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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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sicher, in einem früheren Leben Zylphia Browne gewesen zu sein, war Zee deshalb nicht so beunruhigt, wie sie es hätte sein müssen.
    Blickt man auf eine Tragödie zurück, kann man häufig einen Punkt benennen, an dem sich alles ändert und ab dem es schneller auf den unvermeidlichen Höhepunkt zuläuft. Im Rückblick wurde Zee klar, dass dieser Moment für Maureen der Tag gewesen war, an dem sie angefangen hatte, über Reinkarnation zu reden. Ursprünglich hatte Zee gedacht, Maureen wollte damit sagen, wer sie ihrer Überzeugung nach in ihrem letzten Leben gewesen war, aber erst später wurde ihr klar, dass Maureen auch davon redete, wer sie wahrscheinlich in ihrem nächsten sein würde.
    »Die Menschen reinkarnieren in Gruppen«, erklärte sie Zee während der letzten Tage. »Du darfst also nicht verzweifeln, denn wir werden uns sehr wahrscheinlich an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit wiedersehen.«

16
    Am Dienstagmorgen kam die Ergotherapeutin. Jessina war gerade da und fütterte Finch. Auf seiner Hemdbrust waren Haferflocken verkleckert.
    »Kann er nicht alleine essen?«, fragte die Therapeutin.
    »Doch, schon«, sagte Jessina.
    »Dann sollte er das auch tun.«
    »Er mag es, wenn ich ihn so füttere, stimmt’s, Papi?«
    Finch brachte ein schwaches Lächeln zustande.
    Die Therapeutin wandte sich direkt an Finch. »Es ist wichtig, dass Sie das selbst machen. Sie müssen sich Ihre Fähigkeiten erhalten.«
    Sie notierte etwas, während sie durch das Haus ging, eher wie eine Maklerin als eine Frau mit einem medizinischen Beruf. Sie wies auf zwei weitere Stellen im Badezimmer hin, wo Haltegriffe angebracht werden mussten, einer in der Dusche neben dem, den Melville bereits befestigt hatte, und noch einer neben der Toilette. »Sie sollten den Sitz höherlegen«, sagte sie. »Versuchen Sie es mal bei Hutchinson in der Highland Avenue.« Sie schlug auch vor, dass sie sich ein Krankenhausbett zulegten. »Die kann man mieten«, sagte sie. »Wahrscheinlich kommt seine Versicherung dafür auf.« Zee folgte ihr zurück durch den Korridor. »In dem Gang hier brauchen Sie einen Handlauf.« Sie nahm den geneigten Boden und die schiefen alten Kieferndielen genauer in Augenschein.
    »Kennen Sie jemanden, der mir das einbauen könnte?«, fragte Zee.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ein örtlicher Schreiner sollte das hinkriegen. Und sehen Sie zu, dass Sie diese Zeitungsstapel loswerden. Bei Parkinson sind Stürze unvermeidlich, doch das hier ist geradezu eine Einladung.«
    Die Ergotherapeutin schrieb ihren Bericht und ließ Zee eine Durchschrift da. Sie verabschiedete sich von Finch, der sie ignorierte. Zee begleitete sie durch den langen Gang zur Eingangstür.
    »Eigentlich sollte er in ein Pflegeheim«, sagte die Ergotherapeutin.
    Zee war schockiert. »Ich dachte an eine Art Betreutes Wohnen.« In Back Bay, nicht weit von ihrer Wohnung, gab es ein nettes Wohnzentrum. Aber selbst das zog sie nur für einen Notfall in Betracht, nämlich wenn Melville nicht zurückkam und sie keinen anderen Ausweg fand.
    »Betreutes Wohnen wäre undurchführbar«, konstatierte die Therapeutin nüchtern. »Er ist inkontinent, und man muss ihm seine Medikamente geben. Vor ein paar Jahren vielleicht, aber jetzt nicht mehr.«
    Zee hörte den restlichen Anweisungen kaum zu. Sie wollte nur noch, dass die Therapeutin ging.
    »Sorgen Sie dafür, dass er jeden Tag duscht. Und sich anzieht. Ich habe vergessen zu fragen, ob er wunde Stellen hat.«
    »Mir sind noch keine aufgefallen«, sagte Zee.
    »Achten Sie auf seine Haut. Bei Inkontinenz besteht immer die Gefahr von Hautschäden. Und diese Hautschäden können die Patienten umbringen. Genau wie die Stürze.« Sie deutete noch einmal auf die Zeitungen.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Zee.
    Sie arbeitete den ganzen Nachmittag an den Zeitungsstapeln. Als Jessina Abendessen machte, beschloss Zee, hinunter zum Pier zu gehen, um noch ein paar Recyclingtüten zu holen.
    »Könnten Sie heute Abend etwas länger bleiben?«
    »Na sicher«, antwortete Jessina. »Ich habe ja sonst nichts zu tun.«
    »Ich weiß nie, ob Sie etwas ernst meinen oder ob Sie sarkastisch sind«, meinte Zee.
    »Ich bin nie sarkastisch«, antwortete Jessina.
    »Schon wieder. Ich komme einfach nicht dahinter.«
    Jessina lachte. »Gehen Sie. Lassen Sie sich Zeit. Ich kann ihm seine Tabletten geben und ihn ins Bett bringen, wenn Sie möchten.«
    Eigentlich durfte Jessina Finch die Tabletten nicht geben. Aber mit ihrer

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