Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
nachzukommen, wenn er ihn gefunden hatte.
Miss Crenner
wartete, nachdem sie die Taschenlampe nicht mehr sehen konnte, noch etwa fünf
Minuten an der Anlegestelle; sie dachte, Merrill wolle ihr einen Streich
spielen. Dann war sie in Gelhafts Keller gerannt, um Hilfe zu holen, aber da
sie kein Deutsch konnte, dauerte es eine Weile, bis man sie verstand.
Overturf sei
möglicherweise betrunken gewesen, gab Polly Crenner später zu Protokoll.
Offensichtlich hatte sie von seinem Diabetes nichts gewußt, und das Konsulat
offensichtlich auch nicht, denn er wurde nirgends erwähnt. Jedenfalls wurde
Ertrinken als Todesursache angegeben. Seine Leiche war nicht mit Sicherheit zu
identifizieren gewesen. Das heißt, drei Tage nach seinem Verschwinden wurde an
einem Öltanker, der nach Budapest fuhr, eine Leiche gefunden, doch da sie
mehrmals durch die Schiffsschraube gedreht worden war, konnte man nicht sicher
sein.
Die Geschichte
mit dem Panzer wurde nie bestätigt. Polly Crenner sagte, Merrill habe, etwa
eine Minute bevor sie ihn aus den Augen verlor, angefangen herumzuschreien, er
hätte den Panzer gefunden, doch sie hatte ihm nicht geglaubt.
»Ich hätte dir
geglaubt, Merrill«, sagte Bogus Trumper laut.
[362] »Sir?«
fragte der Fahrer.
»Was?«
»Wohin, Sir?«
wiederholte der Fahrer.
Sie fuhren
gerade am Shea-Stadion vorbei. Die Nacht war lau und voller Düfte, und der
Verkehr dicht. »Hier geht’s immer langsam«, sagte der Fahrer unnötigerweise.
»Die ganzen Fans. Ist ein wichtiges Spiel.« Trumper war eine ganze Weile
sprachlos. Er war im Dezember weggegangen, und er konnte nicht länger als eine
Woche oder so weg gewesen sein. Und jetzt
spielen sie schon wieder Baseball? Er beugte sich vor und sah sich im Rückspiegel des Wagens an.
Er hatte einen wunderschönen langen Schnurrbart und einen dichten Vollbart.
Sein Fenster war noch immer heruntergekurbelt, und die stickige New Yorker
Sommerluft überrollte ihn. »Ich werd verrückt«, flüsterte er. Er hatte Angst.
»Wohin, Sir?«
fragte der Fahrer noch einmal. Offensichtlich machte ihn sein Fahrgast ein
wenig nervös.
Doch Trumper
überlegte, ob Biggie noch in Iowa war – wenn jetzt schon Sommer war.
Ach, du lieber Gott! Er konnte nicht glauben, daß er so lange weg gewesen war.
Er suchte nach einer Zeitung oder irgend etwas mit einem Datum.
Was er fand,
war der Briefumschlag mit den paar tausend Dollar, Arnold Mulcahy war
großzügiger, als man es von ihm auf den ersten Blick annahm.
»Wohin?« fragte
der Fahrer.
»Maine«, sagte
Trumper. Er mußte Couth sehen; er mußte seinen Kopf wieder klar bekommen.
»Maine?« fragte
der Fahrer. Dann verhärteten sich seine Gesichtszüge. »Hör zu, mein Freund«,
sagte er. »Ich fahr dich nicht nach Maine. Dieser Wagen fährt nicht aus New
York raus.«
Trumper öffnete
den Umschlag und gab dem Fahrer einen Hundertdollarschein. »Maine«, wiederholte
er.
»Jawohl, Sir«,
sagte der Fahrer.
Trumper lehnte
sich wieder zurück, schnupperte die stickige [363] Luft und spürte die Hitze. Er konnte es noch
nicht ganz fassen – vielmehr konnte er sich nicht dazu durchringen, es zu
glauben –, aber er war fast sechs Monate weg gewesen.
[364] 31
Filmriß unter Narkose
(159: Halbtotale. Trumper stellt einen kleinen Reisekoffer vor dem
Anmeldeschalter eines Krankenhauses ab. Er sieht sich ängstlich um; Tulpen hakt
sich lächelnd bei ihm ein. Trumper fragt die Krankenschwester hinter dem
Schalter etwas, woraufhin sie ihm einige Formulare zum Ausfüllen reicht, Tulpen
kümmert sich rührend um ihn, während er mit den Formularen kämpft)
DR. VIGNERON (Off) :Es ist nur eine ganz einfache
Operation, wirklich, wenn sie dem Patienten auch ganz schön angst zu machen
scheint. Nur ein kleiner Eingriff, maximal fünf Stiche…
(160: Nahaufnahme einer anatomischen Darstellung eines Penis. Eine
Hand, wahrscheinlich die von Vigneron, malt mit einem schwarzen Stift etwas auf
den Penis)
VIGNERON (Off) :Der Einschnitt wird am Orificium
vorgenommen, hier, dadurch wird der Trakt erweitert. Dann wird er durch die
Nähte in geöffnetem Zustand gehalten, damit er nicht wieder genau wie vorher
zusammenwächst. Das wird natürlich nicht ganz einfach sein…
(161: Kamerafahrt. Eine Krankenschwester führt Trumper und Tulpen einen
Gang im Krankenhaus entlang. Trumper späht nervös in jedes Zimmer, schlägt beim
Gehen seinen Reisekoffer gegen die Knie)
[365] VIGNERON (Off) : Sie brauchen erst am Abend
vorher ins Krankenhaus zu
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