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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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geschlossene Tür zu. Ralph entfernte sich fluchend.
    Was Trumper
einige Schwierigkeiten bereitete, war, einen Zusammenhang zwischen Helmbarts
Werk und Ralphs Film herzustellen. Dann fiel ihm einer ein: Vielleicht hatte
beides keinerlei Bedeutung. Irgendwie hatte er jetzt kein so schlechtes Gefühl
mehr bei dem Film. Entspannt näherte er sich der Toilette. Doch er war zu
entspannt, er vergaß, sich aufzuzwicken. Ein Schlauch mit einer verstopften
Öffnung eignet sich nur schlecht zum Zielen. Er pinkelte in seinen Schuh,
sprang zurück und stieß mit dem Ellbogen das Telefon ins Waschbecken. Er
krümmte sich zusammen und pinkelte sich zur Toilette zurück. [333]  In seinem Zustand schmerzte
es zwar, weiterzupinkeln, aber noch schlimmer wäre es gewesen, aufzuhören.
    Von wegen
Entspannung, dachte er. Das Ganze erinnerte ihn an eine der vielen Lektionen,
die er aus Akthelt und Gunnel gelernt hatte, nämlich an die
grauenhafte Geschichte von Sprog.
    Sprog war
Akthelts Leibwache, sein Waffenträger, Knappe, Messerschärfer, Kopfjäger,
Oberspäher, Lieblingspartner beim Sparring und vertrauenswürdigster
Hurenfänger. Wenn sie eroberte Städte besuchten, mußte Sprog alles vorkosten,
was Akthelt serviert wurde, ehe Akthelt selbst davon aß.
    Der alte Thak
hatte Akthelt Sprog zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt. Akthelt
fand mehr Gefallen an Sprog als an all seinen Pferden, Hunden oder an anderen
Dienern. Zu Sprogs Geburtstag schenkte er ihm eine vielumschwärmte grethische
Frau namens Fluvia. Akthelt war seinerseits sehr von Fluvia angetan, daran kann
man sehen, wie sehr er Sprog mochte.
    Sprog war kein
Grethe. Es gab keine gefangenen Grethen, nur die grethischen Frauen wurden
gefangengenommen. Die grethischen Männer mußten eine tiefe Grube graben, wurden
dann gesteinigt, in die Grube geworfen und darin verbrannt.
    Eines Tages,
als der alte Thak auf dem Heimweg von einem Krieg an der Küste von Schwud war,
kamen seine Späher angeritten und berichteten, der Weg an der Küste entlang sei
von einem riesigen Ruderboot blockiert, vor dem ein Mann stand, der ein großes
Stück Treibholz wie einen leichten Holzhammer schwang. Der alte Thak ritt mit
seinen Spähern voran, um sich diese seltsame Sache anzusehen. Der Mann war nur
etwa einen Meter fünfzig groß, doch sein Brustumfang schien ebenfalls bei einem
Meter fünfzig zu liegen. Er besaß weder Nacken noch Arm- oder Fußgelenke; er
war nur ein riesiger Oberkörper, an dem die Gliedmaßen praktisch ohne
Verbindungsgelenke saßen, mit einem platten Gesicht, wie ein Amboß, auf den [334]  blonde Locken aufgesetzt
sind. Ein Stück Treibholz, einen halben Meter dick, hatte er lässig auf der
Schulter liegen.
    »Reit ihn
nieder«, sagte Thak zu einem seiner Späher, und der Mann griff diese seltsame
stummelige Erscheinung, die den Weg mit einem Ruderboot blockierte, an. Der
Riesenzwerg schleuderte das Stück Treibholz wie einen Baseballschläger gegen
den Nacken des Pferdes und tötete das Tier auf der Stelle, dann zog er den
Späher aus dem verrutschten Zaumzeug heraus und faltete ihn zusammen, wobei er
ihm mir nichts, dir nichts das Rückgrat brach. Dann nahm er seinen
Treibholzschläger wieder auf, stellte sich vor sein Ruderboot und starrte die
Küste entlang zu der Stelle, wo Thak mit seinem anderen Späher stand und das
Ganze beobachtete.
    Trumper
erinnerte sich, daß er gedacht hatte, der andere Späher müsse sich in diesem
Augenblick wohl die Hosen vollgeschissen haben.
    Doch der alte
Thak war nicht so verschwenderisch, daß er auch seinen zweiten Späher geopfert
hätte. Er wußte sofort, daß der Riesenzwerg das Zeug zum Leibwächter hatte, und
so schickte er den zweiten Späher schnell zurück zu seinen Leuten. Thak wollte
das Ding lebend haben.
    Etwa zwanzig
Mann mit Netzen und langen Haken fingen schließlich diesen Riesentroll ein, der
die Küste von Schwud blockierte. Ein Leutnant der Truppe gab der Kreatur den
Namen Sprog. Da Sprog – etwa: Die Kröte des Teufels –,
eine Art Riesenkröte, die den Teufel personifizierte oder durch die der Teufel
auf der Erde herumhüpfte, war ein fester Bestandteil ihrer Religion.
    Doch das war
alles Unsinn. Sprog war so leicht zu zähmen wie ein Falke, und er war dem alten
Thak so ergeben wie Thaks bester Hund, Rotz. Es war deshalb als Zeichen
väterlicher Zuneigung zu werten, daß Thak sich von Sprog trennte und ihn seinem
Sohn Akthelt zum Geschenk machte.
    Trumper
unterbrach seine Erinnerung an die

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