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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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genügend Unternehmergeist entwickelt, um richtig Profit daraus zu schlagen. Die Hexen verhielten sich meistens unauffällig. Sie verkauften ihre Waren zwar gegen Bargeld, aber ihre Religion praktizierten sie im Stillen, als wären sie nie ganz sicher, ob ihr neuer, gehobener Status in dieser Stadt von Dauer sein würde. Schließlich hatten hier die Polizeiautos eine Hexe auf einem Besenstiel auf der Tür kleben und gaben gleichzeitig das Motto »Ditch the Witch« aus, um die weniger bekannte, aber in der Meinung vieler doch bedeutsamere Seefahrtsgeschichte von Salem zu propagieren.
    Bislang hatte diese Kampagne allerdings noch nicht gegriffen, genauso wenig wie der Vorschlag, die Anzahl der Spukhäuser pro Block zu begrenzen, ein Vorschlag, gegen den Mickey vehement eingetreten war, dem so viele davon gehörten.
    Zee begann ihre Suche nach Mickey in einem seiner vielen Spukhäuser. Zwei Sommeraushilfen vom Salem State College arbeiteten an der Empfangstheke, sie aßen gerade etwas von Wendy’s. Ihre künstlichen Narben sahen verstörend echt aus neben ihren Piercings und Tattoos von Purple Scorpion ein paar Häuser weiter. Hinter dem Trennvorhang drangen Schreie hervor, gefolgt von dämonischem Gelächter. Zee erkannte Mickey auf der Aufnahme. Eine Gruppe kichernder Touristen, die sich gegenseitig zu erschrecken versuchten, kam durch den Souvenirladen heraus.
    »Herrgott im Himmel, was war das denn!« Eine Frau in den Sechzigern gackerte nervös und schnappte nach Luft.
    Ein Mann mit einem weinenden Kind war weniger beeindruckt. »Das ist echt extrem da drinnen«, sagte der Mann. Das Kind, das seinen Vater nicht loslassen wollte, schien vor den Teenagern hinter der Theke ebenso große Angst zu haben. »Sie sollten eine Altersbeschränkung einführen. Stellen Sie ein Schild auf oder so was«, sagte der Vater. Als er den helleren Vorraum betrat, stolperte das Kind, und der Vater ließ es am Arm baumeln, bis es wieder richtig stand.
    »Weicheier«, flüsterte das tätowierte Mädchen.
    »Steht doch an der Tür.« Der Junge, der einen halben Frankensteinkopf mit Schrauben im Genick kleben hatte, zeigte auf ein Schild: DAS SCHRECKLICHSTE SPUKHAUS VON GANZ SALEM . Frankenstein langte nach den Pommes des Mädchens, und sie schlug ihm auf die Hand.
    »Ist Mickey da?«, fragte Zee. Sie kannte niemanden von diesen Jugendlichen. Mickey hatte jeden Sommer neue Leute.
    »Er ist im anderen Laden«, sagte Frankenstein.
    »Nein, das stimmt nicht. Er hat gesagt, er will zur Friendship «, sagte das Mädchen.
    »Entweder oder«, sagte Frankenstein.
    Zee bedankte sich und ging hinaus, als eine Schar von Touristen hineindrängte. Sie trugen allesamt rote T-Shirts mit dem Aufdruck: VORSICHT ! SONST RUFE ICH MEINE GEFLÜGELTEN AFFEN ! Zee schlängelte sich hindurch und überquerte die Straße vor dem silbernen Reisebus der Gruppe, um zum Pickering Wharf zu gehen.
    In der Ferne sah sie die Masten der Friendship , aber sie wollte zuerst bei Mickeys Laden vorbeischauen. Da erblickte sie ihre Tante Ann.
    Ann Chase stand im Eingang ihres Geschäfts, dem »Shop of Shadows«. Der Name bezog sich auf das Book of Shadows , eine bekannte Zeitschrift, die echte Hexen lasen, wegen der Zaubersprüche, Rituale und der Philosophie sowie den Rezepten für Kräuteraufgüsse und Tees. Ann war heute kostümiert, ihre schwarze Robe raschelte im frühen Abendwind. »Hallo, Hepzibah«, rief sie, als sie Zee entdeckte. »Ich hab schon gehört, dass du zu Hause bist.«
    »Hallo, Tante.« Lächelnd ging Zee zu ihr hinüber. Ann war nicht Zees richtige Tante, aber sie war Maureens beste Freundin gewesen. Zee sagte Tante zu ihr, so lange sie denken konnte.
    Sie umarmten sich.
    »Schön, dich zu sehen«, sagte Ann und betrachtete sie. »Ist ja schon eine ganze Weile her.«
    Zee dachte zurück. Es war über ein Jahr her. Wenn sie nach Hause fuhr, stattete sie immer Ann in ihrem Laden einen Besuch ab, aber beim letzten Mal war Anns Laden geschlossen gewesen. Auf einem Schild stand, sie sei wie viele andere auch über den Winter nach Süden geflogen.
    »Wie war’s denn in Florida?«, fragte Zee.
    »Wärmer als hier«, antwortete Ann lachend. Ernster fragte sie dann: »Wie geht es Finch?«
    »Nicht so toll.«
    »Ich habe gehört, er hat mit Melville Schluss gemacht.«
    »Gerüchte verbreiten sich schnell«, sagte Zee. Salem war eher eine kleine Stadt als ein Dorf, aber trotzdem wussten die Leute irgendwie immer über alle anderen Bescheid. »Weiß es Mickey?«,

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