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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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fragte Zee.
    »Er hat es mir erzählt.«
    Wahrscheinlich freute Mickey sich. Es war kein Geheimnis, dass Mickey Melville die Schuld am Tod seiner Schwester gab. Ann hatte Maureen zwar geliebt, aber sie hegte keinen solchen Groll. Jeder, der Zees Mutter gut gekannt hatte, wusste auch, wie krank sie gewesen war. Mickey hatte ihre Krankheit immer abgeleugnet, und jemanden zu haben, dem er die Schuld zuschieben konnte, machte es leichter für ihn, als der Wahrheit ins Auge zu sehen.
    Zee glaubte, ihr Onkel Mickey sei seit jeher in Ann Chase verliebt. Ann wiederum schien nicht interessiert und war eher genervt von seinem ständigen Geflirte. Gelegentlich war sie auch sauer, besonders wenn sein rivalisierender Pseudohexenladen etwas anpries, das für sie einer persönlichen Beleidigung gleichkam. So wie damals, als seine Auramaschine kaputtging und er einen ganzen Bus voller Touristen aus Cleveland mit Gutscheinen zu Anns Laden hinüberschickte. Darauf stand, dass Ann Chase, eine der berühmtesten Hexen von Salem, ihnen die Zukunft voraussagen würde, indem sie ihnen für die Hälfte des normalen Preises die Beulen auf dem Kopf abtastete.
    »Gruppenrabatt!«, erklärte er ihr, als sie ihn anbrüllte. »Ich habe keine Ahnung, worüber du dich eigentlich beschwerst – ich habe dir fünfundvierzig Neukunden geschickt.«
    Aber meistens kamen Ann und Mickey gut miteinander aus. Es war der Verdienst der beiden, dass die meisten Hexen- und Horrorläden in Salem sich vertrugen. Die einzige Ausnahme bildete vor kurzem eine Diskussion über einen Wahrsager-Straßenmarkt, der jeden Oktober nach Salem kam. Fast alle fanden, dass es eine gute Sache war, nur ein paar Hexen nicht, besonders diejenigen nicht, die das ganze Jahr über in der Essex Street Miete zahlten, wo der Markt stattfand. Sie ärgerten sich über die umherziehenden Wahrsager, die während des Höhepunkts der Touristensaison schnelles Geld machen wollten und danach die Stadt verließen. Die Hexen fürchteten, einige der reisenden Hellseher könnten den Touristen zu viel Geld abknöpfen oder sie schlecht beraten und so den Ruf der ganzjährig dort ansässigen Wahrsagergemeinschaft schädigen.
    Aus diesem Grund verlangte die Stadt seit kurzem eine Lizenz von allen praktizierenden Wahrsagern, wenn sie in Salem ihre Dienste anbieten wollten. Zee hielt das für eine gute Idee, obwohl sich sich schon fragte, wie man eigentlich eine Wahrsagerlizenz vergeben wollte. (Salem hatte schließlich das Verfahren von San Francisco übernommen: eine Gebühr von fünfundzwanzig bis fünfzig Dollar und der Nachweis eines festen Wohnsitzes in Salem sowie einer Sozialversicherungsnummer.) Sie erinnerte sich an einen fürchterlichen Besuch bei einer Hellseherin namens Arcana, nicht lange, bevor Maureen Selbstmord beging.
    Während sie »Einmal« verfasste, gelangte Maureen zu der Überzeugung, dass sie nicht nur die Autorin einer der großen Liebesgeschichten schlechthin war, sondern auch deren Heldin. Sie hielt sich für die Reinkarnation der Hauptfigur Zylphia Browne. Die Geschichte nahm sie so sehr in Beschlag, dass sie jemanden suchte, der diese Idee bestätigte.
    Zuerst ging Maureen zu ihrer Freundin Ann und bat um eine Deutung ihres vergangenen Lebens. Doch Ann, die sich mit ihren New-Age-Vorstellungen zwar vor kurzem zur Wicca-Religion, nicht aber zur Reinkarnation bekannt hatte, erklärte, so etwas würde sie nicht machen. Das Einzige, was Ann derzeit deutete, waren Kopfbeulen und ein paar Astrologiekarten, und selbst das hatte sie erst unlängst zu ihrem Esoterik-Repertoire hinzugefügt.
    »Wieso willst du denn so eine Deutung?«, fragte Ann. Sie machte sich in letzter Zeit ziemliche Sorgen um Maureen, deren Verhalten in den vergangenen Monaten immer unberechenbarer geworden war. Sie vernachlässigte sowohl ihr Haus als auch ihr Kind für dieses Märchen, das sie einfach nicht abschließen konnte. Es basierte zwar auf einer wahren Geschichte, aber wie viele wahre Geschichten war es unvollendet, und Maureen hatte sich vorgenommen, das notwendige glückliche Ende für dieses Märchen zu liefern. Doch sie quälte sich seit Jahren damit, und Ann war mittlerweile der Meinung, dass nicht nur Maureen die Geschichte niemals fertigmachen würde, sondern dass höchstwahrscheinlich die Geschichte einfach Maureen fertigmachen würde.
    »Ich glaube, ich war Zylphia«, sagte sie eines Tages zu Ann, als sie im Laden waren. Zee blätterte währenddessen das Buch mit dem Titel 100 einfache

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