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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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anzugehen. Sie wußte, wie schwer es ihm fallen mußte, und deshalb genoß sie es.
    »Du siehst gut aus«, sagte Martin bei der Begrüßung in dem kleinen Tagescafe, da die Begegnung, Bettinas Wunsch zufolge, auf neutralem Boden stattfand.
    »Danke«, erwiderte sie und deutete durch ein Lächeln die Möglichkeit an, ihrem ersten Mann Vorteile zu gewähren, so er sich ihrer Hausmacht unterwarf. »Was kann ich für dich tun?« fragte sie.
    »Für mich nicht viel«, antwortete Martin, »aber für meine Mutter. Sie ist eine alte Dame – und du weißt ja …«
    »Bitte«, unterbrach ihn Bettina, »drücke dich genauer aus – ich weiß gar nichts.«
    »Sie möchte Petra sehen.«
    »Petra?«
    »Meine Tochter.«
    »Das fällt dir jetzt ein – nach vierzehn Jahren?«
    »Hast du es nicht so gewünscht?«
    »Allerdings.« Bettina rauchte nervös, fahrig. Sie hatte sofort begriffen, daß Martin nicht kapitulieren, sondern angreifen wollte. »Um es gleich zu sagen: Ich wünsche es noch – und du hast mir versprochen …«
    »Dieses Versprechen nehme ich hiermit zurück«, entgegnete er.
    »Hältst du das für fair?«
    »Nein«, sagte er ruhig, »aber für nötig.«
    »Du hältst es für nötig, einem vierzehnjährigen Kind das Vaterbild zu zerstören, einen Mann, an dem es hängt, an den es glaubt und den es liebt, über Nacht – und doch wohl nur aus einer Laune heraus – zum Stiefvater zu machen, und das …«
    »Lassen wir das«, unterbrach er sie. »Ich bin kein Unmensch, deshalb möchte ich mit dir einen vernünftigen Vergleich …«
    »Es gibt keinen Vergleich«, erwiderte Bettina.
    »Du hast zwei Möglichkeiten«, sagte er hart. »Entweder mit mir – freiwillig – eine Möglichkeit zu suchen …«
    »Oder?«
    »… oder mit mir zu kämpfen.«
    Bettina lächelte kurz, gewohnheitsmäßig. Sie betrachtete den Mann, den sie zu schnell aufgegeben hatte, und dachte an die vergreiste Sicherheit, in die sie geflüchtet war. Einen Moment lang sah sie sich an Martins Seite, überlegte, was aus ihm geworden wäre, wenn sie diesen Platz behalten hätte – sicher mehr als ein geldschwerer Parvenü –, warf sich den verjährten Verrat vor und haßte Martin, weil er ihn so gelassen ertragen hatte, wodurch er endgültig geworden war.
    »Ich werde kämpfen«, sagte Bettina, während sie ihre Zigarette im Aschenbecher ausdrückte, nach ihrer Handtasche griff, aufstand und sich vornahm, Martin zu vernichten.
    »Und nun, Schiele, heißt es: Ring frei für Ihre Kunst«, sagte Martin.
    »Der Fall Wagenknecht ist erledigt.«
    »Nein«, erwiderte Martin, »es handelt sich um den Fall Petra Schlemmer.« Er schilderte Schiele Ehe, Scheidung und Verzicht.
    Sein Bevollmächtigter hörte ihm mit bedenklichem Gesicht zu.
    »Reichlich verfahren, Ritt«, erwiderte er, »juristisch ein Gestrüpp …«
    »Hauen Sie es entzwei …«
    »… und dann gilt das Kind auch noch als die Tochter des Staatssekretärs im Justizministerium …«
    »Um so reizvoller für Sie – übrigens mein Kompliment für die Erledigung der Wagenknecht-Geschichte.« Martin lächelte, griff nach einer Zigarette, nicht um sie wegzuwerfen, und reichte Schiele einen Umschlag.
    »Und meinen Dank.«
    Er beobachtete, wie Schiele den neuen Vertrag las und nur langsam begriff, daß er von nun an – zusätzlich zu seinem Salär – mit zehn Prozent an der Firma Ritt beteiligt sein würde.
    »Ist das Ihr Ernst?« fragte er mürrisch.
    »Allerdings.«
    »Warum?«
    »Aus Dankbarkeit«, antwortete Ritt ironisch.
    »Ich muß Ihnen gestehen«, erwiderte sein Bevollmächtigter und sah aus, als würde er zu einem rückfälligen Raucher, »daß ich mich mit Ihnen nicht auskenne. Sie sind ein Räuber, ein Raffer – und dann schenken Sie mir grundlos …«
    »Grundlos?« unterbrach ihn Martin. »Halten Sie mich nicht für einen Träumer, Schiele. Ich will satte Menschen um mich haben. Und nun«, er nickte seinem Vertreter zu, »auf ins Justizministerium!«
    »Herr Holzapfel von der Auskunftei«, meldete die Sekretärin.
    Nicht zum ersten Male wunderte sich Martin über das dumme Gesicht Holzapfels. Der Mann war untersetzt, hatte kleine lustige Augen und war, bevor er vorwiegend geschäftliche Ermittlungen für die Firma Ritt anstellte, ein tüchtiger Polizeibeamter gewesen.
    »Diesmal keine wirtschaftliche Sache«, begrüßte ihn Martin, »privat. Setzen Sie sich.«
    Holzapfel kramte sein Notizbuch hervor, schlug es auf. Er schien immer mehr mitzuschreiben als

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