Die Wiedergeburt (German Edition)
Heimatsiedlung hatte den Hünen beinahe ausg e zehrt.
Boldars Blick wanderte über den blauen Stahl von Nordars Schwert, von dessen Schneide Blut herabtropfte.
„Nun ist es deine Klinge“, flüsterte er. „Der Kriegsgott schmiedete sie einst auf dem Gipfel des eisernen Berges für mich. Du sollst wissen, dass er dem Schwert einen Namen gab, denn eine von Magie erfüllte Waffe hat i m mer einen Namen. Der Kriegsgott verriet diesen Namen nur mir, und ich will ihn an dich, der du mein Bezwinger sein wirst, nun weitergeben. Der Name deines Schwertes lautet: Kaerelys.“
„Kaerelys“, wiederholte Larkyen, und das Schwert in seinen Händen schien auf den Namen zu reagieren. Das Heft der Waffe vibrierte, und archaische Macht entlud sich knisternd in der warmen Luft.
„Nun ist das Ende gekommen“, sagte Boldar. „Ich h a be den Tod gebracht, ich werde den Tod empfangen.“
Und so stieß Larkyen ihm das Schwert Kaerelys in die Brust, und der Hüne fiel auf die Knie in das Blut seiner Frau und seines Kindes. In seinem Auge sah Larkyen das Leben erlöschen.
Larkyen konnte diese Macht nicht einfach der Leere des Todes anheimgeben. Er öffnete den Mund und nahm sich in einem tiefen Zug die Lebenskraft von Boldar der Bestie. Boldars Herz hörte auf zu schlagen, während se i ne Lebensenergie Larkyens Leib durchströmte. Seine Hand schloss sich fester um den Griff seines Schwertes. Dann trennte er Boldar den Kopf ab, ergriff ihn am Schopf und hob ihn hoch in die Luft.
„Es ist vollbracht“, flüsterte er.
Das Schwert Kaerelys in der einen, Boldars Kopf in der anderen Hand, trat Larkyen hinaus in die Siedlung. Längst war das Tageslicht einer Nacht voller Sterne g e wichen. Das Licht von Fackeln erhellte die Gassen der Siedlung. Da draußen waren viele Kedanier, die Larkyen nur ungläubig anblickten.
Keiner von ihnen aber wagte es, ihm zu nahe zu tr e ten.
Er sah viele Schwerter, Messer und Axtblätter, er sah Schilder und Rüstungen, die guten Schutz im Kampf g e ben würden. Er roch den Rauch der Schmiedefeuer und hörte das Klingen der Hämmer, die Eisen für den Krieg formten. Voll von Stimmen war die Nacht, voller Kam p fesrufe und Schmährufe gegen andere Völker, voller Preisungen des Kriegsgottes Nordar.
Wenn er Kedanien nun verließ, würde früher oder sp ä ter eine neue Lawine der Gewalt über die Steppen im S ü den hereinbrechen. Alles würde von vorn beginnen, und es würde keinen Frieden geben. Jeder in dieser Siedlung ha t te Boldar und seine Krieger unterstützt, und jeder trug seine Mitschuld an den Massakern, die in Majunay stat t gefunden hatten.
Die Worte von Tarynaar hatte er nicht vergessen, doch es war ihm nun egal, ob der Kriegsgott Nordar erzürnt sein würde.
Hier und jetzt musste alles ein Ende nehmen. In einem letzten Kampf würde das Ende seines Rachefeldzuges b e siegelt werden. Und Larkyen kämpfte.
Die Kedanier leisteten heftige Gegenwehr, und Lark y en bewunderte ihren Mut, doch sie alle waren nur Me n schen, die im Kampf gegen ein Kind der schwarzen So n ne stets unterliegen mussten. Jede seiner Bewegungen, jeder Stoß oder Tritt war von solch schrecklicher Kraft erfüllt, dass kein Kedanier Widerstand leisten konnte.
Er tötete alle in der Siedlung. Die Männer, damit w e der Waffen geschmiedet noch Kriege geführt werden konnten; und die Frauen, damit keine Nachkommen mehr geboren werden konnten, die Krieg und Gewalt säen wü r den. Er tötete sogar die Kinder, damit sie weder den Tod ihrer Eltern rächen noch zu Kriegern heranwachsen kon n ten.
Es dauerte lange, bis die Todesschreie der Kedanier in den schneebedeckten Weiten verhallt waren.
Dann ließ Larkyen das Schwert Kaerelys sinken und blickte hinaus in die Eiswüste. Schneeflocken tanzten in der Luft. Er war allein in der kedanischen Siedlung, und nur der Wind durchbrach immer wieder das anhaltende Schweigen.
Das war die Einsamkeit eines Kriegers. Eines Ma n nes, der alle Schlachten überlebt hatte und inmitten seiner gefallenen Gegner triumphierte – die Einsamkeit eines Rächers, der seine Rache bekommen hatte.
Vielleicht aber auch, so dachte Larkyen, die Einsa m keit einer Bestie …
Sein Werk war vollendet. Weder im Norden, noch im Osten der Welt gab es für ihn noch etwas zu tun. Nun wollte er seine Aufmerksamkeit auf den Westen richten, auf die Ufer des grauen Meeres, auf Kentar.
Der Weg dorthin war weit und würde viele Tage und Nächte dauern.
Die Welt barg viele Gefahren, und das Verderben
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