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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Halsketten aus Bernstein und Lapislazuli. Ihr dichtes graues Haar war hochgesteckt und wurde von zwei Silberkämmen gehalten. An ihren Handgelenken klapperten mit Onyx verzierte silberne Armreifen.
    »Die neue Einrichtung gefällt mir, Eddie«, sagte Seamie. »Der Brunnen ist umwerfend.«
    »Ach, das ist noch gar nichts«, antwortete Eddie. »Das meiste von dem, was ich gekauft habe, ist noch auf einem Frachter im Mittelmeer. Ich kann’s gar nicht erwarten, dass es ankommt. Ich habe ein ganzes Beduinenzelt erstanden! Das werde ich im Hinterhof aufstellen lassen und mit Teppichen, Fellen und Kissen ausstatten. Und darin werden wir die tollsten Gartenpartys feiern. Ich muss allerdings noch ein paar Bauchtänzerinnen auftreiben, damit es wirklich authentisch wirkt.«
    »Das könnte hier in Belgravia schwierig werden«, erwiderte Seamie.
    Albie reichte ihr einen Karton. »Von Mum«, sagte er.
    Eddie warf einen Blick hinein. »Ein Mandelkuchen! Wie lieb von ihr. Sie weiß, das ist mein Lieblingskuchen. Aber sie hätte sich die Mühe doch nicht machen sollen. Bei allem, was sie um die Ohren hat. Wie geht’s deinem Vater, mein Lieber?«
    »Unverändert, Tante Eddie, fürchte ich«, antwortete Albie und wechselte schnell das Thema.
    Dem Admiral ging es gar nicht gut. Seamie und Albie hatten ihn am Nachmittag besucht. Er wirkte abgezehrt, sein Gesicht war grau, und er hatte kaum Kraft, sich aufzusetzen. Seamie wusste, dass sein Freund nicht gern über die Krankheit seines Vaters sprach, die ihm große Sorgen machte.
    Die Krankheit des Admirals hatte Albie verändert. Tatsächlich erkannte Seamie seinen Freund kaum wieder. Albies ganze Persönlichkeit hatte sich verändert. Er war immer ein zerstreuter Gelehrter gewesen – schon als Zehnjähriger. Er hatte sich damals schon in Bücher vergraben und von Formeln und Theorien geschwärmt. Aber jetzt war er mehr als zerstreut. Er wirkte angespannt, sah hager aus und verlor schnell die Geduld. Aber das war ja auch kein Wunder, denn er gönnte sich kaum eine Pause. Vielleicht bekämpfte er mit der ständigen Schufterei seine Sorge um den Vater, aber Seamie wünschte, er würde sich nicht ganz so erbarmungslos antreiben. Albie verbrachte fast seine ganze Zeit damit, mit Strachey, Knox und anderen Kollegen aus Cambridge über irgendwelchen Papieren zu brüten. Sie waren bereits bei der Arbeit, wenn Seamie am Morgen aufstand, und saßen noch immer daran, wenn er abends zu Bett ging. Seamie wusste nicht genau, was sie machten – wahrscheinlich eine noch unverständlichere Gleichung entwickeln –, aber ganz gleich, was es war, es zerstörte Albie. Heute hatte er ihn beinahe wortwörtlich aus seinem Arbeitszimmer zerren und in den Zug nach London verfrachten müssen. Er war sich sicher, wenn Albie in diesem kräftezehrenden Stil weitermachte, würde er binnen Kurzem seine Gesundheit ruinieren.
    »Kommt und lernt meinen anderen Gast kennen, meine Lieben«, rief Eddie jetzt und führte Seamie und Albie in ihren Salon. Seamie sah, dass sie dort ihre Möbel durch niedrige, lackierte Holzbetten ersetzt hatte, auf denen sich leuchtend bunte Seidenkissen türmten. Der Raum sah aus wie eine Opiumhöhle.
    »Tom, das sind mein Neffe Albie Alden und sein Freund Seamus Finnegan, der bekannte Antarktisforscher«, stellte Eddie die beiden vor, während sich ein junger Mann mit einem Glas Champagner in der Hand erhob, um sie zu begrüßen. »Albie und Seamie, darf ich euch Tom Lawrence vorstellen. Er ist ebenfalls Forscher, bevorzugt aber die wärmeren Gefilde. Er ist gerade aus der arabischen Wüste zurückgekehrt. Wir haben uns an Bord eines Nildampfers in Kairo kennengelernt. Und ein paar herrliche Tage zusammen erlebt.«
    Seamie und Albie schüttelten Tom die Hand, dann reichte ihnen Eddie Champagner. Seamie schätzte Lawrence auf Mitte zwanzig. Seine Haut war gebräunt, seine Augen strahlend blau, sein Haar blond. Verlegen stand er in Eddies überladenem Salon und schien sich in seiner formellen Aufmachung so unbehaglich zu fühlen, als wollte er am liebsten seinen Anzug ausziehen, in ein Paar Leinenhosen und Stiefel schlüpfen und schnurstracks in die Wüste zurückkehren. Seamie mochte ihn auf Anhieb.
    »Ich glaube, wir sind uns schon einmal begegnet, Mr Alden«, sagte Lawrence. »Vor ein paar Jahren habe ich Freunde in Cambridge besucht. Die Stracheys. Und George Mallory. Da habe ich Sie und auch Miss Willa Alden kennengelernt. Im Pick. Erinnern Sie sich?«
    »Ja, ja, natürlich«,

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