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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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Beifahrerseite, um Zee die Tür zu öffnen. Ann war in Gedanken vertieft, als das Auto losfuhr. Sie brauchte einen Augenblick, bis sie merkte, dass Mickey versucht hatte, auf sich aufmerksam zu machen. »Tut mir leid. Was ist?«
    Mickey deutete auf die frustrierte Kellnerin, die darauf wartete, sie von der Bar ins Restaurant zu geleiten. »Unser Tisch wäre so weit, habe ich gesagt.«

55
    Melville setzte Zee an der Fähre ab.
    »Ruf mich an, wenn ich dich abholen soll.«
    »Nicht nötig«, meinte sie. »Ich habe ja nur ein paar Blocks zu laufen, und so spät wird es nicht.«
    »Alles Gute zum Geburtstag«, wiederholte er. Sie küsste ihn auf die Wange.
    Er wartete auf dem Parkplatz im Auto, bis die Fähre ablegte. Dann schaute er hinaus über den Hafen und zu Baker’s Island. Er öffnete das Handschuhfach und nahm den Yeats-Band heraus.
    Er hatte sich überlegt, Zee das Buch zum Geburtstag zu schenken. Er hatte sogar schon eine Karte dafür gekauft und ihren vollen Namen darauf geschrieben, bevor er entschied, dass die ganze Sache gar keine gute Idee war.
    Er saß noch lange da und betrachtete nur den Titel. Dann schlug er das Buch in der Mitte auf und nahm ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.
    Dieses Blatt Papier war der Grund für den Streit zwischen ihm und Finch gewesen an dem Tag, als Finch ihm das Buch buchstäblich an den Kopf geworfen hatte. Dieser Nachmittag hatte ihre Beziehung beendet.
    Zee hatte immer geglaubt, Maureen hätte keinen Abschiedsbrief hinterlassen, und Finch war es wichtig gewesen, sie in dem Glauben zu lassen. Aber es stimmte nicht. Maureen hatte gewusst, was sie tat. Sie hatte den Brief nicht auf das Bett gelegt, wo Zee ihn genauso finden konnte wie Finch. Stattdessen hatte sie ihn in Finchs Arbeitszimmer gelegt, damit nur er ihn sah.
    Lieber Finch,
    wenn du diesen Brief liest, werde ich nicht mehr da sein. So ist es das Beste für alle.
    Geheimnisse nimmt man oft mit ins Grab, aber dieses werde ich nicht mitnehmen. Stell damit an, was du willst.
    Das Kind, das ich dir als Vater geboren habe, ist nicht von dir. Es gehört zu dem Mann, mit dem du mich betrogen hast. Es ist nur einmal passiert, in einem Moment außerhalb von Raum und Zeit.
    Das Schicksal ist grausam, es hält uns alle zum Narren …
    Maureen
    Unten auf dem Abschiedsbrief stand eine Botschaft, die für Melville gedacht war und die den Eintrag vervollständigte, den er vor langer Zeit für sie geschrieben hatte:
    Komm hinfort, o Menschenkind!
    Auf zu Wassern, Wildnis, Wind
    Mit einer Fee an deiner Hand,
    Denn auf der Welt gibt es mehr Tränen,
als je ein Kind verstand.

56
    Es war passiert, bevor er Finch kennengelernt hatte, in der Zeit, als Melville den Artikel über die Splittergruppe von Greenpeace schrieb. Er war gerade mit seinem Boot auf dem Rückweg von Gloucester, als der Motor abstarb. Er wusste sofort, woran es lag, und fluchte auf sich, weil er nicht dazu gekommen war, die Sache zu richten. Bis zurück nach Salem würde er es niemals schaffen, daher legte er auf Baker’s Island an, um dort entweder zu telefonieren oder, wenn das nicht ging, sich ein Boot zu leihen und damit in den Manchester Harbor zu fahren, um sich dort beim Schiffsausrüster das Ersatzteil zu kaufen.
    Es war warm für November. Die Sommergäste waren sicher längst abgereist, aber er hoffte, trotzdem jemanden auf der Insel anzutreffen. Der kleine Laden war geschlossen, und Melville musste bis ans andere Ende der Insel laufen, bis er ein Haus fand, das noch nicht winterfest gemacht war.
    Er wartete vor der Tür, um zu fragen, ob er das Telefon benutzen durfte.
    Sie hatte nur zögernd geöffnet. Im Rückblick wusste sie nicht, aus welchem Grund.
    Sie stand im Eingang und sah ihn an. Ihre roten Haare waren zurückgebunden und wurden von einem Stift festgehalten. Ihre Augen waren stechend blau. Er stand vor der Tür und sah sie einfach nur an. Es dauerte einen langen Moment, bis ihm einfiel, dass er nach dem Telefon fragen wollte.
    Sie hatte kein Telefon. Nachdem sie sich seine Geschichte angehört hatte, bot sie ihm an, ihr Boot auszuleihen. Er fuhr damit in den Hafen von Manchester und besorgte das nötige Teil.
    Als er damit zurückkehrte, war es schon früher Abend. Die Reparatur war einfach, aber die Stelle war schwer erreichbar, und er musste mehrere Planken am Deck ausbauen, um heranzukommen. Dabei gab es einen Kurzschluss bei den Positionslichtern. Als er die Arbeit beendet hatte, war es bereits dunkel. Er wollte auf dem Boot

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