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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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um Reihe, bis sie das Regal komplett durchhatte. Nichts. Sie beschloss, den Bibliothekar danach zu fragen.
    Alexandra trat zwischen den Regalen hervor und ging zur Treppe. Vor der Brüstung hielt sie inne und spähte in den Raum, in dem der Bibliothekar zuvor seiner Arbeit nachgegangen war. Noch immer türmten sich unzählige Bücher auf den Tischen, doch der alte Mann stand nicht mehr an seinem Platz. Alexandra wollte schon nach unten gehen, um nach ihm zu suchen, als sie ihn sah. Er lag auf dem Boden, halb hinter einem der Tische verborgen. Blutig rote Strähnen färbten sein graues Haar, und unter seinem Kopf breitete sich eine dunkle Lache aus.
    Sie wollte nach Lucian rufen, als ihr Blick auf Vladimir und Gavril fiel, die zwischen den Regalreihen entlangschlichen. Gavril näherte sich Bothwell, während sich Vladimir ein paar Reihen weiter von links an Lucian heranpirschte. Ehe Alexandra einen Warnruf ausstoßen konnte, legte sich eine Hand über ihren Mund und erstickte jeden Laut.
    »Still«, zischte ihr Mihail ins Ohr, als er sie mit dem Rücken dicht an seine Brust zog und in die Schatten der Galerie zerrte.
    O Gott, flehte Alexandra. Dreh dich um, Lucian! Warum bemerkte er den Jäger in seinem Rücken nicht? Er musste ihn doch hören! Warum tat er nichts? Natürlich hörte er ihn. Er denkt sicher, es wäre einer der Studenten oder der Bibliothekar. Er rechnet nicht mit den Jägern.
    Sie wand sich in Mihails Griff, doch all ihre Gegenwehr prallte wirkungslos von ihm ab.
    Während sich Gavril langsam an Bothwell heranschlich, blieb Vladimir am Ende der Regalreihen stehen. Alexandra konnte nicht genau sehen, was er tat, doch sie glaubte zu erkennen, dass er einen Beutel aus seiner Manteltasche zog und auf den Gang trat. In einer weit ausholenden Bewegung verschüttete er den Inhalt des Säckchens. Ein graues Pulver schwebte durch die Luft und sank langsam zu Boden, wo es auf dem dunkelroten Teppich einen hellen, kaum erkennbaren Kreis bildete. Genau an einer Stelle des Ganges, die Lucian passieren würde, wenn er zu Bothwell wollte! Sobald das Pulver an seinem Platz war, zog sich Vladimir wieder in den Schutz des Regals zurück und griff nach seiner Pistole.
    Alexandra wollte Lucian warnen, doch Mihails eiserner Griff verhinderte, dass ihr mehr als ein gedämpftes »Mmpf« über die Lippen kam. Verzweifelt tastete sie nach dem Band, und als sie die vertraute, prickelnde Wärme spürte, schrie alles in ihr, Lucian möge sich endlich umdrehen! Tatsächlich hielt er in seiner Lektüre inne.
    Doch es war zu spät. Im selben Augenblick, als Lucian den Kopf hob, holte Gavril aus, schlug Bothwell nieder und zog sich sofort tiefer in das Labyrinth aus Regalreihen zurück. Der dumpfe Aufprall, mit dem Bothwell zu Boden ging, ließ Lucian herumfahren.
    Es kostete Alexandra unendliche Mühe, sich bewusst zu machen, dass die Jäger Lucian nichts anhaben konnten. Nicht, solange der Splitter nicht in ihrem Besitz war. Trotzdem wollte ihre Angst nicht weichen. Bei Vladimirs Anblick musste sie unweigerlich an den Schatten denken, der Lucian in ihren Albträumen verschlungen hatte.
    Lucian ließ seinen Blick von einer Seite zur anderen schweifen. Langsam näherte er sich Bothwell, während er sich noch immer wachsam umsah. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von Vladimirs grauem Pulverkreis, als seine Augen zur Galerie wanderten. Alexandra schüttelte warnend den Kopf, doch Mihail hatte sie tief in die Schatten gezogen, wo nicht einmal Lucian sie sehen konnte.
    Immer wieder kehrte sein Blick kurz zu Bothwell zurück, ehe er sich weiter umsah. Dann fielen seine Augen auf den Pulverkreis, keine drei Schritte entfernt, auf dem Teppich.
    »Alexandra«, rief er, ohne aufzusehen, und hielt inne. »Rühren Sie sich nicht vom Fleck, ich komme zu Ihnen!«
    »Du gehst nirgendwo hin!« Vladimir trat auf der anderen Seite des Kreises vor Lucian, die Pistole locker in der Hand. Ohne den Blick von ihm zu lassen, donnerte er: »Mihail! Zeig ihm die Jägerin!« An Lucian gewandt fügte er hinzu: »Ein kleiner Anreiz für dich, stillzuhalten.«
    Mihail packte Alexandra fester und schob sie zum Geländer am Rand der Galerie, wo Lucian sie deutlich sehen konnte.
    »In den Kreis mit dir«, befahl Vladimir. »Sonst ist sie tot.«
    Lucian fing Alexandras Blick auf, so durchdringend, als versuche er ihre Gedanken zu lesen. Es mochte nichts geben, das Lucian vernichten konnte, dennoch war Alexandra sicher, dass dieses Pulver eine Bedrohung für ihn

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