Die Wildrose
einige der Kinder – besonders über einen kleinen Jungen, dessen Vater viel zu oft nach dem Gürtel greift. Oder über eine Freundin von mir, ein reizendes Mädchen, das sich mit den falschen Leuten eingelassen hat.« Sie drehte sich zu ihm um, und er sah Tränen in ihren Augen schimmern. »Tut mir leid. Es ist albern, ich weiß, aber Schneeglöckchen bringen mich immer zum Weinen. Sie sind so winzig und zart, und dennoch brechen sie durch den kalten, harten Boden. Sie sind so mutig. Sie geben mir Hoffnung.«
Seamie sah sie an, blickte in ihr schönes Gesicht, auf die Tränen in ihren Augen, und trotzdem spielte ein Lächeln um ihre Lippen. Sie war so gut, diese Frau. So sanft und großmütig. Immer sorgte sie sich um andere, nie um sich selbst. Ein Gefühl tiefer Rührung überkam ihn. Es war nicht zu vergleichen mit dem blinden, rasenden Begehren, das er für Willa empfunden hatte, und dennoch musste es Liebe sein, dachte er. Ganz sicher sogar.
Von seinen Gefühlen übermannt, stellte er den Picknickkorb ab, kniete sich neben sie nieder und küsste sie. Ihre Lippen schmeckten süß und waren hingebungsvoll, und er hätte sie weitergeküsst, wenn es nicht inzwischen zu regnen begonnen hätte.
»Komm, schnell«, sagte er und nahm den Korb und die Decke.
Jennie hielt den Strohhut auf dem Kopf fest, sie rannten los und schafften es bis zu der Scheune, bevor sich die Himmelsschleusen ganz öffneten. Von der Scheune war außer drei Wänden nicht viel übrig, aber ein Großteil des Dachs, und das reichte aus, um sie trocken zu halten.
»Sie muss schon vor einiger Zeit aufgegeben worden sein«, sagte Jennie und breitete die Decke auf dem Boden aus. »Seamie, gib mir doch den Korb. Ich mache unser Essen zurecht und …Oh!«
Seamie scherte sich einen feuchten Dreck um das Essen, den Korb oder sonst irgendetwas. Er hatte Jennie in die Arme genommen und küsste sie. Er wollte noch einmal spüren, was er soeben gespürt hatte. Er wollte dieses Gefühl auskosten, das er für Liebe hielt.
Jennie erwiderte seine Küsse. Scheu anfangs, dann leidenschaftlicher. Schließlich sank sie auf die Decke und zog ihn mit sich hinab. »Schlaf mit mir, Seamie«, flüsterte sie.
Das hatte er nicht erwartet. »Jennie, ich …«
»Scht«, flüsterte sie und zog ihre Jacke aus. »Ich will dich.« Sie knöpfte ihre Bluse auf und streifte sie ab. Seamie sah ihre vollen Brüste durch das Unterhemd, und bevor ihm bewusst wurde, was er tat, knöpfte er es auf und machte sich an ihren Röcken zu schaffen. Sie war schön, und er begehrte sie. Sehr sogar.
Er legte seine Jacke auf die Decke, bettete Jennie darauf und begann, sie wieder zu küssen. Seine Lippen strichen über ihren Hals, ihre Brüste, ihren Bauch hinab, und dann sah er sie – eine lange Narbe, die vom unteren Teil ihres Brustkorbs über den Bauch bis zur gegenüberliegenden Hüfte verlief.
»Mein Gott, Jennie … was ist dir passiert?«
Er hörte, wie sie tief Luft holte. »Ein Unfall. Als Kind. Eine Kutsche hat mich überfahren.«
»Warst du im Krankenhaus?«, fragte er.
»Sechs Monate lang. An den Unfall kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich war neun. An die Zeit der Genesung dagegen schon.«
»Du Arme«, sagte er und fuhr mit dem Finger die Narbe entlang.
»Sieh bitte nicht hin«, flehte Jennie und hielt seine Hand fest. »Sie ist so hässlich.«
Er nahm ihre Hand und küsste sie. »Nichts an dir ist hässlich, Jennie. Du bist so schön. In jeder Hinsicht. Gott, bist du schön.« Dann verlor er sich in ihrem weichen Körper. In den Tiefen ihrer wundervollen Augen. In ihrem Geschmack und Geruch. Im Klang ihrer Stimme, die seinen Namen flüsterte.
Es war fast zu schnell vorbei. Das war nicht seine Absicht gewesen, aber er konnte nicht anders. »Tut mir leid«, lächelte er verlegen. »Ich mach’s wieder gut. Das schwöre ich«, fügte er hinzu und knabberte an ihrem Ohrläppchen, was sie zum Lachen brachte. »Es wird bestimmt herrlich. Einfach phantastisch. So gut, dass du es gar nicht aushalten kannst. Dass du um Gnade bettelst.«
Sie lachte erneut auf. Er mochte den Klang ihres Lachens. Es gefiel ihm zu wissen, dass er sie glücklich machte. Er biss sie leicht in die Schulter, was sie noch mehr zum Lachen brachte, dann küsste er ihren Hals, die Stelle zwischen ihren Brüsten, ihre Hüfte. Er legte die Hand zwischen ihre Beine, wollte sie auch dort küssen, bis er das Blut auf ihren Schenkeln sah.
O mein Gott, dachte er.
»Jennie … bist du … Du bist doch
Weitere Kostenlose Bücher