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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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Einfahrt zur grünen Wiese stehen bleibt. »Wow, du hast ja ein kleines Hinterhof-Paradies.«
    Kann ihre Worte nur bestätigen. Obwohl Obstbäume, Gemüsebeete und Kräuterballen sich noch vehement an ihren Winterschlaf klammern und ihre wahre Pracht, die sie bald entfalten werden, nicht erahnen lassen.
    »Es riecht so gut nach Wald. Und wie ruhig es bei dir ist.« Anscheinend leidet sie genau wie ich unter dem Straßenlärm. Die einspurige Lerchengasse ist zwar nicht stark befahren, aber der Durchzugsverkehr wächst beständig und nervt. Vor allem wird hier gern nach Parkplätzen gesucht. Mit viel Standgas, langwierigem Vor- und Zurückfahren, gerne den Motor etwas länger laufen lassen, als könnten Autofahrer sich nur schwer vom Motorengeräusch ihres Boliden trennen.
    »Sogar Amseln hört man«, ist sie begeistert. Berta macht einen Rundgang durch meinen Garten, als wäre sie hier zuhause. Sie betrachtet jedes Gewächs und auch die Stellen, die noch brachliegen. Weihe sie in meinen diesjährigen Bepflanzungsplan der Beete ein, was sie scheinbar interessiert. »Ein Ort zum Wohlfühlen«, sagt sie, was mir schmeichelt, mich aber überrascht. Denn ihre Worte passen eher zu Toni, als zu Bertas sportlicher Sachlichkeit.
    »Aber die alte Platane in deinem Hof ist doch auch schön«, möchte ich auch ihrem Wohnbereich Qualität zusprechen, worauf sie mich prüfend anschaut. Sie hält mich mit ihrem Blick fest. Hinter ihren Pupillen kann ich Gedanken rattern sehen, als liefen sie durch ein Computerprogramm. Sie überlegt, woher ich ihren Hof kenne. Dann erinnert sie sich, dass ich in ihrer Wohnung war und dabei ihren Hof gesehen habe. Plötzlich entspannt sich ihr Gesicht wieder.
    »Aber von der hab ich nicht viel«, ist der Abschluss ihres Denkprozesses. »Und was ist das?« Sie deutet auf mein Holzhäuschen. Erkläre ihr das Prinzip der Komposttoilette.
    »Aha«, meint sie. Überlege, ob ich ihr meine Theorie zum Sinn des Lebens nahebringen soll. Befinde, dass es dafür doch noch zu früh ist und umfassende Erläuterungen zu einem späteren Zeitpunkt besser angebracht sind. »Deshalb der Waldgeruch und die hohe Bodenqualität«, ist das Einzige, was ich zu diesem Themenbereich sage. Komposthaufen, Wurmfabrik und Grauwassersystem werden nur nebenbei erwähnt. »Toll«, sagt sie, »ist zufällig noch eine Wohnung frei?« Die Frage, die mehr Kompliment als Informationseinholung ist, beantworte ich mit: »derzeit nicht«.
    Wir setzen uns auf die Holzbank. Die Pergola steht winterschwarz hinter uns, die Glyzinie zu ihren Füßen ist ein brauner, kahler Ballen aus Zweigen. Berta atmet tief durch und streckt ihre Beine von sich. Sie verschränkt ihre Arme hinter dem Kopf, als wolle sie ein Sonnenbad nehmen. »Wirklich schön hast du’s hier.«
    Freue mich, dass sich Berta wohl fühlt. »Deshalb geh ich auch selten weg von hier«, rutscht es mir über die Zunge. Bin mir bewusst, dass diese Worte gegen mich verwendet werden können. Aber Berta macht davon keinen Gebrauch. »Außer du schleichst in fremde Wohnungen«, sagt sie. Gestehe, dass der Besuch ihrer Wohnung seit Langem der erste Anlass war, mein Haus zu verlassen. Verschweige das Abendessen beim Italiener. Berta schließt ihre Augen. »Schön«, wiederholt sie. Ist sie in ihrer Wortwahl genauso gleichförmig wie bei ihrer Bekleidung? »Du bist also den ganzen Tag im Garten oder schaust aus dem Fenster?«
    »Ja.«
    »Dir wird nicht langweilig?«
    »Selten.«
    Ihre Fragen kommen ohne hörbare Wertung. Bertas weißes Gesicht reflektiert beinahe das volle Farbspektrum des Lichts. Die kurzen erdäpfelfarbenen Haare schimmern am Scheitel. »Und das genügt dir?« Sie lässt ihre Augenlider geschlossen, die Augäpfel darunter bewegen sich pausenlos. Es ist noch nicht der passende Moment, mich ihr näher zu erklären.
    »Absolut.« Spüre, dass Berta hinter meiner Antwort Verborgenes vermutet.
    »Und wovon lebst du?«
    Diese Frage wollte eigentlich
ich
stellen. Aber jetzt kann ich nicht gleich mit »Und du?« kontern.
    »Von diesem Haus.«
    Sie setzt sich auf und schaut mich an, mit diesem fragenden, ungläubigen Blick, den ich schon aus ihrer Wohnung kenne.
    »Das Haus gehört mir, ich lebe von den Mieteinnahmen.« Berta findet irgendetwas wahnsinnig komisch. Sie lacht so laut auf, dass ihr Gelächter von den Wänden der Nachbarhäuser widerhallt. Vor Freude klatscht sie in die Hände und intoniert: »›Jo, mei Vota is a Hausherr und a Seidenfabrikant‹«.
    »Ja, ich bin

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