Die Wiederkehr des gefallenen Engels
den am Boden Liegenden.
»Ist er tot?«
Beknathar schüttelte den Kopf. »Bewusstlos.«
»Du hast ihn nicht getötet?«, fragte Nakamesh überrascht.
»Er ist kein Krieger, nicht wert, Mühe an ihn zu verschwenden.«
Nakamesh schaute sich um. In unmittelbarer Nähe waren keine Menschen und es schien auch niemand den Vorfall mitbekommen zu haben. Er bückte sich, hob den Jungen hoch und setzte ihn so an eine Wand neben den Aufzug, dass es aussah, als schliefe er. Kein ungewöhnlicher Anblick in einer Großstadt wie Berlin.
»Warum tust du das?«, fragte Beknathar.
»Wir wollen keine Aufmerksamkeit erregen.«
Nakamesh erhob sich und kam zu ihm herüber. »Glaubst du, dass sie noch kommen?«
Beknathar sah die nun leeren Bahnsteige entlang. »Nein, entweder sie haben den Zug nicht genommen oder wir haben sie verpasst. Ich dachte für einen Moment, ich habe das Mädchen gesehen, aber es war eine Täuschung.«
»Denkst du …«
Da unterbrach ihn eine bekannte Stimme. »Sieh mal einer an, wen wir da haben.«
Beknathar wandte sich um. Vor ihm stand Ben, neben ihm der weibliche Dämon. Beide wirkten, als wären sie gerannt. Ihr Atem ging stoßweise, die Gesichter waren trotz der Kälte gerötet.
Ben warf einen Blick auf den bewusstlosen Jungen, der mit dem Rücken an der Wand lehnte.
»Was ist denn mit dem da passiert?«, wollte er wissen.
»Wo sind sie?«, fragte Beknathar, ohne auf die Frage einzugehen.
»Damian? Lara?«, antwortete Ben. »Ich dachte, ihr könnt mir das sagen.«
»Sie sind nicht eingetroffen.«
»Müssen sie aber«, beharrte Ben. »Wir haben sie in Stuttgart verpasst und auch jetzt waren wir zu spät.« Er warf Jessi einen wütenden Blick zu.
»Was?«, fragte diese. »Ich bin so schnell gefahren, wie ich konnte.«
»Nicht schnell genug.«
»Dann haben wir sie verloren«, stellte Nakamesh ruhig fest. »Sie sind jetzt in einer großen Stadt. Es wird schwer sein, sie wiederzufinden.«
»Wo können sie schon hin?«, meinte Ben. »Wahrscheinlich verstecken sie sich irgendwo. Es sind noch über dreißig Stunden bis zum Ritual, sie brauchen eine Unterkunft für die Nacht. Also werden wir sie in einem Hotel oder einer Pension finden.«
Beknathar dachte darüber nach. Was der Junge sagte, klang logisch.
»Gut, was sollen wir tun?«
Ben grinste ihn an. »Im Augenblick? Nichts. Das Wild ist aufgestöbert und auf der Flucht. Die Situation muss sich zunächst beruhigen. Lara und Damian sollen glauben, dass wir ihre Spur verloren haben. Wenn sie anfangen, sich sicher zu fühlen, werden sie Fehler machen. Dann können wir zuschlagen. Wir werden sie finden.«
Du willst dieser Made tatsächlich folgen?, fragte Nakamesh unhörbar.
Vielleicht führt er uns zu Lara, vielleicht auch nicht. Dieser Junge ist schlau, es ist gut, ihn im Auge zu behalten.
Beknathar spürte Nakameshs Ärger über diese Entscheidung. Bleib ruhig, mein Bruder. Nicht mehr lange und der Junge gehört dir.
»Dann mal los«, sagte Ben forsch.
Beknathar fluchte stumm. Wenn dieser Junge weiter so respektlos war, würde Nakamesh ihn töten, ohne dass er es verhindern konnte.
Berlin. Ein schwerer Himmel thronte über der Stadt, als sie das Bahnhofsgebäude verließen. Sie hatten sich an einem Imbiss belegte Brötchen gekauft und aßen im Gehen. In der Hauptstadt lag kein Schnee und es schneite auch nicht, aber es war unangenehm kalt. Ein eisiger Wind fuhr ihnen durch die Glieder.
So schnell wie möglich verließen sie die Nähe des Bahnhofs und gingen die Straße entlang. Sie hatten schon etwas Abstand zwischen sich und den Bahnhof gebracht, als sie eine Gruppe Jugendlicher passierten. Neun Personen. Jungs und Mädchen. Eines der Mädchen starrte sie an, als sie vorbeigingen.
»Wohin sollen wir jetzt?«, fragte Lara, nachdem sie die Jugendlichen hinter sich gelassen hatten.
»Ich würde vorschlagen, wir suchen uns ein kleines, unauffälliges Hotel und verstecken uns bis morgen Abend.«
»Ich würde gern das Haus meiner Großeltern wiedersehen.«
»Zu gefährlich. Dort würde man uns zuerst suchen.«
»Ja, ich weiß. Es war ja auch nur ein Gedanke.«
Er dachte nach. »Vielleicht können wir später hin, aber zunächst sollten wir untertauchen. Wenn Ben vermutet, dass wir nach Berlin gefahren sind, wird er uns folgen und versuchen, die Spur am Bahnhof aufzunehmen.«
»Hast du etwas bemerkt?« Lara blickte sich vorsichtig um.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber das muss nichts heißen.«
»Wir haben sie in
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