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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Patchworkdecke zurechtgeschneidert hatte, und an der typischen Art,
mit der er durch die Fliegentür spähte. Er muß einen schönen Schreck gekriegt
haben, dieses haarige Ungetüm von Chauffeur zu sehen, der in seiner
Liftboyuniform dastand und die Moskitos abwehrte, als seien sie
fleischfressende Raubvögel, aber einen noch größeren Schreck muß er gekriegt
haben, als er mich sah.
    Als du uns
hineingelassen hast, Couth, habe ich sofort gesehen, daß du gerade mit einer
Lady herumgemacht hast und von uns unterbrochen wurdest. Du hast ihr Parfüm am
Körper getragen [379]  wie
einen zweiten Bademantel unter dem, den du anhattest; und daran, wie eilig du
von der offenen Tür, von der Kälte, die hereindrang, zurückgetreten bist,
konnte ich sehen, daß du von irgendwoher kamst, wo es warm war.
    Aber das macht
doch nichts unter Freunden, nicht wahr, Couth? Ich nahm dich in die Arme, hob
dich hoch, schwenkte dich herum, du dürre Latte! Du hattest einen angenehmen
Geruch an dir.
    Trumper trug Couth in die Küche, tanzte mit ihm umher, bis sie
gegen ein nagelneues Plastikkinderfloß knallten, das am Spülstein vertäut war.
Bogus konnte sich nicht daran erinnern, daß die Pillsburys kleine Kinder
hatten. Er setzte Couth auf das große Schneidebrett, küßte ihn auf die Stirn,
und der arme Kerl saß mit offenem Mund da, während Trumper gerührt losdröhnte:
»Couth, ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dich wiederzusehen…
Wieder bist du es, mein Freund, der mir das Leben rettet… du bist der einzige
ruhende Pol in meinen Leben, Couth! Sieh mal – mein Bart ist fast genauso lang
wie deiner, Couth… wie geht’s denn, alter Junge? Mir ist’s wirklich dreckig
ergangen, aber das weißt du wahrscheinlich schon…«
    Und Couth saß
da und starrte auf ihn, dann auf Dante Calicchio, ein kompaktes Monster in
Uniform, das sich höflich im Hintergrund hielt, mit der Chauffeurmütze in seiner
riesigen Tatze in einer Ecke stand. Während Trumper in der Küche herumturnte,
den Kühlschrank öffnete, ins Eßzimmer schaute, einen Blick in die Waschküche
warf – und mit anzüglichem Grinsen registrierte, daß da ein paar seidene BHS und Damenslips auf der Wäscheleine hingen.
    Er nahm den ihm
am nächsten hängenden BH von der Leine und wedelte Couth mit einem lüsternen Blick damit zu.
    »Wer ist es
denn, du kleiner geiler Bock?« scherzte er und kraulte Couth an seinem langen
Bart.
    [380]  Doch
Couth sagte nur: »Wo warst du, Bogus? Wo zum Teufel hast du
bloß gesteckt?«
    Bogus hörte den
vorwurfsvollen Unterton und begriff sofort, daß Couth etwas von Biggie gehört
haben mußte. »Du hast sie gesehen, nicht wahr?« fragte er ihn. »Wie geht’s ihr,
Couth?« Aber Couth wandte den Blick von ihm ab, als fange er gleich an zu
weinen, und Trumper, der es schnell mit der Angst zu tun bekam, fügte sofort
an: »Ich weiß, ich hab mich ziemlich danebenbenommen…«
    Er spielte mit
dem BH herum, und Couth nahm ihn ihm
weg. Als Trumper den BH in Couths Händen sah, schoß es ihm plötzlich durch den Kopf: Das ist doch ein hautfarbener BH , und er erinnerte sich daran, wie
er genau so einen gekauft hatte – genauso groß. Er hörte auf zu reden; er sah
zu, wie Couth von dem riesigen Schneidebrett herunterrutschte, wie ein träger
Klumpen Fleisch, der dort entbeint worden war; Couth ging in die Waschküche und
hängte Biggies BH wieder auf die Wäscheleine.
    »Du warst lange
weg, Bogus«, sagte Couth.
    »Aber jetzt bin
ich wieder da, Couth«, entgegnete Trumper und fand selbst, daß das reichlich
blöde klang. »Couth! Es tut mir leid, aber ich bin wieder da,
Couth…«
    Von oben
erklang das tapsende Geräusch nackter Füße, die die Treppe herabkamen, und eine
Stimme sagte: »Sei nicht so laut, sonst weckst du Colm auf.«
    Die Schritte
näherten sich der Küche. Dante, der sich in der Ecke gegen das Gewürzbrett
drückte, versuchte das Unmögliche, nämlich sich klein und unscheinbar zu
machen.
    »Bogus, es tut
mir leid«, sagte Couth freundlich und packte ihn am Arm.
    Dann kam Biggie
herein, warf Dante einen Blick zu, als gehöre er zu den Landetruppen eines U-Boots,
und sah dann Bogus an, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
    »Es ist Bogus«,
flüsterte Couth ihr zu, als könne sie ihn mit [381]  seinem Bart nicht erkannt haben. »Es ist Bogus«,
wiederholte er etwas lauter. »Heimgekehrt aus dem Krieg…«
    » Heimgekehrt würde ich es nicht nennen«, erwiderte Biggie kühl. »So würde
ich es wahrhaftig nicht

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