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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Wechselgeld. Der Jäger schob es in seinen Mantel und griff nach den beiden Taschen. Dann verließ er mit einem kurzen Gruß die Pension.
    Robert fragte sich, ob er auf Vladimir warten solle, den er für den gefährlichsten der drei hielt. Doch was, wenn er längst nicht mehr hier war? Wenn er die Jäger jetzt verlor, würde es schwer werden, sie wiederzufinden. Er musste herausfinden, wo dieses Haus war, in dem sie sich einnisten wollten. Mit einem letzten Blick zur Treppe erhob er sich, knöpfte seinen Mantel zu und trat auf die Straße. Mit den Taschen in Händen war der Jäger leicht auszumachen. Robert setzte seinen Hut wieder auf, schlug den Mantelkragen hoch und folgte ihm.
    Gavril schien als Einziger noch bei Verstand zu sein. Zweifelsohne hieß er nicht gut, was seine Gefährten taten – und trotzdem würde er sie unterstützen. Es würde nichts helfen, an seine Vernunft zu appellieren, denn selbst wenn er willens wäre, diesen Wahnsinn zu beenden, würden seine Kameraden nicht auf ihn hören. Was auch immer geschehen mochte, Gavril würde das Schicksal seiner Gefährten teilen. Zum Guten oder zum Schlechten.
    Während Robert darauf achtete, ihn im schwindenden Tageslicht nicht aus den Augen zu verlieren, warf er immer wieder einen Blick über die Schulter. Die Vorstellung, Vladimir könne sich in seinem Rücken anschleichen, verfolgte ihn so hartnäckig wie die Nachwirkungen eines Albtraums. Doch sooft er sich auch umwandte, sah er niemand Verdächtigen hinter sich – nur vereinzelte Passanten, die es eilig hatten, noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu kommen.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie die Royal Mile. Gavril hielt sich rechts und folgte der gepflasterten Straße den Hügel hinunter. Die Richtung, die der Jäger einschlug, gefiel Robert ganz und gar nicht. Mit jedem Schritt wuchs das ungute Gefühl in ihm. Seine Befürchtung wurde zur Gewissheit, als Gavril vor ihm den Netherbow durchschritt. Die Jäger hatten sich ausgerechnet in Canongate ein Haus gesucht!
    Zu seiner Erleichterung schlug Gavril hinter dem Stadttor die entgegengesetzte Richtung zu ihrem neuen Unterschlupf ein. Dennoch waren die Männer entschieden zu nah.
    Er folgte dem Jäger, bis sie sich ein ganzes Stück von der Hauptstraße entfernt hatten, in eine Gegend, in der die großen Mietshäuser mit unzähligen, engen Wohnungen von schmalen Häusern abgelöst wurden, die in einer endlos scheinenden Reihe aneinandergebaut waren.
    Als Gavril endlich stehen blieb und ein niedriges schmiedeeisernes Tor öffnete, hinter dem ein kurzer Kiesweg zu einer Haustür führte, ging Robert mit geradeaus gerichtetem Blick an ihm vorbei. Schon nach wenigen Metern erreichte er eine Abzweigung. Robert bog in eine Gasse ein und blieb stehen, sobald er außer Sicht war. Vorsichtig spähte er um die Hausecke. Es war mittlerweile beinahe dunkel, sodass er die Augen zusammenkneifen musste, um noch genug sehen zu können.
    »Da bist du ja endlich!« Mihail kam aus dem Haus, als Gavril das Tor hinter sich schloss.
    Gavril warf ihm eine der Taschen zu. »Ist Vladimir schon da?«
    Mihail schüttelte den Kopf. »Er ist in der Kathedrale, um weitere Zutaten für dieses Lamienkraut weihen zu lassen«, erklärte er auf dem Weg zur Tür. »Morgen Früh nehmen wir uns das Haus vor, in dem der Unendliche seinen Unterschlupf hatte.« Er winkte Gavril mit einem Nicken ins Haus. »Ich zeige dir dein Zimmer, dann muss ich noch einmal los.«
    Mihail sagte noch mehr, doch seine Worte blieben im Inneren des Hauses, als er die Tür hinter sich schloss.
    Die Kathedrale! Dort war die Jägerin! Damit wäre zumindest ein Problem gelöst. Er konnte zu Lucian zurückkehren und ihm vom neuen Unterschlupf der Jäger berichten und darauf drängen, dass sie sich rasch ein anderes Versteck suchten. Niemand würde je erfahren, dass er – Robert – gewusst hatte, dass die Jägerin in Gefahr war. Aber würde er Lucian je wieder in die Augen blicken können? Alexandra Boroi mochte eine Bedrohung sein, doch hatte sie es deshalb verdient, zu sterben? Sie würde Edinburgh bald verlassen. Sobald sie fort war, musste er nur noch dafür sorgen, dass Lucian ihr nicht folgte. Obwohl er versucht war, sie in ihr Verderben laufen zu lassen, rannte er los.

11
    Alexandra zog einen Flügel des massigen Portals auf und betrat die Kathedrale von St. Giles. Fröstelnd klopfte sie sich den Schnee vom Mantel. Während sie sich noch dafür verfluchte, trotz der Kälte ihren Gehrock im Haus

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