Die widerspenstige Braut (German Edition)
Wasser lag eine lange und breite Promenade etwas erhöht vom Strand. Teure Hauben und sehr elegante Stiefel mischten sich auf der von Hotels und Gästehäusern gesäumten Straße mit der schlichteren Kleidung der Einheimischen.
Nachdem sie eine kleine Kirche mit einem akkuraten Garten und alten Grabsteinen sowie das berühmte Royal Hotel besichtigt hatte, flanierte sie die Gasse mit den besseren Läden entlang. Dann führten ihre Schritte sie ostwärts zur Altstadt und den Fischerbooten.
Die Besucher aus London kamen nicht hierher, und das gemeine Volk ging seinen alltäglichen Beschäftigungen nach, als ob sich seit Generationen nichts verändert hätte, was wahrscheinlich der Fall war.
Ein paar Boote waren bereits zurückgekehrt, und die Frauen verkauften den Fang auf dem Markt, der die Straße verstopfte. Der Geruch von Fisch – brackig, salzig und unverkennbar – erfüllte die Luft. Die Blicke, die in ihre Richtung geworfen wurden, galten nicht ihrer Kleidung, die schlicht genug war, um keine Aufmerksamkeit hervorzurufen. Wahrscheinlich war es hier wie daheim in Oldbury, dem Dorf in der Nähe der Eisenhütte. Jeder kannte jeden, und ein Fremder fiel auf.
Sie blieb stehen, um das Angebot auf dem Karren einer Fischverkäuferin zu bewundern. Die rothaarige und gebräunte Frau wiederum betrachtete sie. »Suchen Sie nach dem Mädchen? Sie war direkt vor dem Dorf, wo die Klippen höher werden. Saß einfach nur da. Ich schätze, Sie finden sie dort immer noch.«
»Ich suche nach niemandem. Ich schaue mich nur hier um.«
»In diese Straße kommen nicht viele Besucher. Sie ist nicht von hier und wirkt, als hätte sie sich verlaufen. Ich dachte, dass jemand nach ihr suchen würde; das ist alles.«
Verity wusste nicht, wie man sich in diesem kleinen Ort mit seinen zwei Straßen verlaufen konnte. Doch vielleicht war dieses Mädchen sehr jung.
Sie schob sich an den Frauen vorbei, die sich um die Fischstände scharrten, und suchte die Küste ab. Am östlichen Ende des Dorfs wurden die Klippen höher. Sie meinte, jemanden dort zu sehen, und entschied sich, lieber nachzuschauen. Wenn es ein verirrtes Kind war, konnte sie es nicht allein zurücklassen.
Als sie auf das Mädchen zuging, wurde ihr klar, dass es sich nicht um ein Kind handelte. Auch wenn es am Rand der Klippe saß und die Beine auf kindliche Art und Weise herunterbaumeln ließ, war es zumindest ausgewachsen. Es trug eine ganz ähnliche Haube wie Verity, mit einer tiefen Krempe und wenig Verzierung.
Verity, deren Neugier geweckt war, gab vor, eine schöne Aussicht auf die Küste und das Dorf zu suchen. Sie blieb neben dem Mädchen stehen, das sich weder bewegte noch Veritys Anwesenheit auf andere Weise zu bemerken schien.
Ihr fiel auf, dass das Mädchen ein sehr hübsches Musselinkleid trug, mit lilafarbenem Muster auf weißem Stoff und lavendelfarbenen Ärmeln. Doch darauf war eine Menge Dreck zu sehen. Nein, dieses Mädchen stammte nicht aus dem Dorf und wahrscheinlich überhaupt nicht aus dieser Gegend.
»Verzeihen Sie meine Direktheit, aber die Bewohner denken, dass Sie sich verirrt haben. Kann ich vielleicht behilflich sein?«, fragte Verity.
Der Kopf bewegte sich nicht. Nach einem Augenblick erwiderte jedoch eine Stimme, die viel zu erwachsen war für ein Mädchen, geschweige denn für ein Kind: »Ich habe mich nicht verirrt. Ich weiß, wo ich bin.«
So viel zu ihrer guten Tat. Verity begann weiterzugehen, sah sich aber noch einmal um. Etwas an der Bewegungslosigkeit und der Stimme der jungen Frau weckte ihre Besorgnis.
Hatte Daphne die gleiche Intuition gehabt, als sie damals ihren Gig neben dem Fluss angehalten hatte? Hatte auch sie eine junge Frau gesehen, die tief in Gedanken verloren war und sich eindeutig nicht dort befand, wo sie hingehörte?
Sie ging zurück. »Das Meer erfüllt einen mit Ehrfurcht, nicht wahr? Ich finde es beängstigend.«
»Auf mich wirkt es keineswegs beängstigend. Ich finde es angenehm. Reinigend.«
»Dann sind Sie mutiger als ich. An dieser Stelle ist nicht viel Strand, und die Klippe ist unangenehm hoch. Ein falscher Schritt … Können Sie schwimmen? Ich habe es niemals gelernt.«
Dieses Mal bekam sie keine Antwort.
»Kommen Sie aus London?«, versuchte sie es erneut.
»Ich stamme aus dem Norden.«
»Haben Sie hier Familie, die Sie besuchen?«
»Nein. Ich habe mir die Überfahrt auf einem Fischerboot erbettelt. Die Männer, die es betreiben, leben hier. Also bin ich jetzt auch hier.«
»Sie nehmen
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