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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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zurück, mit einem Gefühl der Kälte, das sich noch verstärkte, als er
hörte, wie oben eine Tür aufging, wie die Frau mit den Lockenwicklern auf das
Kind einschrie und wie ein Tapsen immer näher kam, das von den Pfoten des
großen Hundes stammen mußte.
    Trumper nahm
Reißaus. Das kleine Mädchen wußte sowieso nichts; das war klar. Mit einigem
Erstaunen stellte er fest, daß der Vater des Mädchens K. Putt heißen mußte.
    [305]  Mit
einer Tüte gerösteter Kastanien, die am Straßenrand feilgeboten wurden,
schlendert Bogus auf den Michaelerplatz zu, wo er sich an eine groteske Statue
erinnert. Ein zeusähnlicher gigantischer Mann, oder Gott, kämpft mit
Seeungeheuern, Schlangen, Raubvögeln, Löwen und jungen Nymphen. Sie zerren ihn
hinunter zum Hauptstrahl eines Brunnens, der genau gegen seine Brust spritzt;
sein Mund ist vor Anstrengung weit aufgerissen, oder vielleicht hat er nur
Durst. Die ganze Statue ist so überladen, daß kaum zu erkennen ist, ob Zeus nun
die Oberhand behält, ob die Kreaturen um ihn herum ihn niederdrücken oder ob
sie versuchen, ihn hochzuziehen.
    Bogus erinnert
sich daran, wie er an einem Abend betrunken über den Michaelerplatz getorkelt
ist, zusammen mit Biggie. Sie hatten soeben einige große, weiße Rettiche, so
lang wie große Möhren, von einem Pferdewagen gezogen. Als sie an diesem
monströsen ewigen Kampf vorbeikamen, hob Bogus Biggie hoch, und sie steckte dem
Gott einen Rettich in den weit aufgerissenen Mund. Zur Stärkung, meinte sie.
    Trumper überlegt
sich, ob er den Ringer mit einer Kastanie füttern soll, und ist erstaunt, daß
der Brunnen abgestellt ist. Oder der Hahn ist zugefroren; er speit einen
dicken, feisten Phallus aus, eine feste, klumpige Wachskerze, und die Brust der
Zeusstatue ist mit Eis bedeckt. Die Pose ist zwar noch immer dieselbe, aber
irgendwie sieht es aus, als sei der Kampf vorbei. Er ist tot, denkt Bogus; es
hat keinen Sinn, einen Toten mit Kastanien zu füttern. Er bedauert das Ableben
des Gottes, der letztlich doch von den Schlangen und Seeungeheuern, Löwen und
Nymphen besiegt wurde. Trumper weiß: Es waren die Nymphen, die ihm den Rest
gaben.
    Sicherlich wäre
Biggie traurig, wenn sie das wüßte. Sicherlich ist sie
traurig.
    Biggie, du wirst es kaum
glauben, aber… wenn man auf Entenjagd geht, zieht man ein Kondom an. Das ist
ein alter Sportlertrick [306]  gegen die Kälte. Weißt du, alle Entenjäger ziehen sich ein
Kondom über, ehe sie die toten Vögel aus dem eisigen Wasser holen – wenn sie
keine Hunde haben, und wir hatten keine. Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie ein Taucheranzug…
    Oder – er geht
jetzt über den Heldenplatz, den Schloßhof der Habsburger – der Grund, warum ich diesen unsäglichen Gummi trug, den ich
abzustreifen vergaß, war mein neuer Teilzeitjob als Demonstrationsmodell für
den Einführungskurs in Sexualkunde, den der studentische Gesundheitsdienst
veranstaltet hat. Es war mir zu peinlich, dir davon zu erzählen. Sie hatten mir
nicht gesagt, daß sie gerade ein Seminar über Verhütungsmittel abhalten wollten.
Natürlich waren die Kursteilnehmer überrascht.
    Doch Bogus
spürt die kalten Augen der steinernen Amoretten auf sich; als er unter diesen
barocken Engelchen und den Tauben, die auf den prächtigen Geländern hocken,
vorbeigeht, wird ihm klar, daß Biggie nicht von gestern ist. Sie weiß zu genau, daß ich auf die unmöglichsten Ideen komme.
    Er sah den
Straßenbahnen zu, die den Burgring entlangfuhren und deren warnendes Klingeln
an jeder Kreuzung ertönte. Die Fahrgäste in den Wagen schnaufen und
verschmieren die Fenster, und die Männer sehen aus wie an Kleiderhaken
aufgehängte Mäntel mit Leuten drin. Bei jedem Schaukeln der Tram schwanken sie
hin und her; ihre Hände umklammern die Haltestange, und Bogus sieht durchs
Fenster nur, daß sie die Arme hochhalten, wie Kinder in der Schule, wie
Soldaten bei einer Versammlung.
    Bemüht, die
Zeit totzuschlagen, liest sich Trumper um einen baufälligen Kiosk herum. Am
besten könnte man den Nachmittag im Kino, bei einer Sonntagsvorstellung für
Kinder herumbringen, überlegt er sich, und wunderbarerweise findet er auch ein
Kino, die Stadiongasse hoch, hinter dem Parlamentsgebäude.
    Es gibt mehrere
kurze Vorfilme und einen amerikanischen Western. Trumper reist durch Irland,
sieht die glücklichen Bauern. Der Fremdenführer in Java erzählt vom nationalen [307]  Volkssport: mit den Füßen
boxen. Doch Bogus und die Kinder sind ungeduldig;

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