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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Lucian ruhig. »Ich will kein Leben ohne sie. Es mag sein, dass sie mein Ende bedeutet, doch ich habe lange genug gelebt. Wenn sie mein Schicksal ist, soll es so sein. Aber vorher will ich jeden Augenblick mit ihr verbringen, der mir vergönnt ist.«
    Robert schnaubte. »Sie ist kalt wie ein Fisch!«
    »Ich spüre es, Robert! Alexandra und ich sind füreinander bestimmt.«
    »Was, wenn du das nur glaubst, weil sie dir so vertraut erscheint?« Robert betrachtete ihn voller Zweifel. »Du glaubst, sie zu kennen, doch es war nur ein Bild, das du all die Jahrhunderte gesehen hast, kein wirklicher Mensch. Die wahre Jägerin ist etwas vollkommen anderes! Das Einzige, was dich mit ihr verbindet, ist der Hass auf deinen Bruder.«
    »Nein!«, widersprach Lucian entschieden.
    Robert zog eine Augenbraue in die Höhe. »Was ist es dann?«, fragte er spöttisch. »Liebe?«
    »Es geht weit tiefer als das – sie ist meine Seelengefährtin.« Bisher hatte er es nur ein einziges Mal ausgesprochen, vor einigen Wochen, kurz bevor er Alexandra in der Kapelle von Rosslyn zurückgelassen hatte. Die Worte entsprachen der Wahrheit, doch damals hatte er sie zwischen ein paar wenig ernst gemeinte Sätze verpackt. Er war nicht einmal mehr sicher, warum er es gesagt hatte. Ein Teil von ihm hatte sie aufziehen wollen, während ein anderer Teil sehen wollte, wie sie darauf reagierte. Seine Worte hatten sie erschreckt. Wie alles sie erschreckt, das etwas mit Nähe zu tun hat.
    »Wirst du es ihr sagen?«, durchbrach Robert seine Gedanken.
    »Dass sie meine Seelengefährtin ist?«
    »Dafür hältst du sie.« Robert schüttelte den Kopf. »Ich meine die Prophezeiung. Wirst du ihr davon erzählen?«
    »Nein.«
    Ehe Robert noch etwas erwidern konnte, hatte Lucian kehrtgemacht und war in die Küche gegangen.
    Womöglich war es tatsächlich das Beste, wenn sie die Stadt bald verließ. Solange sie in der Nähe war, würde es ihm niemals gelingen, die Hoffnung aufzugeben, sie könne ihn eines Tages doch lieben. Oft genug vergaß er darüber, wie schmerzlich sein Anblick für sie sein musste.
    Lucians Blick wanderte zum Fenster. Obwohl er nur wenige Wochen in Lauriston House verbracht hatte, war es ungewohnt, plötzlich nicht mehr auf das weitläufige Anwesen, sondern auf die Umrisse anderer Häuser vor dem Fenster zu blicken. Draußen kroch bereits die Dämmerung heran. Alexandra sollte längst zurück sein! Die Vorstellung, dass sie sich nach Einbruch der Dunkelheit allein in der Stadt aufhielt, gefiel ihm nicht. Das war natürlich lächerlich, denn sie war all die Jahre ohne ihn ausgekommen. Jahre, in denen nicht Menschen, sondern Kreaturen mit übernatürlichen Kräften ihre Gegner gewesen waren. Sie kann auf sich aufpassen , versuchte er sich zu beruhigen. Nicht umsonst hatte er ihr seine Waffen gegeben.
    Er lauschte dem regelmäßigen Ticken der Standuhr, das vom Flur an sein Ohr drang. Mit jedem Schlag wuchs seine Ungeduld. Was hielt ihn im Haus? Alexandras Angst wegen des Lamienkrauts? Obwohl er noch immer nicht wusste, wie die Jäger in den Besitz der uralten Rezeptur gekommen waren, machte er sich keine großen Sorgen. Jetzt, da er um das Kraut wusste, würde er auch einen Weg finden, es zu meiden. Noch einmal würde es den Jägern nicht gelingen, ihn damit in eine Falle zu locken.
    Er ging in den Flur, schlüpfte in seinen Mantel und zog sich den Dreispitz tief ins Gesicht. Auf diese Weise würden ihn die Jäger zumindest nicht schon von Weitem erkennen.
    Als er vor die Tür trat, hatte die Dunkelheit Canongate erreicht. Dicke Schneeflocken trieben durch die Luft, sanken langsam zu Boden und bedeckten das feucht schimmernde Kopfsteinpflaster mit einer zunehmend dichter werdenden weißen Schicht. Er hatte den Netherbow noch nicht lange hinter sich gelassen, als er Schritte vernahm. Würde einer der Jäger ihm derart auffällig folgen? Er warf einen Blick zurück. Doch es war keiner von Alexandras ehemaligen Gefährten, der hinter ihm die Straße hinaufeilte, sondern Robert.
    »Ist etwas passiert?«
    »Einer der Jäger ist auf dem Weg nach St. Giles«, rief Robert außer Atem.
    Mehr musste Lucian nicht hören. Er rannte los.
     
    *
     
    Alexandra drückte die Tür hinter sich zu, hängte das Vorhängeschloss wieder ein und ließ den Bügel einrasten. An der Tür zum Altarraum hielt sie inne und spähte nach draußen. Der Pfarrer kniete nicht mehr hinter dem Altar. Sie ließ ihren Blick tiefer in den Kirchenraum wandern. Am anderen Ende des

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