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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Haut fühlte sich kühl an, doch die eisige Kälte, die sie zuvor verspürt hatte, war gewichen. Ehe sie ihre Hand zurückzog, schob sie ihm das Haar aus dem Gesicht und strich ihm über die Wange. Eine Weile stand sie neben dem Bett und wachte über seinen Schlaf. Kein einfaches Unterfangen bei jemandem, der nicht atmete.
    Schließlich machte sie kehrt und wollte wieder gehen. An der Tür hielt sie inne und drehte sich noch einmal zu ihm um. Was, wenn er etwas brauchte und sie nicht in der Nähe war?
    Seufzend stellte sie die Lampe auf den Tisch zurück und umrundete das Bett. Lucian würde nicht einmal merken, dass sie hier war, und sie konnte sich zumindest für ein paar Stunden dem Gefühl hingeben, nicht länger allein zu sein. Vielleicht war es ein Fehler, ihm so nahezukommen, dennoch konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Obwohl ihr nicht gänzlich wohl dabei war, kroch sie unter die Decke. Zaghaft berührte sie eine Strähne seines Haars. Es fiel ihr schwer, die Wucht seiner Gefühle zu vergessen, die in der Bibliothek über sie hereingebrochen waren. Die Intensität machte ihr Angst, zugleich erfüllte es sie mit einer Wärme, die sie bisher nicht gekannt hatte.
    »Sie sind wirklich verrückt«, flüsterte sie.
    Als hätte er ihre Worte vernommen, drehte sich Lucian zu ihr herum und streckte die Hand nach ihr aus. Alexandra hielt den Atem an, als er den Arm um sie legte und sie an sich zog. Erst als sie dicht bei ihm lag, öffnete er die Augen. Sie wollte sich ihm entziehen, doch sie rührte sich nicht. Es war, als habe er sie mit seinem Blick gefesselt. Sein Kopf ruhte auf dem Kissen, sein Gesicht dem ihren ganz nah. Er sagte nichts, sah sie nur an. Dann hob er die Hand und strich ihr über die Stirn. Langsam wanderten seine Finger weiter, über ihre Wange und die Nase, ehe er seine Hand in ihrem Haar vergrub und sie auf die Stirn küsste.
    »Ich werde immer alles tun, um dich zu beschützen«, sagte er leise.
    Alexandra konnte ihn nur anstarren und hoffen, dass er nicht bemerkte, wie heftig ihr Herz hämmerte. Vollkommen reglos lag sie da, erfüllt von der Furcht, was er als Nächstes tun und ob sie es zulassen würde. Lucian zog sie noch enger an sich und hielt sie nur fest. Seine Berührung beruhigte sie und gab ihr zum ersten Mal seit sehr langer Zeit ein Gefühl der Geborgenheit.
     
    *
     
    Als Lucian im Morgengrauen erwachte, schlief Alexandra noch immer in seinen Armen. Sie zu spüren, gab ihm das Gefühl, selbst wieder lebendig zu sein. Ihre Wärme durchströmte und erfüllte ihn, als wäre es seine eigene. Er sog ihren vertrauten Geruch ein und wusste, wie süß ihr Blut schmecken würde, das so verführerisch durch ihren Körper rauschte. Als ihm bewusst wurde, welche Richtung seine Gedanken einschlugen, verschloss er seine Sinne vor der Verlockung. Womöglich war er doch das Tier, das sie in ihm sah. Umso mehr erstaunte es ihn, dass sie weder geflohen war noch ihn von sich gestoßen hatte.
    Als er sie vergangene Nacht neben sich vorgefunden hatte, war es ihm bereits besser gegangen. Die Wunden hatten sich geschlossen und der Schmerz war längst in Vergessenheit geraten. Einzig die Schwäche hatte ihm noch in den Gliedern gesteckt, doch auch sie war inzwischen von ihm gewichen.
    Wie oft hatte er sich in den ersten Jahrzehnten nach seiner Umwandlung gewünscht zu sterben. Was hatte er nicht alles versucht, doch nichts hatte es vermocht, das unheilige Leben aus seinem Körper zu reißen. Und nun, da er sie endlich gefunden hatte – jene Frau, die ihm den Tod bringen würde –, wünschte er sich nichts sehnlicher, als an ihrer Seite zu leben.
    Sobald Alexandra sich in seinen Armen regte, gab er sie frei und rückte ein Stück von ihr ab. Sie öffnete die Augen und sah ihn verwirrt an. Blinzelnd setzte sie sich auf und fuhr sich durchs Haar. Da fiel sein Blick auf die helle Narbe an ihrem Hals, halb unter dem Hemdkragen verborgen, neben dem hellroten Streifen, den Mihails Klinge dort hinterlassen hatte. Er beugte sich zu ihr, schob ihre Locken zur Seite und strich sanft mit dem Finger darüber. »Ein Vampyr?«, fragte er leise.
    »Viktor, mein Bruder«, erwiderte sie heiser und wandte den Blick ab. »Der Unendliche hat ihn umgewandelt. Ich sollte … er …«
    »Ihr Blut war sein Geschenk an Viktor.« Lucian hatte oft genug erlebt, welch perfides Spiel Andrej mit seinen Opfern trieb und wie er sich an dem Leid ergötzte, das er über Familien oder Liebende brachte. Manchmal war Lucian in der

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