Die Widmung: Roman (German Edition)
angefangen damit, dass du bei ihm eingezogen bist, bis hin zur Hochzeit. Ich hatte immer den Eindruck, es wäre alles eher sein Plan als deiner.«
»Das stimmt aber nicht«, sagte sie.
»Es freut mich, das zu hören.«
»Was ist überhaupt so wichtig daran, wer auf die Idee gekommen ist?«
»Sag du es mir«, meinte er.
Sie merkte, wie sie rot anlief.
»Versteh mich nicht falsch, ich mag Michael«, sagte er. »Ich hab nur lange nicht mehr gesehen, dass du wirklich du selbst bist.«
»Weißt du was?«, gab sie zurück.
Er sah sie an. »Entschuldige.«
»Ich bin eigentlich hier, um über dein Problem zu sprechen, nicht über meines«, sagte sie.
Sie sah ihm an, dass er das lieber nicht kommentieren wollte.
»Unglückliche Wortwahl«, meinte sie.
»Zumindest eine interessante.« Er beließ es dabei, und sie war froh darüber.
Als sich der Kaffee gesetzt hatte, goß Melville ihn durch ein Sieb und schenkte ihnen beiden eine Tasse ein. Er trug die Becher zum Tisch und setzte sich ihr gegenüber hin. Er war nicht einkaufen gewesen, deshalb gab es weder Milch noch Zucker. Er hatte es seit Tagen vor, aber einfach nicht geschafft. »Gut, dass wir beide den Kaffee schwarz trinken.«
»Was ist denn nun zwischen euch beiden gewesen?«, fragte sie. »Warum sollte Finch dich rauswerfen?«
»Das ist kompliziert«, sagte er.
Sie unternahm nichts, um das Schweigen zu überbrücken. Diesen Trick hatte sie als Therapeutin gelernt. Wenn man nicht spricht, wird es der Patient tun. Doch bei Melville funktionierte das nicht, zumindest nicht so, wie sie gehofft hatte. Er konnte das besser als sie. Und Schweigen hatte ihn noch nie gestört.
»Du hast Jessina kennengelernt.« Er wechselte das Thema.
»Ja«, sagte sie.
»Sie ist wirklich ein Unikum.« Er versuchte zu lächeln. »Aber sie kann gut mit ihm.«
»Warst du ihm untreu?« Sie dachte wieder an die Wohnung.
»Wie kommst du überhaupt auf die Idee, mich das zu fragen?«
Sie sah ihm an, dass er gekränkt war. In Wahrheit hatte sie irgendwie damit gerechnet. Er war so viel jünger als Finch, und die Krankheit war wirklich entsetzlich. Sie spürte, dass sie ihm verzeihen würde, wenn es passiert wäre. Aber das konnte man nicht aussprechen.
»Ich war deinem Vater nie untreu.« Er klang verletzt.
»Tut mir leid.«
»Es ging um etwas, das vor langer Zeit passiert ist«, erklärte er. »Noch vor deiner Geburt.«
»Du kanntest Finch doch gar nicht, bevor ich geboren wurde«, sagte sie.
»Genau.«
»Versteh ich nicht.«
»Ich auch nicht.«
»Vielleicht lag es an den Medikamenten«, meinte sie.
Er nickte. Das hatte er gehofft. Falls es nicht an den Medikamenten lag, bedeutete es, dass Finch ein Übergangsstadium erreicht hatte. Bei Patienten mit Parkinson im fortgeschrittenen Stadium passierte das häufig, sie zeigten dann Anzeichen von Alzheimer. Er wollte gar nicht darüber nachdenken.
»Vielleicht hört es auf, wenn die Medikamente ganz aus seinem Körper verschwunden sind, und du kannst zurückkommen.«
»Hoffen wir mal«, sagte er.
In diesem Moment erklang ein unmenschliches Geheul von der Rückseite des Hauses, das durch das Treppenhaus drang und die Wände erzittern ließ.
»Was zum Teufel war das denn?«
Was auch immer es war, es heulte erneut, und Zee glaubte, es gehöre zu den Spukführungen, für die Salem so berühmt war, oder vielleicht auch zu einer von Mickeys beliebten Attraktionen.
Melville ging zur Hintertür und öffnete sie. Dann kehrte er zurück, setzte sich hin und trank seinen Kaffee, als wäre weiter nichts gewesen.
Es hörte sich an, als würde ein menschlicher Körper die Treppe hochgeschleppt. Kurz darauf kam ein ziemlich erschöpfter Basset ins Zimmer. Er warf einen Blick auf Zee und heulte wieder los.
»Zee, darf ich dir meinen Mitbewohner vorstellen: Bowditch. Bowditch, das ist Zee.«
Der Hund lief zu ihr herüber, legte ihr das Kinn auf das Jeansbein und bedachte sie mit dem innigsten Blick, den sie je gesehen hatte.
»Er bettelt. Bowditch liebt Kaffee, aber der ist nicht gut für ihn.«
Sie musste lachen. Sie tätschelte ihm den Kopf, und der Hund ließ sich zu ihren Füßen hinplumpsen.
»Ich passe zusammen mit der Wohnung auch auf den Hund auf«, sagte er.
»Das hab ich mir gerade gedacht«, sagte sie, immer noch lachend.
Melville und Zee tranken beide ihren Kaffee schwarz, und sie beide liebten Hunde. Das gehörte zu ihren vielen Gemeinsamkeiten: Hunde, das Meer, Myrna-Loy-Filme. Sie mochten beide dunkle Schokolade
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