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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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werden
wir das eben filmen«, meint Ralph.
    »Vielleicht
wird es gar nicht zur Konfrontation kommen.«
    »Vielleicht
nicht«, sinniert Ralph, und Tulpen lupft mit dem Handrücken ihre Brust.
    Das verdrießt
Ralph. Tulpen hat schon für Ralph gearbeitet, ehe ich nach New York kam; Ralph
hat ihr den Job gegeben, weil sie mit ihm geschlafen hat. Oh, das ist schon
lange her. Tulpen hatte keine Ahnung vom Filmeschneiden, aber Ralph zeigte es
ihr. Als sie es gut konnte, hat sie nicht mehr mit ihm geschlafen. Ralph hat
sie nicht rausgeschmissen, weil sie wirklich was von ihrem Handwerk versteht,
aber manchmal treibt das Ganze Ralph zur Weißglut. »Du hast nur mit mir
geschlafen, um diesen Job zu kriegen«, fährt er sie an.
    »Du hast mir
den Job nur gegeben, weil ich mit dir geschlafen habe«, pariert Tulpen
ungerührt. »Gefällt dir meine Arbeit nicht?« fragt sie ihn. »Mir gefällt der
Job.«
    Dieses
unausgesprochene Patt steht ständig zwischen ihnen.
    [51]  Der
Bengel namens Kent, der die Botengänge erledigt, ist auch so ein Kapitel für
sich.
    Tulpen und ich
in der Dunkelkammer, wir schlürfen Kaffee und fragen uns, wo bloß die Doughnuts
bleiben. Tulpen schneidet ein paar von Ralphs Standfotos zurecht, die gerade
aus dem Trockenapparat kommen; sie legt sie in den großen Papierschneider. Ratsch! Und
es ist schon zwei Wochen her, seit ich das letzte Mal von dieser verdammten
Biggie gehört habe. Sind die anderen Kinder in der Schule nett zu Colm? Beißt
er immer noch?
    »Stimmt was
nicht?« fragt Tulpen.
    »Mein Pimmel«,
sage ich, »ich glaub, er verklebt wieder. Verdammte Wassermethode…«
    »Geh zum Arzt,
Trumper«, sagt sie ganz selbstverständlich. »Laß dich operieren.«
    Ratsch! macht der schreckliche
Papierschneider; Visionen von Vigneron mit blutverschmierten Händen tanzen mir
im Kopf herum.
    Kent kommt
rein. »Hallo!« Selber hallo,
Kent! »Hallo,
habt ihr schon das neue Filmmaterial gesehen? Jetzt hat er’s echt!«
    »Was hat er,
Kent?«
    »Das Licht in
dem neuen Material ist phantastisch. Es wird langsam kalt. Selbst das Wetter
rückt ihnen jetzt auf den Leib. Irgendwas wird passieren. Ich meine, die Kamera
sieht es praktisch voraus!«
    »Das heißt noch
lange nicht, daß es auch passiert, Kent.«
    Ralph kommt und
bringt einen Schwall kalter Luft mit herein. Seehundfellstiefel, dicke
Handschuhe, Eskimoparka, dabei haben wir erst Herbst. Die Vorstellung, wie
Ralph wohl in tropischen Gefilden leben würde, bereitet einem Schwierigkeiten:
Er müßte sein Pelzimage ändern. Er könnte sich in ein Geflecht aus Stroh und
Gräsern einwickeln: ein riesiger Korb!
    »Hallo!« sagt
Kent zu ihm. »Ich hab gestern abend White
Knees gesehen.«
    [52]  »Soso,
weiße Knie? Wessen Knie denn?« fragt Ralph. Wir alle wissen, daß Kent auf
diesem Gebiet noch keine großartigen Erfahrungen gesammelt hat.
    »Du weißt
schon. White Knees.« Kent ist beharrlich. »Den neuen
Film von Grontz.«
    »Ach so, ja«,
sagt Ralph, schält sich aus den Handschuhen, den Stiefeln, taucht aus einem
Knäuel von Wolle hervor.
    »Na ja, ist
nichts Besonderes«, erzählt Kent. »Immer das gleiche, wie der Scheiß, den er
früher fabriziert hat. Heavy, weißt du?«
    »Ja, ja«, sagt
Ralph, jetzt nicht mehr eingemummelt, und schaut sich um. Irgendwas fehlt.
    »Ich hab das
neue Material heut’ morgen angeguckt«, erzählt Kent ihm. Ralph überlegt. Was
fehlt bloß? »Echt Spitze, Ralph«, sagt Kent. »Und sogar das Wetter…«
    »Kent?« fragt
Ralph. »Wo sind die Doughnuts?«
    »Ich wollte
warten, bis du kommst«, sagt Kent und läuft bis über beide Ohren rot an.
    »Zwei mit
Gelee, einen mit Sahne«, sagt Ralph. »Tulpen?«
    » Zwei mit
Sahne.«
    »Thump-Thump?«
    »Einen
ungefüllten.«
    »Zwei mit
Sahne, zwei mit Gelee, einen ungefüllten, Kent«, sagt Ralph.
    Als Kent mit
diesem Auftrag losgegangen ist, fragt uns Ralph: »Wer zum Teufel ist Grontz?«
    »Keine Ahnung«,
antwortet Tulpen.
    »White Knees«, sage ich. »Weiß der Himmel…«
    »Kifft Kent?«
fragt Ralph. Wir haben keine Ahnung. »Also, wenn er nicht kifft«, sagt Ralph,
»sollte er es mal probieren. Und wenn er kifft, sollte er schleunigst damit
aufhören.«
    Kent kommt
zurück, mit einem ganzen Sack voller Geheimnisse und neuer Informationen.
    [53]  »Zwei
mit Gelee, zwei mit Sahne, ein ungefüllter.«
    »Vielen Dank.«
    »Vielen Dank.«
    »Dank dir,
Kent.«
    »Wardells neuer
läuft Freitag abend an, bei Beppo«, informiert uns Kent.
    »Dem geb ich
nicht mal ’ne

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