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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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Drei-Uhr-Dosis heraus, öffnete die Flasche und reichte sie ihm. Brav schluckte er die Medizin. Sie langte zu ihm hinüber und schloss den Sicherheitsgurt, das hatte sie vergessen. Bevor sie die Hand zurückzog, ließ sie sie noch einen Augenblick auf Finchs Arm ruhen. »Ich hab dich lieb«, sagte sie. Er lächelte schwach.
    Als sie den Volvo aus dem Parkplatz hinausfuhr, sprach Finch schließlich. Seine Stimme war so schwach, weil die Medikamente überfällig waren, dass sie ihn kaum hören konnte. »Er sagt also, dass ich bald sterbe.«
    In der Mass Avenue fuhr sie an die Seite.
    »Der Arzt ist ein Idiot«, sagte sie. Sie wollte ihm sagen, dass sie nie wieder zu ihm gehen würden, dass es in Boston Neurologen wie Sand am Meer gab und dass sie bis zum nächsten Morgen einen neuen für ihn hätte. Aber Finch sprach, bevor sie das formulieren konnte.
    »Es ist schon gut«, sagte er. »Ich will sterben.«

37
    Zee wählte Melvilles Nummer und hinterließ eine Nachricht. Dann rief sie Mattei an.
    »Ich mache mir ernsthaft Sorgen«, sagte sie. »Er ist eindeutig depressiv.«
    »Soll ich etwas verschreiben?«
    »Er braucht ganz bestimmt etwas, aber es muss sich mit den Medikamenten vertragen, die er bereits einnimmt.«
    »Wenn du willst, kann ich vorbeikommen«, bot Mattei an.
    Normalerweise hätte Zee das nicht von Mattei verlangt, aber die Aussicht, sie zu sehen und ihre Meinung zu hören, erleichterte sie. »Das wäre wirklich nett.«
    »Morgen kann ich nicht. Am Samstag ginge es«, schlug Mattei vor.
    »Danke«, sagte Zee.
    Sie gab Jessina abgezählt die Medikamente für Finch, dann brachte sie die Röhrchen und Dosen nach oben und schloss die Tür ab, als sie wieder nach unten ging. Jessina war sichtlich neugierig, aber sie erklärte es ihr nicht.
    Sie entdeckte Melville schließlich im Athenaeum. Er wirkte freudig überrascht, sie zu sehen, aber ihr Gesichtsausdruck verriet ihm gleich, dass es einen ernsteren Anlass gab.
    »Was ist los?«
    »Können wir uns irgendwo unterhalten?«
    Er führte sie ins Magazin der Mitgliederbibliothek und über eine Metalltreppe hinunter in den Keller. Es war eng, aber ruhig. Die Magazinregale gingen über drei Ebenen. Heute waren keine Wissenschaftler dort, niemand wollte gerade die Reisesammlungen sehen oder die Bücher, die Hawthorne in der Zeit gelesen hatte, die er im Athenaeum verbracht hatte. Im Moment konnten sie hier ungestört reden. Falls jemand eine der drei skelettartigen Ebenen betrat, würden sie das sofort sehen.
    Melville ging mit ihr zu einem kleinen Tisch, wo er alte Karten und Reiseberichte katalogisiert hatte.
    Zee reichte ihm die Fragen, die sie von dem Arzt erhalten hatte. »Ich kenne den Krankheitsverlauf des letzten Monats«, sagte Zee. »Aber über das langsame Fortschreiten konnte ich nichts aussagen.«
    Melville sah sich das Formular an. Es waren sechzehn Fragen. Sie hatten alle mit Finchs Gedächtnis zu tun und wie es sich während der letzten zehn Jahre verändert hatte. Die Antworten reichten von »viel besser« bis hin zu »viel schlechter«. Der Fragebogen war leicht auszufüllen, er wusste allerdings, dass seine Antworten keinen Mut machen würden. Er ging die Fragen sorgfältig durch und ließ Zee ihm dabei zusehen. Als er fertig war, schob er ihr das Blatt über den Tisch hin.
    Zee las es durch und schaute sich die Antworten an, die Melville markiert hatte. Die meisten lauteten »viel schlechter« oder »ein bisschen schlechter«. Nichts deutete auf eine Verbesserung hin.
    »Ich verstehe nicht, wie ihr das vor mir verheimlichen konntet«, sagte Zee.
    »Darüber haben wir doch schon gesprochen«, sagte Melville. »Er wollte das so.«
    »Der Arzt hat Finch quasi gesagt, dass er sterben wird.« Sie schüttelte den Kopf.
    Melville sah sie an.
    »Und Finch hat gesagt, dass er das will.«
    Er langte über den Tisch und nahm ihre Hand. »Es tut mir leid.«
    »Und es überrascht dich nicht.«
    Er überlegte, ob er lügen sollte, aber das hatte jetzt keinen Sinn mehr. »Nein.«
    »Oh Gott«, sagte sie. »Das ist schrecklich.«
    »Ja. Das ist es.«
    »Ich habe Angst, er könnte sich umbringen.«
    Er verstand das. Er wusste, dass Finch nicht mit der Krankheit im fortgeschrittenen Stadium leben wollte. Aber in all ihren Gesprächen über die Zukunft war ihnen beiden sehr wohl bewusst gewesen, wie Zee diese Eröffnung aufnehmen würde.
    Es erschreckte sie, dass Melville kein bisschen überrascht war. »Du bist doch wohl nicht damit einverstanden?«
    »Natürlich

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