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Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Titel: Die Wiederkehr des gefallenen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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verzerrter Schattenriss ihrer selbst. Kahlköpfig, mit tief in den Höhlen liegenden Augen, platter Nase und einem Echsenmund war sie schlichtweg hässlich. Sam war schlank geblieben, hochgewachsen, fast menschlich mit normalen Händen und Beinen, sah er sie aus zugekniffenen Augen an, blickte ihr direkt in die Augen. Sein Gesicht war lederartig, die Wangen eingefallen, das schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, schmale Lippen und nach wie vor mit einem nachdenklichen Ausdruck auf seinem Gesicht. Trotz ihrer scheinbar aussichtslosen Lage spürte Lara bei Sams Anblick ein wenig Trost, ohne dass sie sagen konnte, warum.
    Die beiden dunklen Engel stellten sich Rücken an Rücken.
    Beknathar hob die Hand und sprach uralte Worte der Finsternis. Die Luft um sie herum begann zu flimmern. Kein Mensch würde das nun folgende Geschehen beobachten können. Nakamesh hatte einen Zwischenraum erschaffen, in dem die Zeit einem anderen Rhythmus folgte, sodass sie für Beobachter unsichtbar wurden.
    »Ihr werdet alle sterben«, sagte er ruhig.
     
    Damian erschien unweit von Laras Haus und blickte auf eine irrwitzige Szene. Ein Dutzend Dämonen standen zwei dunklen Engeln gegenüber und es schien nur eine Frage der Zeit, bis ein Kampf zwischen ihnen ausbrechen würde. Im Türrahmen des Hauses nahm ein Krieger Stellung ein. Er trug eine rote Rüstung und sein Schwert schien aus rotem Licht zu bestehen. Damian hatte noch nie einen gefallenen Engel wie ihn gesehen. Weißes Haar, ein noch bleicheres Gesicht als die anderen und dämonische Augen. Er sah wie ein Bastard aus. Eine Kreuzung aus gefallener Engel und Dämon vielleicht? Aber wie konnte das sein.
    Unvorstellbar.
    Als Damian das Gesicht betrachtete, erkannte er Ben darin. Darum also hatte er immer ein seltsames Gefühl in seiner Nähe gehabt. Ben war kein Mensch. Er war …
    Asiszaar, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn man sich anstatt der weißen Haare schwarze vorstellte, sah man Asiszaar vor sich. Die rituellen Narben, die sich der Höllenkrieger selbst zugefügt hatte, fehlten, aber es war das gleiche Gesicht, die gleiche Körperhaltung und die gebogene Klinge sprach für sich selbst.
    Asiszaar hatte sich mit einer Menschenfrau gepaart und diesen Bastard gezeugt, der sich nun anschickte, gemeinsam mit Dämonen zwei dunkle Engel anzugreifen.
    Damian veränderte seine Position, um besser sehen zu können. Die Hecke des Grundstücks verbarg ihn zwar vor den Blicken, aber er musste aufpassen, dass sein Kopf nicht sichtbar wurde. Als er einen Schritt zur Seite trat, erkannte er zu seinem Entsetzen, dass Ben Lara an den Haaren gepackt hielt. Sie lag zu seinen Füßen, nur halb aufgerichtet. Sie lebte, denn Damian sah, wie sie ihre Lippen bewegte. Was sie sagte, konnte er nicht hören.
    Zorn flammte in ihm auf. Am liebsten hätte er sich sofort auf Ben gestürzt, aber eine innere Stimme sagte ihm, dass es nicht klug wäre und er sinnlos sterben würde. Es galt, Lara zu helfen, also war es nur richtig, wenn er Vorsicht walten ließ und erst einmal beobachtete, wie sich die Dinge entwickelten. Akut drohte Lara keine Gefahr. Ben, die Dämonen und die gefallenen Engel waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Alle hatten inzwischen Kampfstellung eingenommen und es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie sich aufeinander stürzen würden.
     
    Sam betrachtete die Szene und wurde immer verwirrter. Er hatte seine dämonische Gestalt angenommen, aber er war nicht bereit zu kämpfen. Weder sein Herr dort im Türrahmen noch die gefallenen Engel mit ihren bedrohlichen, gebogenen Klingen interessierten ihn, seine Aufmerksamkeit galt allein Lara. Er sah auf sie hinab. Sah, wie Tränen des Schmerzes und der Verzweiflung über ihre Wangen liefen, und dieser Anblick berührte etwas in seinem Inneren. Tief, ganz tief, dort, wo es noch etwas Menschlichkeit in ihm gab, fühlte er Verbundenheit mit dem Mädchen.
    Sie erinnerte ihn …
    … aber an was?
    Er konnte es nicht greifen, nicht einmal verstehen, warum er überhaupt darüber nachdachte. Warum war er nicht wie die anderen der Horde, die den Kampf und den Tod liebten? Sie alle waren Jäger und ihre Erfüllung war es, die Beute zu hetzen und zu erlegen, aber er empfand keine Freude bei dem Gedanken daran, anderen Wesen Schmerzen zuzufügen.
    Er trug den dämonischen Namen Xam’al, aber er hatte diesen Namen nie als seinen richtigen anerkannt. Auch mit dem Menschennamen Sam verband er nichts. Er war keiner von beiden, er war

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