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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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konnte sein Gegenüber nur anstarren. Diese Fratze! Die Züge waren die eines Menschen – und zugleich vollkommen anders. Farblose Augen schimmerten hell im Dunkel der Nacht, und als der Mann die Lippen zu einem Lächeln verzog, entblößte er vier messerscharfe Reißzähne. Endlich fiel die Lähmung von Robert ab. Er machte kehrt und wollte davonlaufen, doch hinter ihm stand noch jemand. Robert hatte ihn nicht einmal kommen hören! Als sie ihn packten, überkam ihn die schreckliche Gewissheit, dass ihm nun dasselbe widerfahren würde wie den anderen Kindern. Einer der Männer zog ihn zu sich heran. Immer näher kamen die Fangzähne Roberts Hals.
    »Das reicht!«, drang eine tiefe, männliche Stimme durch die Dunkelheit seines Entsetzens. »Lasst den Jungen los!«
    Als die Männer – konnte man sie überhaupt als solche bezeichnen? – keine Anstalten machten, von ihm abzulassen, kam der Fremde näher. Ein Dreispitz bedeckte sein Haupt und verbarg seine Züge. Er hat nicht einmal eine Waffe! ,schoss es Robert durch den Kopf, dann jedoch erhaschte er einen Blick auf sein Gesicht. Er war einer von ihnen ! Darüber konnten selbst seine teuer anmutenden Gewänder nicht hinwegtäuschen. Scharfe Fangzähne, farblose Augen und die Hände zu todbringenden Klauen verkrümmt. Taumelnd wich Robert zurück, suchte nach einem Fluchtweg oder einem Versteck – irgendetwas, was ihn vor diesen Kreaturen schützen konnte. Doch der Fremde stürzte sich nicht auf ihn. Stattdessen griff er die beiden anderen an. Seine Klauen durchschnitten die Luft, und ehe Robert überhaupt begriff, dass er einen der Männer damit getroffen hatte, zerfiel dieser vor seinen Augen zu Staub. Er löste sich einfach auf! Plötzlich war nur noch ein Flirren in der Luft, als würde sie vor Hitze flimmern, ehe sich der Staub langsam zu Boden senkte. Von Grauen erfüllt, wich Robert zurück. Er stolperte über ein Holzscheit, fiel hin und schob sich weiter rückwärts. Gelähmt vor Furcht wusste er, dass er nicht die Kraft finden würde, aufzustehen und davonzulaufen. Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, kroch er hinter den Holzstapel, der an der Seite des Schuppens aufgeschichtet war, und schloss die Augen. Die Geräusche waren schrecklich. Fauchen, Knurren, Grollen. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten, doch seine Angst, nicht zu bemerken, wenn eine der Kreaturen näher kam, war zu groß. Kampflärm erfüllte die Luft. Einmal fiel scheppernd ein Eimer um. Bei jedem Laut zuckte Robert zusammen und zog sich weiter in sein Versteck zurück.
    Plötzlich war es still.
    Nur sein eigener angsterfüllter Atem war noch zu hören, dann ertönte wieder die tiefe Stimme von vorhin: »Du kannst jetzt herauskommen.«
    Natürlich kam er nicht heraus. Als er plötzlich beim Kragen gepackt wurde, riss er die Augen auf. Der Fremde mit dem Dreispitz zog ihn hoch und stellte ihn auf die Beine. »Du solltest bei Dunkelheit besser nicht mehr nach draußen gehen«, sagte er. »Dies ist kein sicherer Ort.«
    Robert, der noch immer nichts anderes tun konnte, als sein Gegenüber anzustarren, machte kehrt und floh ins Haus. Mit großen Sätzen hetzte er die Treppe hinauf in den Schlafsaal, warf sich auf sein Bett und zog sich die durchgescheuerte Decke über den Kopf. Am nächsten Morgen erwachte er in der festen Überzeugung, alles nur geträumt zu haben. Als er jedoch am Abend aus dem Fenster sah, erblickte er den Mann mit dem Dreispitz. Reglos stand der Fremde im Schatten des Schuppens, den Blick in die Nacht gerichtet. Jedes Mal wenn Robert hinaussah, war er noch immer da. Es dauerte drei Nächte, ehe er sich endlich zu ihm wagte.
    »Das waren keine Menschen.« Zögernd ging er auf den Fremden zu, bereit, jederzeit davonzulaufen.
    »Nein, waren sie nicht«, erklang die dunkle Stimme aus den Schatten. »Und es waren nicht die Einzigen ihrer Art, die hier die Nächte unsicher machen.«
    Robert blieb stehen. »Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Lucian Mondragon«, stellte sich der Mann vor und lupfte seinen Hut. »Doch viel mehr als das Wer sollte dich das Was interessieren.«
    In dieser Nacht hörte Robert zum ersten Mal in seinem Leben von Vampyren.
    Während der nächsten Wochen stand Lucian Mondragon jede Nacht im Schatten des Schuppens Wache. Keines der Kinder fand in dieser Zeit den Tod. Nach jenem ersten Gespräch vergingen erneut einige Tage, ehe Robert den Mut fand, noch einmal zu dem Mann zu gehen, von dem er nun wusste, dass er kein Mensch war.
    »Warum

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