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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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immer.

5
    Wieder in ihrer Unterkunft angekommen, zog sich Vladimir in seine Kammer zurück. Er verzichtete darauf, eine Laterne zu entzünden, und schürte lediglich das Feuer im Kamin, ehe er sich auf einem der unbequemen Holzstühle niederließ. Neben ihm auf dem Tisch lagen Alexandras doppelläufige Pistole, ihr Silberdolch und das Schwarze Kreuz. Etwas stimmte damit nicht. Sie hätten imstande sein müssen, den Vampyr zu töten, der Alexandra zu Hilfe geeilt war. Die Kugeln hatten die Bestie zwar getroffen, ihr aber nichts anhaben können. Sie war einfach weitergelaufen! Es waren nur normale Kugeln. Silber hätte den Vampyr getötet, davon war Vladimir überzeugt. Die Nähe des Kreuzes mochte ihn verwundbar machen, doch selbst dann war ihm mit gewöhnlichen Waffen nicht beizukommen. Einmal mehr verfluchte er sich für seine Nachlässigkeit. Warum hatte er darauf verzichtet, die Waffen mit Silberkugeln zu laden! Wir hätten auf alles vorbereitet sein müssen!
    Dieser Vampyr war in vielerlei Hinsicht anders als die Kreaturen, denen er bisher begegnet war. Vladimir hatte unmittelbar vor Alexandra gestanden, als der Vampyr in einem Hagel aus Scherben und Splittern durch das Fenster in den Raum gesprungen war. Seine Fratze war bar aller Menschlichkeit gewesen, die Augen farblos, Zähne und Klauen tödliche Waffen. Ein bedrohliches Grollen war aus seiner Kehle aufgestiegen, als sich sein Blick auf Vladimir gerichtet hatte. In diesem Augenblick hätte die Kreatur ihn töten können, stattdessen hatte sie ihn zur Seite gestoßen und mit einem einzigen Hieb Alexandras Fesseln durchtrennt. Ohne den Angriffen der Jäger Beachtung zu schenken oder sich von ihren Kugeln aufhalten zu lassen, hatte er sie hochgehoben und war mit ihr aus dem Fenster gesprungen.
    In all den Jahren hatte Vladimir nie etwas Derartiges erlebt. Niemals zuvor hatte eine dieser Kreaturen etwas anderes als ihre eigene, unheilige Existenz zu schützen versucht.
    Warum Alexandra?
    Auch wenn er ihr während der letzten Wochen und Monate das Leben zunehmend schwergemacht haben mochte, war sie doch immer ein Teil der Gruppe gewesen. Sie hatten sich oft gestritten, aber ebenso häufig hatten sie Seite an Seite gekämpft. Allein deshalb hätte er es nicht über sich gebracht, sie zu töten. Er hatte sie bedroht und geschlagen, als er jedoch schoss, hatte er an ihrem Bein vorbeigezielt. Abgesehen davon, dass sie lange Jahre zu seinen Wegbegleitern gehört hatte, war sie noch immer ein Mensch. Vladimir tötete keine Menschen. Die Prügel jedoch hatte sie verdient!
    Wenn sie nach all den Drohungen und einem Warnschuss noch immer geschwiegen hätte, wäre ihm keine andere Wahl geblieben, als sich mit seinen Gefährten zurückzuziehen und seine Vorgehensweise zu ändern.
    DU BIST ZU WEICH!, erklang eine volltönende Stimme.
    Vladimir sprang auf, nahm die Pistole vom Tisch und sah sich um. Woher war diese Stimme gekommen? Die Waffe im Anschlag schritt er langsam von einem Ende des Raumes zum anderen. Am Fenster hielt er inne, spannte den Hahn und riss die Vorhänge zur Seite. Dahinter starrte ihm das regennasse Fensterglas entgegen, an dem die Dunkelheit scharrend Einlass suchte. Vladimir fuhr herum und wandte sich dem Schrank zu. Die Dielen knarzten leise, als er darauf zuging. Er packte den Griff und zog daran. Unter lautem Quietschen schwang die Schranktür auf und offenbarte den Blick in die dahinterliegende Finsternis. Ein leises Lachen erklang, verhöhnte ihn und ließ ihn ein weiteres Mal herumfahren. Doch der Raum war noch immer verlassen.
    DORT WIRST DU NICHTS FINDEN, vernahm er die Stimme erneut, unüberhörbar amüsiert.
    Denke ich das? Doch es waren nicht seine Gedanken. Es war etwas anderes, was sich von außen einen Weg in seinen Geist zu suchen schien. Insgeheim verfluchte er sich dafür, keine Lampe entzündet zu haben. Jetzt, im flackernden Schein des Kaminfeuers, schien die Dunkelheit plötzlich greifbar zu sein. Tiefe Schatten duckten sich in die Ecken, lauerten vor den Wänden und unter der Decke und verbargen ein Geheimnis.
    DU MUSST SIE FINDEN UND TÖTEN! ALLE BEIDE!
    »Wer zum Teufel bist du?« Noch immer zuckte sein Blick von einer Seite zur anderen, auf der Suche nach dem Ursprung jener Stimme. Sie schien von überall zugleich an sein Ohr zu dringen. Im Raum war es kälter geworden. Trotz des Feuers im Kamin beschlugen die Scheiben, und Vladimirs Atem stieg in kleinen Wölkchen empor. » Was bist du?«
    DU WIRST ES BALD HERAUSFINDEN, MEIN

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