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Die Wiege des Bösen

Die Wiege des Bösen

Titel: Die Wiege des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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übergeben. Die Übelkeit war allumfassend. Von den Lorvanern war Calutt, der Schamane, der einzige, der mit stoischer Ruhe auf dem Boden hockte. Aber auch sein Gesicht war von schneeiger Weiße. »Ich werde hier auf diesen Planken sterben…noch in dieser Stunde…«
    Maer O’Braenn grinste mitfühlend. »Alstaer würde sagen: Das ist einer der vielen Nachteile des fleischlichen Daseins. Die Finsternis ist über solche Qualen erhaben…!«
*
    Am späten Nachmittag riß der Himmel auf. Der Sturm ließ nach. Die Wogen glätteten sich. Das Schiff schnitt mit schwach geblähten Segeln durch die Dünung des Meeres der Spinnen.
    Als die untergehende Sonne zwischen den Wolken hervorbrach und die Männer sich orientieren konnten, mußten sie erkennen, daß sie weit vom Kurs abgetrieben worden waren. Der Gedanke, sich so tief im Meer der Spinnen zu befinden, war nicht angenehm, und wenn auch die meisten den Ungeheuern dieses Meeres noch nicht selbst gegenübergestanden hatten, so hatte doch jeder Bericht von den mörderischen Kämpfen anderer Schiffsbesatzungen gehört. Die Caer, Goatins Schar, selbst die gefangenen Lorvaner kamen an Deck.
    Sie alle starrten über das Meer, das in der Abendsonne wie Blut aussah.
    »Kennst du diese verdammten Gewässer?« fragte O’Braenn den Priester.
    Der zuckte nur die Schultern. »Wer kennt schon das Meer der Spinnen, Ritter?«
    »Nicht nur die Lebenden fürchten es«, sagte Dilvoog und schöpfte aus Callouns Wissen. »Die Kreise der Finsternis finden darin ein Ende. Der Schatten Nomcuses und der Corubes, selbst der Aescylas endet darin. Das Meer der Spinnen ist so voller Leben, daß es Orte in seinen Weiten gibt, an denen die Finsternis alle Macht verliert und jeder Zauber bricht.«
    Alstaers Gesicht wurde bleich. »Calloun, weißt du nicht, welchen Verrat du begehst, diese Geheimnisse…?«
    Dilvoog unterbrach ihn grinsend: »Das kommt darauf an, auf welcher Seite man steht…«
    »Willst du damit sagen…?«
    »Noch ist Zeit zur Umkehr.«
    »Du Narr…! Ich werde…« Er hob beschwörend die Hände. Die Gianten, die in unmittelbarer Nähe Dilvoogs standen, setzten sich in Bewegung und hoben ihre metallenen Arme, um nach ihm zu greifen. Aber dann hielten sie inne, und Dilvoog lachte.
    »Wo hast du deinen Verstand, Priester? Alles, was du zu beschwören vermagst, gehorcht auch mir. Und es ist nicht viel. Erst die, deren Gesicht wie Glas ist, besitzen wirkliche Macht. Aber sie haben sie über alle Vernunft bezahlt, denn sie sind von der höchsten Form des Lebens zur niedersten Form der Finsternis geworden.«
    »Calloun, dein Frevel ist ohne Maß«, erwiderte Alstaer mit zitternder Stimme.
    Dilvoog lachte, und es kam schrill und erschreckend unmenschlich aus Callouns Kehle, daß selbst O’Braenn und Nottr einen kalten Schauder spürten und sich fragten, wie menschlich Dilvoog wirklich geworden war.
    »Ihr Götter!« rief Barynnen vom Bug her. »Sie kommen! Sie kommen aus der Tiefe…! Oh, ihr Götter…!« Seine Stimme überschlug sich.
    »Hier auch!« schrie Urgat mittschiffs an der Reling. »Tasman und Imrirr!« Er wandte sich grimmig zu O’Braenn. »Genug des Spieles jetzt! Gebt uns unsere Waffen, oder müssen wir nackt vor die Augen unserer Götter treten?«
    Aber die Caer hatten die Waffen bereits zur Stelle.
    Die ersten schuppenhäutigen Füße scharrten über die Bordwände hoch und krallten sich in die Reling. Das Wasser um das Schiff schäumte und brodelte von wilder Bewegung. Vieläugige Köpfe und triefende, schuppige Leiber schoben sich hoch. Mit scharfen Zähnen bewehrte Mäuler öffneten sich. Da und dort schnellten klebrige Taue über das Deck.
    »Es sind die Spinnen!« schrie jemand. »Das sind die gefährlichsten…!«
    Dann waren die Gianten an der Reling, und diesmal bedurften sie keiner Lenkung. Sie taten das, wofür sie geschaffen waren: sie kämpften gegen Leben.
    Ihre metallene Haut vermochte Klauen und Kiefern zu widerstehen, und selbst die drei, vier, fünf Mann langen, fingerdicken Webschlingen, die zwischen den Beinen der Spinnen hervorschnellten, fanden an der schimmernden Wehr keinen Halt. Aber ihre Keulen zertrümmerten Schädel, und ihr Klingen sandten die meisten der Angreifer sterbend ins Meer zurück.
    Doch die See kochte in weitem Umkreis von Leibern und Beinen, und aus den blauschwarzen Tiefen kamen immer neue Ungeheuer. Manch einer der Gianten fiel ringend in die Fluten und sank mit seinem sterbenden Gegner hinab. Es war ein gewaltiger Kampf

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