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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Geschichte und [335]  überlegte, ob Sprog sich zu diesem Zeitpunkt
entspannt und gedacht hatte, jetzt habe er’s geschafft. Wahrscheinlich nicht,
überlegte Trumper, denn Sprog litt während der ersten paar Jahre an einer Art
Beziehungskomplex zu Akthelt. Der alte Thak war weniger fordernd gewesen, und
Sprog hatte sich in der Rolle des Lieblingssklaven recht wohl gefühlt. Doch
Akthelt war so alt wie Sprog, und er ging mit seinen Dienern recht
freundschaftlich um, ja er trank sogar ganz gerne mit Sprog, und Sprog wußte
nicht mehr, wo sein Platz war. Natürlich war er Akthelt ergeben, und er hätte
alles für ihn getan, doch wurde er von Akthelt fast wie ein Freund behandelt,
was ihn verwirrte. Gleichberechtigung ist ein selten auftauchendes und
marginales Thema in Akthelt und
Gunnel, doch
an dieser Stelle erscheint es wie immer als Störfaktor.
    Eines Abends betranken
sich Akthelt und Sprog in dem kleinen Dorf Thith, torkelten durch den
Obstgarten zurück zur Burg und führten dabei einen kleinen Wettkampf durch, wer
die dicksten Bäume ausreißen könne. Natürlich gewann Sprog, und vielleicht
ärgerte das Akthelt ein wenig. Jedenfalls durchquerten sie Arm in Arm den
Burggraben, als Akthelt Sprog fragte, ob der etwas dagegen habe, wenn er,
Akthelt, mit Sprogs neuer Frau Fluvia ein Schäferstündchen halte. Schließlich
seien sie ja Freunde…
    Vielleicht
wurde die Verwirrung durch diesen Vorschlag aus Sprogs Leben weggeräumt. Er
mußte erkannt haben, daß Akthelt Fluvia einfach hätte nehmen können, wann immer
er wollte, und vielleicht dachte Sprog, daß Akthelt ihn dadurch, daß er ihn um
Erlaubnis bat, für gleichberechtigt erklärte.
    Worauf Sprog
offenbar nicht vorbereitet war, denn er bot Akthelt nicht nur freudig an, sich
an Fluvia gütlich zu tun, sondern stapfte sogleich los zum königlichen Lager,
um sich seinerseits an Akthelts Gunnel gütlich zu tun. Davon hatte Akthelt
keinen Ton gesagt. Ganz offensichtlich hatte Sprog die Situation falsch
eingeschätzt.
    Trumper konnte
sich lebhaft vorstellen, wie Sprog durch die [336]  labyrinthähnlichen Korridore des königlichen
Lagers hüpfte, wie eine anderthalb Meter dicke Bowlingkugel. Und zu diesem Zeitpunkt war Sprog ganz entspannt.
    Ralph kam und
trommelte nochmals gegen die Toilettentür, und Trumper fuhr aus seinen Gedanken
auf. Er sah auf das Buch in seiner Hand, erwartete irgendwie, es sei Akthelt und Gunnel, und war enttäuscht, daß es nur
Helmbarts Vital Telegrams war. Als er die Tür öffnete, ging
Ralph dem Telefonkabel bis zum Waschbecken nach. Er schien keineswegs
überrascht, das Telefon dort vorzufinden, er wählte im Waschbecken, hörte das
Besetztzeichen im Waschbecken und legte im Waschbecken wieder auf.
    Mein Gott, ich
sollte Tagebuch führen, dachte Trumper.
    In dieser Nacht
probierte er es. Nachdem er mit Tulpen geschlafen hatte, standen viele Fragen
im Raum. Analogien kamen ihm in den Sinn. Er dachte daran, wie Akthelt im
Dunkeln auf Fluvia stolperte, die ihren dicken Sprog erwartete. Zuerst war
Fluvia etwas verängstigt gewesen, da sie gedacht hatte, es sei Sprog.
Fluvia und Sprog hatten die Abmachung getroffen, nicht miteinander zu schlafen,
wenn Sprog betrunken war, denn Fluvia hatte Angst, er könne ihr das Rückgrat
brechen. Außerdem gab es da noch ein unübersetzbares Wort, das damit zu tun
hatte, wie Sprog roch, wenn er viel getrunken hatte.
    Doch Fluvia
erriet schnell, wer sie da liebte, vielleicht weil ihr Rückgrat nicht gebrochen
wurde, oder wegen seines königlichen Dufts. »Oh, mein König Akthelt«, säuselte
sie.
    Wieder mußte
Trumper an den armen, getäuschten Sprog denken, der immer noch auf dem Weg zu
den königlichen Gemächern war, lüstern nach Gunnel suchte. Dann dachte er an
Babys und Verhütungsmittel und an den Unterschied zwischen Biggie und Tulpen,
was das Miteinanderschlafen betraf. Die Seiten in seinem Tagebuch blieben leer.
    Er erinnerte
sich daran, daß Biggie immer vergaß, ihre Pille zu nehmen. Bogus war auf die
Idee gekommen, die Plastikpackung [337]  an
die Schnur an der Badezimmerlampe zu hängen, so daß sie jedesmal an Verhütung
dachte, wenn sie das Licht ein- und ausschaltete, doch ihr gefiel der Gedanke
nicht, daß ihre Pillen da ganz offen herumhingen. Wenn Ralph ins Haus kam,
ärgerte sie das besonders. »Heute schon die Pille genommen, Biggie?« fragte
Ralph immer, wenn er aus dem Bad kam.
    Tulpen wiederum
hatte ein Intrauterinpessar. Biggie hatte ein verhängnisvolles
Pessar gehabt, in

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