns nicht um die Regeln, und deshalb können wir es ändern.«
»Wie?«
»Wir werden den Ols Lebenswillen beibringen.«
13.
Bran bereitete sich eine Mahlzeit und legte sich danach wieder schlafen. Farrari verließ die Höhle, um das Tal zu erforschen. Er folgte dem Fluß von einem schäumenden Wasserfall bis zu einer Stelle, wo er im Fels verschwand. Vermutlich hatte irgendwann einmal ein Erdbeben die Eingänge des Tals durch Felsstürze versperrt, und das Wasser hatte sich seinen Weg durch den Stein gebahnt. Mehrere Höhlen zeugten davon.
Farrari legte sich auf einer blumenübersäten Wiese in die Sonne und döste ein. Er erwachte erst, als eine Wolke die Sonne verdeckte. Widerstrebend stand er auf und ging weiter. Am Eingang einer Höhle fand er Marmorstücke, wie er sie noch nie gesehen hatte. Farrari untersuchte sie aufmerksam, und dann entdeckte er auf dem Marmor am Höhleneingang ein primitives Relief. Einen langen, atemlosen Augenblick starrte er es an, dann drehte er sich um und rannte zurück.
Bran schlief noch immer. Farrari schüttelte ihn unsanft und schrie: »Das Licht!«
»Was ist denn?« murmelte Bran unwillig.
»Die Taschenlampe!« keuchte Farrari. »Wo ist sie?«
Bran deutete schläfrig in eine Ecke. Farrari packte die Taschenlampe und stürmte wieder davon. Bran rief ihm nach: »Was ist denn los?« Aber Farrari achtete nicht darauf. Er war schon in der Mitte des Tales, als er einen Ruf hörte und sich umdrehte. Bran rannte stolpernd hinter ihm her. Als er Farrari einholte, stand dieser bereits vor dem marmornen Höhleneingang.
»Da, sehen Sie!« rief Farrari erregt und beleuchtete mit der Taschenlampe die Marmorwände. Er tauchte eine Prozession von Figuren ins Licht, die steif in das Innere der Höhle zu marschieren schienen. Bran starrte ungläubig auf das primitive Relief.
»Wußten Sie, daß das hier ist?« fragte Farrari.
»Nein«, gab Bran zu.
»Wenn die Spezialisten vom Stützpunkt das sehen, werden sie kopfstehen. Das haben Ols gemacht! Verstehen Sie, was das bedeutet? Die Ols haben eine Zivilisation und eine bereits fortgeschrittene Kultur. Ihre Werke sind primitiver als die der Rascs, aber lebendiger und ausdrucksvoller.«
»Und was hilft das den Ols?« fragte Bran. »Sie sind nach wie vor Sklaven und wollen sterben.«
Farrari setzte sich auf einen Steinblock und beleuchtete das nächstliegende Relief.
»Kam es schon einmal vor, daß Ols Selbstmord begingen?«
Bran ließ sich ebenfalls auf einen Stein fallen und rieb sich die Beinmuskeln, die vom raschen Laufen schmerzten.
»Was sagen Sie da? Selbstmord? Das habe ich noch nie gehört.«
»Wenn Sie so versessen darauf sind zu sterben, warum wollen sie dann verhungern oder zu Tod gepeitscht werden? Warum bringen sie sich nicht selbst um? Dann könnten sie schneller und schmerzloser sterben.«
»Ich weiß nicht, warum sie das nicht tun. Sie haben wohl nicht den Mut dazu.«
»Was meinen Sie damit?«
»Auf Branoff IV existieren keine Vorrichtungen, die einen schnellen, schmerzlosen Tod ermöglichen. Man braucht Verstand, um in einer primitiven Gesellschaft Selbstmord zu begehen, und den haben die Ols nicht. Wie sollten Sie auch, nachdem sie seit Generationen ermordet, gepeitscht, gequält worden sind. Ein Ol mit Verstand hätte Widerstand geleistet und wäre getötet worden. Aber sie haben
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