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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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nicht, welche Schätze sie besaßen. Melville gehörte zu denjenigen, deren Aufgabe es war, das herauszufinden.
    Er freute sich über diese Stelle, umso mehr, weil sie relativ wenig festgelegt war, und über die Tatsache, dass er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Während der letzten paar Jahre war er vor etwas weggelaufen, von dem er wusste, dass es völlig verkehrt für ihn war, etwas, das ihn gleichzeitig fasziniert, ihm aber auch eine Heidenangst eingejagt hatte. Er war erst nach Salem zurückgekehrt, als er glaubte, dass es ihn nicht mehr so sehr im Griff hatte.
    Die unvorstellbare Affäre war passiert, während er für eine Zeitschrift gearbeitet hatte. Er schrieb einen Artikel über den Walfang vor der Küste von Massachusetts und über die Splittergruppe von Greenpeace, die versuchte, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Sie hatten sich kennengelernt, als er mit dem Boot nach Gloucester gefahren war, um dort ein Interview zu machen. Auf der Rückfahrt hatte das Boot Motorprobleme, daher legte Melville an einer der Inseln dort an, um zu telefonieren. Schließlich blieb er über Nacht.
    Am nächsten Tag fuhr er auf einem der Schwertfischfangboote mit, die von Gloucester ausliefen. Er hatte gehört, sie suchten noch Leute für die Besatzung, und er wollte vielleicht einen Artikel für eine lokale Zeitschrift schreiben. Danach begleitete er sie auf einer längeren Strecke, von Portsmouth nach Nova Scotia, und diese Reise dauerte bis März. In jedem Hafen schlief er mit jedem verfügbaren Mann. Das war ziemlich dumm und gefährlich und eigentlich gar nicht typisch für ihn. Und weil das alles trotzdem die eine Nacht nicht auslöschte, die er zu vergessen suchte, fand er sich plötzlich auf der Insel wieder, aber alle Häuser waren winterfest gemacht. Froh darüber heuerte er auf einem Schiff der Handelsmarine an, das Richtung Mittlerer Osten fuhr, mit dem Hintergedanken, ein Buch über dieses Erlebnis zu schreiben. Dieses Leben gefiel ihm zumindest so gut, dass er drei Fahrten mitmachte, und während der dritten kam es in der Straße von Malakka, kurz vor Sumatra, zu einer Begegnung mit Piraten. Die Piraten eröffneten das Feuer auf das Schiff, mit mehreren Heckler & Koch MP 5 Maschinenpistolen, die sie wahrscheinlich von der malaysischen Armee gestohlen hatten. Es gelang ihnen nicht, das Schiff einzunehmen – die billigen, leichten Patronen konnten nichts gegen die Stahlwände des Schiffs ausrichten –, aber in die Muskeln von Melvilles Unterarm drangen mehrere Splitter ein, so dass er nicht mehr fest zupacken konnte und jegliche Bestrebungen, vielleicht eine Karriere als Seemann zu machen, zunichtegemacht waren.
    Nach Salem zurückgekehrt, bekam er die Stelle beim Museum und mietete das Zimmer in der Essex Street. Er ließ sich testen und durfte sich glücklicher schätzen, als er es verdient hatte.
    Finch hatte er über Mickey Doherty kennengelernt. Mit ein paar anderen Piratendarstellern versuchten sie, Geld für die Friendship aufzutreiben, einen 171 Fuß langen Ostindienfahrer, der vor einigen hundert Jahren vom Hafen in Salem ausgelaufen war, als Salem die wohlhabendste Stadt der Neuen Welt war. Melville gefiel es, dass man Geld für das große Schiff sammelte, aber gegen Piraten hatte er etwas, und das ließ er Mickey auch wissen. »Wir sind nicht solche Piraten«, sagte Mickey freundlich. »Wir sind von der altmodischen Sorte.«
    »Mit Papageien auf der Schulter?«, fragte Melville.
    »Nicht Papageien.« Finch lachte Melville an. »Affen.«
    »Aber nur einer«, sagte Mickey beleidigt. »Und auch bloß, weil ich den beim Pokern gewonnen habe.«
    Damals, noch bevor Mickey Doherty der Piratenkönig von Salem und der inoffizielle König des Handels geworden war, hatte er sein Piratendasein recht ernst genommen. Mit Papageien in Verbindung gebracht zu werden, betrachtete er als Beleidigung. Wenn ihn jemand im Kostüm sah und den bedauerlichen Fehler beging, in seiner Gegenwart ein » ARGHH !« auszustoßen, dann schloss diese unglückliche Seele wahrscheinlich bald direkte Bekanntschaft mit Mickeys Faust.
    Der Affe jedoch war eine völlig andere Geschichte. Mickey stritt es zwar ab, wenn er gefragt wurde, aber er liebte diesen Affen aufrichtig. Er hatte ihn nach seinem toten jüngeren Bruder Liam benannt, doch die meisten seiner Freunde riefen ihn Mini Mick.
    Melville erklärte Mickey, er müsse darüber nachdenken.
    Finch lächelte ihn an. Ein Blitz des Erkennens zuckte zwischen ihnen auf. Melville

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