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Die Wiege des Bösen

Die Wiege des Bösen

Titel: Die Wiege des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Leben kämpfen?« Purer Unglaube war in seiner Miene.
    Calloun nickte nur. »Er war in mir. Er hat mich berührt, aber er hat meine Seele nicht versiegelt.« Er tastete vorsichtig über sein Gesicht und atmete erleichtert auf, als es weich und lebendig war – ohne die gläserne Starre der oberen Priester, die bereits ihren Dämonen verschworen waren. »Ich bin sein Werkzeug. Er will keinen Altar, keine Opfer. Er will nur meine Kraft für diesen Kampf, den ihr führt.« Er sah O’Braenn und Nottr offen an. »Nehmt ihr einen wie mich?«
    O’Braenn nickte nach einem Augenblick des Zögerns. »Jeder ist uns willkommen, der mit uns sein Leben wagen will.«
    »Wo ist Dilvoog?« unterbrach ihn Nottr ungeduldig.
    »Ich weiß es nicht. Er hat mich verlassen…«
    »Verlassen?« rief Trygga.
    »Ihr alle kämpft gegen…?« entfuhr es Alstaer. »O Sathacion! Sathacion!« kreischte er mit beschwörend erhobenen Fäusten. »Hast du nicht auch diesen Frevel gehört? Duldest du ihn? Oder gibst du deinem unerschütterlichen Diener die Macht, deine Feinde zu vernichten? Sathacion, meine Seele ist offen für deinen dunklen Geist!« Sein Gesicht verzerrte sich. Er setzte zu einem erneuten Ruf nach der Finsternis an, doch Calloun entriß Urgat die Axt und enthauptete Alstaer mit einem einzigen Hieb, bevor ihm einer in den Arm fallen konnte.
    Doch keiner versuchte ihn zu hindern. Sie waren alle zu verwirrt. Zuviel war geschehen, das ihr Verstand nur schwer begreifen konnte.
    »Sathacion ist der Dämon, zu dem er betet und dessen Tempel in Elvinon stehen. Aber da ist nichts zu befürchten. Worte genügen nicht, um einen Dämon zu rufen. Und mehr wird er nicht mehr versuchen. Die wirkliche Gefahr liegt vor uns. Egal, wo wir an Land gehen, Parthan wird davon erfahren. Er ist einer der obersten, einer des Priesterrates, der seiner Allerhöchsten Würdigkeit untersteht…«
    »Ich kenne ihn«, sagte Nottr.
    »Dann weißt du auch, wie man ihn nennt? Den Priester mit den blutigen Händen.«

4.
    Quatoruums Tempel erhob sich am Rand der Ebene der Krieger, am Fuß der östlichen Hänge, die sich zu den Küstenbergen auftürmten. Er war im letzten Jahr aus großen Blöcken gefügt worden, die aus den Eingeweiden der Berge gebrochen worden waren. Der Stein war von einer beinernen Bleiche. Das Bauwerk glich einem bis zu den Augenöffnungen in der Erde vergrabenen Totenschädel, über dem Türme und Zierrat wie zu einem knöchernen Priesterhelm aufragten.
    Der Eindruck, den es jedem Lebenden sofort vermittelte, war der des Todes.
    Doch dem Tod war der Eintritt in dieses Monument der Finsternis verwehrt. Die Lebenden, die es betraten, ob freiwillig, oder dazu verdammt, fanden alle Formen der Hölle, aber keinen Tod.
    Der Tempel war nicht nur das Haus eines Dämons, auch Parthan bewohnte es mit einem Dutzend niederer Priester und Akolythen, die ihm mit sklavischer Ergebenheit dienten. In den fahl schimmernden Hallen kroch schwarzer Nebel über den Boden, und der Stein war trunken von Finsternis. Der hier eintrat und in diesen dunklen Gebilden wandelte, dessen Verstand würde nie wieder frei sein von uralten Ängsten, grauenvollen Ahnungen und schrecklichen Gewißheiten.
    Doch Parthan und seinesgleichen waren längst frei von solchen Ängsten. Ihre Ahnungen waren, längst Gewißheiten und hatten alle Schrecken verloren. Parthan hatte den erstrebenswerten Zustand der Besessenheit längst erreicht. Er pflegte es »Erfülltsein mit Allmacht« zu nennen, und es störte ihn nicht, daß diese Allmacht nicht ihm gehorchte, sondern sich seiner bediente – vielleicht, weil es genug andere gab, über die er Macht besaß, oder die er nach eigenem Gutdünken zerbrechen konnte.
    Nun lag er in seinen Gemächern in einem der Türme, sein Leib entblößt vom Mantel der Priester, der Haut der Macht, wie er ihn nannte. Auch den Helm pflegte er abzunehmen, wenn er ruhte, und die silberrote Maske lag griffbereit neben ihm auf einem kleinen Tisch. Sein kurzgeschorenes rotes Haar bekam kaum jemand zu Gesicht, und seine Züge waren für immer erstarrt unter der gläsernen Haut der Erwählten. Auch ohne die Maske wäre seine Miene schwer zu deuten gewesen. Wut und Hohn, seine häufigsten Gefühle, waren seiner Stimme deutlich genug zu entnehmen, daß es keinen Zweifel geben konnte. Doch sonst war schwer abzuschätzen, was in ihm vorging, oder was er ausbrütete.
    Er war von wenig beeindruckender Größe, und viele hatten den Fehler begangen, ihn zu unterschätzen. Es gab

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