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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Nähe der Räucherkammer hoben und senkten sich die Köpfe der Klatschweiber wie die von Hühnern um einen Kornhaufen. Jemand sah sie und grinste, stieß die Frau neben sich an, und die ganze Gruppe verstummte und starrte Teia an.
    Mit hoch erhobenem Kopf ging sie an den anderen vorbei.
    »He!«, rief Sorya und packte sie am Ärmel. »Wohin gehst du? Die hier müssen noch in die Vorratsräume gebracht werden!« Sie deutete auf mehrere gefüllte Kübel, die neben dem Ledervorhang vor der Räucherkammer standen.
    Teia schüttelte ihre Hand ab. »Ich muss noch andere Aufgaben erledigen«, sagte sie und deutete auf die Frauen. »Schick sie doch los. Sie haben nichts Besseres zu tun, als ihre Zungen zu wetzen.«
    Rußige Gesichter legten sich in Falten. »Nur weil du im Bett des Häuptlings schläfst, macht dich das nicht vornehmer als uns«, fuhr eine der Frauen sie an. »Hier müssen alle arbeiten!«
    »Ja, aber ich muss etwas härter arbeiten als alle anderen, nicht wahr?« Darauf schwiegen sie lange genug, sodass Teia sie süß anlächeln und hinzufügen konnte: »Ich werde einfach dem Häuptling sagen, warum sein Abendessen nicht rechtzeitig fertig geworden ist.«
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging davon.
    Im Gemach des Häuptlings verrieten ihr das ausgezogene Hemd auf dem Bett und die offene Kleidertruhe, dass Drwyn in der Zwischenzeit heimgekommen und wieder weggegangen war, zweifellos, um eine erfolgreiche Jagd mit seinen Männern zu feiern. Raues Lachen hallte vom Versammlungsort herüber. Den Klängen nach zu urteilen, floss der Uisca in Strömen. Vielleicht trank Drwyn so viel, dass es seine Leidenschaft dämpfte. Nach den langen Stunden des Kübeltragens hatte Teia keine Kraft mehr, ihm Lust vorzuspielen, um seinen Schlägen zu entgehen. Sie betrachtete das Nachtlager. Wenn sie es für sich allein hätte, wäre es gemütlich und bequem. Ein kleines Schläfchen würde ihr guttun und sie für den Mangel an Schlaf entschädigen, den sie später in der Nacht sicherlich würde erdulden müssen. Außerdem war Drwyn ein erwachsener Mann mit zwei starken Armen. Wenn er zurückkam und etwas haben wollte, konnte er es sich selbst holen.
    Steif zog Teia ihre Kleider aus. Durch das Unterhemd hindurch konnte sie sehen, dass sich ihre Gestalt veränderte. Ihr Bauch zeigte die Anfänge einer harten, vorstehenden Kuppel, und in ihrem Schnürmieder war kaum mehr Platz. Wenn Drwyn seine Lust an ihr stillte, schlugen ihre Brüste unangenehm unter ihr gegeneinander, und sie fühlte sich wie eine ungemolkene Ziege, solange sie kein Kissen darunter legen konnte. Dicke Röcke und Umhängetücher würden ihren Zustand nicht mehr lange verbergen können.
    Im Traum war Teia ein Fisch an einer Angelleine, der durch einen dunklen Fluss gezogen wurde. Der Angelhaken hatte sich schmerzhaft in ihre Wange gebohrt, und je stärker sie gegen ihn ankämpfte, desto schlimmer wurden die Schmerzen. Es hatte keinen Sinn zu kämpfen; der unsichtbare Fischer zog sie Zoll für Zoll zu sich heran. Ein Wille, der so gnadenlos war wie das Rad der Zeit, zerrte sie an die Oberfläche, und all ihr Widerstand war zwecklos.
    Erschöpft und schlaff lag sie schließlich da und ergab sich ihrem Schicksal. Die erstickende Angst, die sie bisher verzehrt hatte, wich der Resignation. In dieser lag eine gewisse Ruhe, und die Schmerzen ließen nach. Durch das Wasser sah sie über sich das Leuchten einer Lampe – nein, eines Mondes, der blassblau und voll am sternlosen Himmel stand. Von fern hörte sie, wie eine Stimme ihren Namen rief.
    Teia öffnete die Augen und keuchte vor Entsetzen auf. Eine Kugel aus blassblauem Licht von der Größe einer Faust schwebte über ihrem Gesicht. Auf Knien und Händen wich sie zurück, das Herz raste ihr in der Brust. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass es eins von Ythas Lichtern war. Die Kugel bewegte sich nicht. Sie war glatt und vollkommen rund und gab ein kühles, schattenloses Glimmen von sich, aber in ihrem Inneren wand und drehte sich etwas unablässig.
    Komm zu mir , sagte die Stimme in ihrem Kopf. Sie gehörte Ytha.
    Teia sah sich nach Drwyn um. Er war von dem Trinkgelage mit seinen Männern zurückgekehrt und lag schnarchend auf dem Bauch in einem Nebel aus Uisca -Dünsten. Nur gut, dass die Kugel nicht gefährlich war – von ihm konnte sie keine Hilfe erwarten.
    Die Stimme sprach erneut. Komm zu mir. Zieh dich warm an .
    Nun war sie eindringlicher. Teia stand auf, und die Lichtkugel entfernte sich

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